Teilprojekt 2 (Bolz / Joseph)

Die Mediatisierung von Sportstätten in Frankreich und Deutschland – Die Stadien in der Presse von der Belle Époque bis zum Kalten Krieg

Verantwortliche: Daphné Bolz
Doktorand: Corentin Joseph

In diesem Teilprojekt sollen deutsche und französische Stadien vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zu den 1970er-Jahren anhand ihrer Darstellung in den Medien untersucht werden. Die Medien berichten über die symbolische Dimension der Arenen. Eine Studie über die Geschichte der Stadien in Frankreich und Deutschland kann die Mittel bereitstellen, um die soziale, politische und kulturelle Rolle dieser einzigartigen Einrichtungen vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1970er-Jahre zu untersuchen. Welche Stadien werden gebaut? Wie werden Sportbegegnungen inszeniert? Welche Bilder werden neben den literarischen Erzählungen in der Presse verbreitet? Diese Untersuchung soll dazu beitragen, die Rolle des Sports in der französischen und deutschen Gesellschaft besser zu verstehen und die sozialen und kulturellen Projektionen auf Sport-Arenen zu hinterfragen. Letztendlich wird es darum gehen, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Sportpolitik in diesen beiden Ländern zu erfassen.

Das Quellenkorpus umfasst sowohl allgemeine Presseerzeugnisse (Der Tagesspiegel, Berliner Zeitung, FAZ, Le Temps, Le Monde etc.) als auch die Sportpresse (L'Auto, L'Équipe, La Vie au grand Air, Der Kicker, Reichssportblatt, Sportrundschau etc.) auf beiden Seiten des Rheins, wobei ein Gleichgewicht zwischen französischen und (west- wie ost-) deutschen Titeln, zwischen politischen Orientierungen sowie verschiedenen Zielgruppen bzw. Leserschaften angestrebt wird.

Es werden drei Zeiträume betrachtet:

Die ersten Räume des modernen Sports - Gesellschaften entdecken die Freizeit: Vor dem Ersten Weltkrieg entwickelten sich Velodrome/Radrennbahnen (Berlin, Paris...) zu Bühnen, auf denen die sozialen Strukturen neu definiert wurden, im wilhelminischen Deutschland ebenso wie im Frankreich der Dritten Republik. Gleichzeitig fand der Amateursport, der eine aristokratische Ethik vertrat, seinen Ausdruck in Mehrzweckstadien, den Tempeln des kompletten Athleten. In Frankreich und Deutschland waren die ersten Stadien, die aus privaten Initiativen mit kommerziellen oder erzieherischen Zielen hervorgingen, noch recht rudimentär, veranschaulichten aber die sich verändernden europäischen Gesellschaften.

Die Stadien der Zwischenkriegszeit - vom sportlichen Spiel zur Militärvorbereitung: Nach dem Ersten Weltkrieg erlebte der Sport nicht zuletzt unter dem Einfluss der Medien einen großen Aufschwung. Zwar wurde eine Vielzahl von Stadien gebaut, doch gab es viele verschiedene nationale Ausprägungen. In der Weimarer Republik ermöglichte die außergewöhnliche Dynamik des Sportsektors den Bau von Stadien (z.B. Köln, Stuttgart etc.), die das "Dritte Reich" schließlich erbte – mit Ausnahme des Olympiastadions von 1936. In Frankreich war die Verzögerung beim Bau von Stadien auf die mangelnde politische Entschlossenheit zurückzuführen, was sich am Beispiel des Olympiastadions von 1924 zeigte. Nur wenige Gemeinden (Bordeaux, Lyon, Marseille etc.) taten sich hervor. Die von der Volksfront (Front Populaire) geschaffenen Grundlagen griffen die Vichy-Regierungen und das Generalkommissariat für Allgemeine Bildung und Sport auf, ohne dass die Bauten jedoch die politischen Ambitionen einlösen konnten.

Die Stadien des Kalten Krieges - Inszenierung von Leistung und ideologischem Wettstreit: Nach 1945 folgte auf die Wiederaufbauphase die Zeit der sportlichen Auseinandersetzungen. In Frankreich (z.B. in Saint-Étienne) wie auch in der Bundesrepublik Deutschland (z.B. in München) wurde der Sport sowohl als nationale Repräsentanz als auch als präventive Aktivität im Bereich der öffentlichen Gesundheit betrachtet. In der DDR bildete die Organisation des Sports eine staatliche Angelegenheit und die politischen Inszenierungen vereinnahmen die öffentlichen wie sportlichen Räume (Leipzig, Berlin etc.). Die Veranstaltungen in den Stadien waren ein Spiegelbild des kommunistischen Regimes: starr, leistungsorientiert und äußerst fragwürdig.