Hybridmaterialien und Nanokomposite
Die Verknüpfung von anorganischen und organischen Komponenten auf molekularer oder der Nanometer-Längenskala ermöglicht die Entwicklung innovativer Materialien mit Eigenschaften, die entweder zwischen denen der Ausgangssubstanzen liegen oder völlig neue Funktionalitäten aufweisen. Durch gezielte chemische Kombination von unterschiedlichen Verbindungen entstehen beispielsweise optisch transparente Kunststoffe mit hoher Kratzfestigkeit und thermischer Stabilität oder leitfähige organische Polymere durch die Integration anorganischer Bestandteile. Ein zentrales Ziel unserer Arbeit ist die Synthese möglichst homogener Materialien, was eine präzise Kontrolle über zahlreiche Reaktionsparameter erfordert. Um den kontrollierten Aufbau solcher Werkstoffe zu ermöglichen, analysieren wir systematisch die Struktur-Eigenschafts-Beziehungen.
Unser Forschungsansatz basiert auf der funktionellen Anbindung organischer Gruppen an anorganische Moleküle, etwa durch koordinative oder kovalente Wechselwirkungen. Diese molekularen Modellsysteme ermöglichen uns, die Interaktionen zwischen den anorganischen und organischen Komponenten detailliert zu untersuchen – beispielsweise mittels NMR- oder IR-Spektroskopie. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse helfen uns, das Verhalten anderer Grenzflächen, etwa der Oberfläche von Nanopartikeln, besser zu verstehen. Durch die Kombination verschiedener Herstellungsmethoden und Charakterisierungstechniken aus Chemie, Physik und Materialwissenschaften erfassen wir die Struktur-Eigenschaftsbeziehungen bis hin zu den makroskopischen Materialeigenschaften.
Aktuelle Forschungsschwerpunkte unserer Arbeitsgruppe auf dem Gebiet der Hybridmaterialien sind die Entwicklung selbstheilender Materialien sowie die Synthese neuartiger Verkapselungssysteme für optoelektronische Anwendungen. Beide Projekte setzen auf die Modifikation eines Polymerrückgrats, das durch die gezielte Integration molekularer oder nanopartikulärer Strukturen maßgeschneiderte Eigenschaften erhält.
In unserem Forschungsbereich zu selbstheilenden Materialien entwickeln wir Nanokomposite, in denen anorganische Nanopartikel in eine Polymermatrix integriert sind. Durch gezielte chemische Funktionalisierung der Grenzflächen zwischen den Komponenten fügen wir schaltbare Eigenschaften hinzu, die im Fall eines mechanischen Schadens eine selbstständige Reparatur des Materials durch äußere Wärmezufuhr ermöglichen. Aktuell erforschen wir außerdem innovative Methoden der induktiven Erwärmung, um Schäden effizient und gezielt zu beheben.
Im Bereich der Verkapselungssysteme für optoelektronische Anwendungen arbeiten wir an Materialien, die eine hohe optische Transparenz und gleichzeitig hohe thermische sowie photochemische Stabilität aufweisen. Als Materialklasse setzen wir hierfür Silicone und ihre Derivate ein. Durch ein neu entwickeltes Verfahren ist es uns gelungen, Einkomponentenmaterialien herzustellen, die ohne den Einsatz von Katalysatoren vernetzen und durch einen einfachen thermischen Prozess verarbeitet werden können. Diese Materialien bieten eine optimale Kombination aus Stabilität und Transparenz und stellen eine vielversprechende Alternative zu herkömmlichen Produkten dar.
Literatur zu den genannten Arbeitsgebieten:
Bücher:
Hybrid Materials: Synthesis, Characterization, and Applications, G. Kickelbick (Hrsg.), Wiley-VCH, Weinheim, 2007.
