Jeanne Ruffing

Jeanne Ruffing

Risiken und Chancen typologischen Vergleichens am Beispiel der Analyse ethnischer und postkolonialer Kriminalliteratur

 

Der nationenübergreifende typologische Vergleich als ein Vergleich von Gegenständen, die nicht durch direkte Transferbeziehungen verbunden sind, steht im Mittelpunkt der Kritik am comparatisme, wie ihn die Kulturtransferforschung mit besonderem Nachdruck vorgebracht hat. Er berge das Risiko, die vermeintliche Autonomie und Homogenität einer Nationalkultur zu überschätzen und somit eben gerade nicht zur Dekonstruktion nationaler Paradigmen beizutragen.

Im Fokus des vorliegenden Beitrags steht demgegenüber eine konkrete komparatistische Forschungsarbeit zu ethnischer und postkolonialer Kriminalliteratur, die bewusst die Interkulturalität des Gegenstandes selbst und eine ‚traditionelle‘ typologische – konkret: gattungstheoretische – Fragestellung miteinander verbindet. Anhand dieser Problemstellung soll gezeigt werden, dass ein solcher Vergleich nicht zur Essentialisierung führen muss, sondern gerade zur Historisierung und Kulturalisierung abstrakter Analysekategorien wie ‚Kriminalroman‘ oder ‚Ethnizität/Postkolonialität‘ dienen kann. Am Beispiel des der afroamerikanischen Literaturwissenschaft entlehnten Konzepts des signifyin(g) und seiner Anwendbarkeit auf Texte, die nicht in Zusammenhang mit der afroamerikanischen Literaturtradition stehen, wird deutlich, dass aus einer solchen produktiven Verschiebung von Analysekategorien in Bereiche jenseits ihres Ursprungskontextes neue Einsichten sowohl über die Kategorien selbst als auch über die Texte zu gewinnen sind.