Tanz im Traum. "Alfred der Große" von Robert Graf von Gallenberg und Jean-Louis Aumer
Dr. Juliane Pöche (Universität Hamburg)
Landläufig gilt La Sylphide (1832) von Filippo Taglioni und Jean-Madeleine Schneitzhoeffer als Startpunkt des romantischen Balletts. Seit der umfangreichen Studie The Pre-Romantic Ballet von Marian Hannah Winter ist jedoch klar, dass sich die Konzepte, die in La Sylphide sichtbar werden, bereits davor in einigen Balletten zeigten. Eins dieser Ballette ist Alfred der Große von Robert Graf von Gallenberg und Jean-Louis Aumer, das 1820 in Wien uraufgeführt wurde, und das als Brennspiegel für neue Ansätze in der Ballett- und Ballettmusikproduktion verstanden werden kann. So wird etwa in Alfred der Große der Zustand des Träumens dazu genutzt, Formationen einer Gruppe weiß gekleideter Tänzerinnen einzuführen. Dies lässt sich nicht nur auf theoretische Versuche, den Tanz zu begründen, und damit auch auf die Wiener Operntheorie zurückführen, sondern auch auf die Anthropologie Ernst Platners, in der das Träumen als spezifischer körperlicher und geistiger Zustand das Gebiet der mechanischen Phantasie bildet. Es zeigt sich dabei, dass sich die Ästhetik von Ballettmusik im Zusammenhang mit physiologischen Vorstellungen im 19. Jahrhundert erheblich verändert. Hierbei rückt der formale Aspekt von Choreographie und Musik wieder vermehrt in den Blick. Diese verschiedenen für das Ballett Alfred der Große wesentlichen Faktoren sollen in dem Vortrag dargestellt und die Art der formalen Verbindung der beiden Kunstformen Musik und Tanz auf analytischer Ebene nachvollzogen werden.
Studium der Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Historischen Musikwissenschaft an der Technischen Universität Dresden und der Universität Hamburg, seit 2014 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Historische Musikwissenschaft, 2015 bis 2022 Wissenschaftliche Mitarbeiterin im DFG-Projekt „Thomas Selle – Opera omnia“, 2018 Promotion: Thomas Selles Musik für Hamburg. Komponieren in einer frühneuzeitlichen Metropole, Bern 2019 (= Musica poetica. Musik der Frühen Neuzeit 2). Die Arbeit wurde 2019 mit dem Karl H. Ditze-Preis ausgezeichnet. Februar bis Juli 2022: Forschungsstipendium der Gerda Henkel Stiftung für das Projekt „‚The Beautiful in motion‘ – Die Beziehung von Musik und Choreografie im 19. Jahrhundert“. August 2022 bis Januar 2023: Gastwissenschaftlerin an der Universität Basel.