Buchbeiträge:
- Nanoparticles and Composites, G. Kickelbick in The Sol-Gel Handbook - Synthesis, Characterization, and Applications, (3-Volume Set), (Eds. D. Levy, M. Zayat) Wiley-VCH, 2015, Weinheim, Germany, pp. 227-239.
- Thermally remendable polymers, T. Engel, G. Kickelbick, in Self-Healing Polymers, Edited by W.H. Binder, Wiley-VCH, Weinheim, 2013, pp. 153-169.
Übersichtsartikel:
- Hybrid Materials – Past, Present and Future, G. Kickelbick, Hybrid Materials 2014, 1. doi:10.2478/hyma-2014-0001
- The search of a homogeneously dispersed material-the art of handling the organic polymer/metal oxide interface, G. Kickelbick, J. Sol-Gel Sci. Technol. 2008, 46, 281-290. doi: 10.1007/s10971-008-1731-2
- Homogen und doch so heterogen, Nanokomposite: anorganisch + organisch, G. Kickelbick, Chemie in unserer Zeit 2005, 39, 46-53. doi:10.1002/ciuz.200400339
- Concepts for Incorporation of Inorganic Building Blocks into Organic Polymers on a Nanoscale, G. Kickelbick, Progr. Polym. Sci.200328, 83-114. doi: 10.1016/S0079-6700(02)00019-9
Ausgewählte wissenschaftliche Aufsätze:
- Self-Healing Iron Oxide Polyelectrolyte Nanocomposites: Influence of Particle Agglomeration and Water on Mechanical Properties, B. Oberhausen, A. Plohl, B.-J. Niebuur, S. Diebels, A. Jung, T. Kraus, G. Kickelbick, Nanomaterials 2023, 13, 2983, doi: 10.3390/nano13232983.
- Self-Activation of Inorganic-Organic Hybrids Derived through Continuous Synthesis of Polyoxomolybdate and para-Phenylenediamine Enables Very High Lithium-Ion Storage Capacity, M. A. Mohamed, S. Arnold, O. Janka, A. Quade, V. Presser, G. Kickelbick, ChemSusChem 2023, 16, e202202213, doi: 10.1002/cssc.202202213.
- Performant flexible luminescent solar concentrators of phenylpolysiloxanes crosslinked with perylene bisimide fluorophores, E. Della Latta, F. Sabatini, C. Micheletti, M. Carlotti, F. Martini, F. Nardelli, A. Battisti, I. Degano, M. Geppi, A. Pucci, S. Pohl, G. Kickelbick, Polym. Chem. 2023, 14, 1602-1612, doi: 10.1039/d2py01428a.
- High-Refractive-Index Polysiloxanes Containing Naphthyl and Phenanthrenyl Groups and Their Thermally Cross-Linked Resins, M. Briesenick, M. Gallei, G. Kickelbick, Macromolecules 2022, 55, 4675-4691, doi: 10.1021/acs.macromol.2c00265.
- Thermoplastic Silsesquioxane Hybrid Polymers with a Local Ladder-Type Structure, S. Pohl, O. Janka, E. Füglein, G. Kickelbick, Macromolecules 2021, 54, 3873-3885, doi: 10.1021/acs.macromol.1c00310.
- Perylene polyphenylmethylsiloxanes for optoelectronic applications, N. Steinbrueck, G. Kickelbick, J. Polym. Sci., Part B: Polym. Phys. 2019, 57, 1062-1073. doi:10.1002/polb.24861
- Platinum free thermally curable siloxanes for optoelectronic application - synthesis and properties, N. Steinbrueck, S. Pohl, G. Kickelbick, RSC Adv. 2019, 9, 2205-2216. doi:10.1039/c8ra09801h
- Double Reversible Networks: Improvement of Self-Healing in Hybrid Materials via Combination of Diels-Alder Cross-Linking and Hydrogen Bonds, S. Schaefer, G. Kickelbick, Macromolecules 2018, 51, 6099-6110. doi:10.1021/acs.macromol.8b00601