Danielle Risterucci-Roudnicky

Romain Rolland, ein großer Autor der DDR. Transfer – Übersetzung – Kanonisierung

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass jeder literarische Transfer auf einer Auswahl beruht und eine Transformation im Dienste einer ‚Funktionalisierung‘ auf der Empfängerseite einleitet, wird hier die Rezeption des Autors Romain Rolland aus der Perspektive seiner deutschen Identität betrachtet. Während seine Werke mehrere Jahrzehnte lang in Deutschland übersetzt und verlegt wurden, hat sich die Funktion des Autors im Laufe der deutsch-französischen Geschichte und vor allem zum Zeitpunkt der Teilung Deutschlands gewandelt. Die Rezeption Romain Rollands in der DDR weist somit hervorstechende Merkmale auf, die sie zu einem repräsentativen Beispiel interkultureller Identität machen. Als Hilfsmittel der Untersuchung dient Nausikaa, eine digitalisierte Bibliografie französischsprachiger und in der DDR verlegter Werke, deren Prinzipien zunächst erläutert werden. Anschließend geht es darum, die Modalitäten der ‚Kanonisierung‘ eines Autors zu analysieren, der als ausländischer Bürge für diejenigen Werte galt, die seitens des ‚anderen Deutschland‘ verfochten wurden – desjenigen Deutschland, das die Widersprüche des Autors und seines Werks zu überwinden versuchte und ihn dadurch zu einem vollwertigen Mitbürger dieses ‚anderen Deutschland‘ machte.