Thema: Dissonantes Kulturerbe im Spiegel der Kunst
Perspektiven der Lehre und Forschung
Kunstgeschichte und Kunstpraxis sind heute nicht mehr auf westliche (okzidentale) Länder einzugrenzen. Spätestens seit dem Aufkommen der postcolonial studies in den 1980er Jahren haben sich die Grenzen der Kunstzentren und -märkte erweitert bzw. aufgelöst. Gerade im Kontext einer globalisierten Kunst erscheint es jedoch wichtig, regionale (topographische) Bezüge herzustellen und künstlerische Positionen zu betrachten, die der lokalen Geschichte und Kultur Ausdruck verleihen und sie dadurch ins Licht der Öffentlichkeit rücken. Von besonderem Interesse sind dabei jene Werke der bildenden Kunst, welche die weniger bekannten, auch ambivalenten und verdrängten Aspekte der (Kultur-)Geschichte in den Blick nehmen und sich mit deren Befragung öffentlich positionieren.
Die Geschichte des deutsch-französischen Grenzlands Saarland-Lothringen fügt sich zwar durch seine zentrale Lage in den Kriegen des 20. Jahrhunderts problemlos in die gesamteuropäische Geschichte ein, verfügt aber über regionale Besonderheiten, die in den Geschichtsbüchern nur am Rande thematisiert werden. Gerade diese Randständigkeit prägt indes die regionale Kultur und Identität nachhaltig.
Die Betrachtung künstlerischer Arbeiten, insbesondere im öffentlichen Raum, diesseits und jenseits der deutsch-französischen Grenze soll es erlauben, zum einen Parallelen und Unterschiede aufzuzeigen; zum anderen geht es darum, die spezifische Rolle der bildenden Kunst im Prozess der Vergangenheitsbewältigung auszuloten, wozu auch Beispiele aus anderen Ländern mit konfliktbehafteter und dissonanter Geschichte herangezogen werden. Es wird dabei der Frage nachgegangen, wie Kunstwerke sich in die Erinnerungskultur eingliedern lassen und wie diese dazu beitragen können, den Begriff des Denkmals (monument) zu erneuern.
Der Interdisziplinarität und Intermedialität kommt im Rahmen der Gastdozentur eine wichtige Rolle zu. Kunstwerke sollen nicht nur in ihrer Werkgeschichte, sondern auch in ihrem Wirken betrachtet werden. Das Heranziehen von Texten (in deutscher und französischer Sprache), welche es erlauben, die Entstehung der Werke ebenso wie ihre Einordnung in die Kunstgeschichte und ihre Rezeption zu beleuchten, unterstreicht die Notwendigkeit, künstlerische Arbeiten mit Sprache zu konfrontieren.