Laura Mougel
Laura Mougel
Les principaux lieux d’éducation populaire dans les villes du Nord et de l’Est de la France. Instruction, intégration et émancipation de la classe ouvrière (fin XIXe–début XXe siècle)
[Die Hauptstandorte der Volksbildung im Norden und Osten Frankreichs. Bildung, Integration und Emanzipation der Arbeiterklasse (Ende des 19.– Anfang des 20. Jahrhunderts)]
Inwiefern kann die Untersuchung der Standorte von Bildungseinrichtungen im städtischen Rahmen über Stellung und gesellschaftliche Rolle der Arbeiterklasse Aufschluss geben? Zur Zeit der Formierung der Arbeiterklasse im 19. Jahrhundert ist eine ihrer wichtigsten Forderungen die Bildung, wobei bereits seit den 1830er und 1840er Jahren zwei pädagogische Entwürfe existieren. Zum einen besteht der philanthropische Wunsch, die Arbeiterklasse durch eine Grundausbildung zu moralisieren und, ab den 1880er Jahren, zu guten Bürgern der Republik zu erziehen. Im Gegenzug bilden sich auf Initiative einer Arbeiterelite Arbeiterkultur und Autodidaktik heraus. Infolgedessen entstehen spezifische Standorte der Bildung wie zum Beispiel die Arbeiterbörsen (1887), Volkshochschulen (1898, als Folge der Dreyfus-Affaire) oder – typische Klassenbauten – die Maisons du Peuple. Die räumliche Situierung dieser Gebäude steht in variierendem Maße für den Wunsch nach Integration in die Gesellschaft. Sehen einige, wie Eric Hobsbawm oder Georges Duveau, den Kern des Klassenbewusstseins nicht gerade im Separatismus? Trotzdem zeugen diese Orte hin und wieder auch von der Begegnung unterschiedlicher sozialer Schichten und stehen damit weniger für die Entstehung einer Arbeiterkultur als vielmehr für den Versuch dieser Klasse, sich zu integrieren, und dies sowohl räumlich als auch gesellschaftlich und politisch. Die städtische Welt birgt vielfältige Möglichkeiten zu Austausch und Solidarisierung; dennoch überdauern viele Kontakte nur so lange, wie diese sozialen Einrichtungen spezifische Bedürfnisse erfüllen. Danach verliert ein solcher Ort seine Bedeutung als Zeugnis proletarischer Lebenskraft in der Stadt, und es bleiben nur noch die Wahl zwischen Sanierung und Zerstörung und die kollektive Erinnerung.