Workshop 3 (Freiburg, Juni 2024)

3. ARENES-Workshop

Der 3. Workshop des DFG-ANR-Projekts ARENES fand vom 19. bis zum 21. Juni 2024 in Freiburg/Breisgau statt.
Nachfolgend findet sich das Programm sowie ein Bericht zum Workshop.

Hier geht es zum Programm des Workshops.

 

Bericht zum 3. ARENES-Workshop vom 19. bis 21. Juni 2024 in Freiburg im Breisgau

Donnerstag, 20.06.24

Präsentation von Corentin Joseph
„Eine Geschichte der deutsch-französischen Sportbeziehungen“
Corentin Joseph stellte sein Forschungsprojekt über die historischen Beziehungen zwischen Frankreich und Deutschland im Bereich des Sports vor. Er untersuchte mögliche Formen der ideologischen und politischen Instrumentalisierung des Sports sowie die Rolle der Medien. Auf diese Weise machte Corentin Joseph deutlich, wie wichtig die Analyse des historischen Kontexts – konkret der Zwischenkriegszeit (1918-1939) –, der diplomatischen Beziehungen zwischen Frankreich und Deutschland sowie Vergleiche der Formen der Medienpräsenz und -verbreitung von Sportbegegnungen zwischen den beiden Ländern sind.

Präsentation von Tristan Muret
„Die Erfindung eines Sportraums. Die Stadtviertel Portes d‘Auteuil und Saint-Cloud in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen“
Aufbauend auf seinen Forschungen zu den Sportarenen in den Pariser Stadtvierteln Portes d‘Auteuil und Saint-Cloud untersuchte Tristan Muret die Beziehungen zwischen diesen Arenen und den Vereinen, die diese Plätze in Boulogne-Billancourt zwischen dem Ende des 19. Jahrhunderts und dem Ende der Zwischenkriegszeit (1939) nutzten. Er beleuchtete die Beziehungen zwischen verschiedenen Sportstätten sowie Faktoren wie das Publikum, architektonische und städtebauliche Projekte, die die Gestaltung und Erfahrung der Stadien beeinflussten. Die Suche nach Quellen in den Archiven von Paris und Boulogne-Billancourt ist für diese Untersuchung besonders relevant.

Präsentation von Aurélien Gérard
„Die mediale Verhandlung des Hooliganismus in England (1966-1989)“
Das Dissertationsprojekt von Aurélien Gérard konzentriert sich auf die Beziehungen zwischen Hooliganismus und Medien. Im Rahmen seiner Präsentation analysierte er die medialen Darstellungen der Fans des englischen Vereins Leeds sowie die des Hooliganismus in den öffentlichen Medien. Die Analyse von Fanzines spielt hierbei eine entscheidende Rolle und bietet einen Überblick über die Fanszene und ihre sozialen Aspekte (Klassenkonfiguration, Gewalt usw.). Dies ermöglicht es, die Diskurse der öffentlichen Medien mit denen der Fans zu konfrontieren und den Weg für eine historische Rekonstruktion des Phänomens Hooliganismus zu ebnen.

Präsentation von Fidel Camilo Cruz Ladino
„Das Stadion in der transnationalen Sportliteratur. Die Fälle Montherlant und Zunzunegui“
Fidel Cruz betrachtete in seinem Vortrag die Sportliteratur aus einer transnationalen Perspektive und konzentrierte sich dabei auf die narrativen Konstruktionen von Stadien in der frankophonen und spanischen Literatur. Er definierte den Begriff "Sportliteratur" neu, um nationale literarische Ausdrucksformen in ihrem transnationalen Kontext besser erforschen zu können. Henry de Montherlants Les Olympiques (1924) und Juan de Zunzuneguis Chiripi dienten als Beispiele, um die wissenschaftlichen, ideologischen und politischen Diskurse der Zeit und ihre Präsenz in diesen Werken zu analysieren.

Präsentation von Aline Maldener
„‚Stadion-Frauen‘ - Ein Platz in der Arena? Deutsch-französische Perspektiven im langen 20. Jahrhundert“

In ihrem Forschungsprojekt beschäftigt sich Aline Maldener mit der Historisierung von Narrativen rund um das Stadion, wobei sie den Schwerpunkt auf die Beteiligung von Frauen legt. Für die Präsentation war das Müngersdorfer Stadion in Köln, das 1923 erbaut und 1926 für die 2. Deutschen Kampfspiele erweitert wurde, ihr Analyseobjekt. Sie analysierte die Rollen der Frauen (Athletinnen, Zuschauerinnen, Angestellte und andere) und kam zu dem Schluss, dass Sportveranstaltungen und ihre Arenen eher soziale Ungleichheiten und Gewalt gegen Frauen reproduzierten und weit davon entfernt waren, faire Orte für die Integration von Frauen in Sport und Gesellschaft zu sein.

Vortrag von Andreas Gelz
„Inszenierungen von Stadien und Sport in der französischen Literatur. Marie-Madeleine de La Fayette, Paul Morand, Jean Echenoz“

[Anmerkung: Der Vortrag von Thomas Alkemeyer musste leider entfallen. Andreas Gelz sprang als Ersatz mit einem Beitrag ein.]
Im Rahmen seiner Forschungsarbeiten untersuchte Andreas Gelz drei französische literarische Werke: La Princesse de Clèves von Madame de Lafayette, Ouvert la nuit und Fermé la nuit von Paul Morand und Courir von Jean Echenoz. Jeder dieser Texte bietet eine andere Darstellung von Sozialisationsformen durch Sport und Freizeit: La Princesse de Clèves nutzt das Jeu de Paume als Sozialisationsaktivität. Die Romane von Paul Morand beschreiben die Beziehung zwischen der Stadt und dem Sport, insbesondere im Hinblick auf Radrennstadien (Velodrome). Courir von Jean Echenoz wurde sowohl allegorisch als auch materiell als körperliche Aktivität interpretiert, die eine besondere Verbindung mit dem Körper herstellt.

Präsentation von Clément Mommessin
„Der Sportpalast Beaublanc. Ein Erlebnisraum mit europäischen Dimensionen“

Clément Mommessin untersuchte die Entwicklung der Fanszene in Sportarenen und konzentrierte sich dabei auf die ästhetischen Produktionen (Gesänge, Fahnen, Choreografien usw.). Er analysierte die Beziehung zwischen Sport und Arena, die Rolle der Fans und Zuschauenden sowie die lokale Geschichte der Sportpraktiken. Der Sportpalast Beaublanc und der Basketballverein CSP Limoges waren die zentralen Objekte dieser Präsentation. Mediale Darstellungen, soziale Netzwerke und Blogs standen im Mittelpunkt seines Vortrags, ebenso wie Vergleiche mit anderen medialen Darstellungen im europäischen Ausland.

Freitag, 21.06.24

Gemeinsame Diskussion des Buches Crowds. Das Stadion als Ritual von Intensität (2021) von Hans Ulrich Gumbrecht – Einführung und Moderation durch Andreas Gelz
Die englischsprachige Version des Buches Crowds. The Stadium as a Ritual of Intensity des Philosophen Hans Ulrich Gumbrecht, das 2021 erschienen ist, diente als Ausgangspunkt für weitere Diskussionen. Nach einer Einführung von Andreas Gelz, in der er Gumbrechts Thesen über Präsenz und Latenz in der Moderne hervorhob, diskutierten die Teilnehmer:innen ausgiebig die Thesen des Buches: die Beziehung zwischen Individuum und Masse, die rituellen Dimensionen von Stadionerfahrungen, Gumbrechts philosophische Implikationen für die Konstitution des Individuums etc. Die Möglichkeiten und Grenzen der einzelnen Disziplinen (Geschichte, Literatur, Philosophie) wurden aus einer interdisziplinären Perspektive beleuchtet, gefolgt von einer konstruktiven Reflexion über mögliche Berührungspunkte zwischen den verschiedenen Disziplinen.

Vortrag von Flávia da Cruz Santos (Universidade Federal de Minas Gerais, Brasilien)
„Das Stadion von Mineiro zwischen Geschichte und Patrimonialisierung“

Nach einer historischen und geografischen Kontextualisierung der Stadt Belo Horizonte, der Hauptstadt der Provinz Minas Gerais im Südosten Brasiliens, stellte Flávia da Cruz Santos die Geschichte der Sportarenen von Belo Horizonte seit Beginn des 20. Jahrhunderts dar. Die Pferderennbahn Prado Mineiro (1906), das Estádio Juscelino Kubitschek de Oliveira (1922), das Estádio Otacílio Negrão in Lima, Heimat des Vereins America FC, sowie die Stadien Independência und Mineirão veranschaulichten die Entwicklung des Fußballs zu einem Massenphänomen und seine politische Instrumentalisierung in Brasilien. Die Präsenz der FIFA und die kommerziellen, geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen standen ebenfalls im Vordergrund und verdeutlichten das Dilemma zwischen Modernisierung und patrimonialer Erhaltung dieser Sportarenen.

(Bericht verfasst von Fidel Cruz)