Azyza Deiab

Assoziierte Doktorandin im Nachwuchskolleg Europa

Romanische und Allgemeine Literatur- und Kulturwissenschaft

Besuchsadresse:
Geb. A5 3, Raum 0.01
66123 Saarbrücken

Postadresse:
Universität des Saarlandes
Cluster für Europaforschung | Nachwuchskolleg Europa
Postfach 15 11 50
66041 Saarbrücken

Mail: azyza.deiab(at)uni-saarland.de
Telefon: +49 (0)681 302-64006

 

Azyza Deiab ist wissenschaftliche Koordinatorin des trinationalen DFJW-Projekts „Transmed: Penser la Méditerranée ensemble – transmediterrane Jugendpolitik", einer Forschungskooperation zwischen Universitäten und kulturellen Einrichtungen in Deutschland, Frankreich und Tunesien. Zudem ist sie Doktorandin bei Prof. Markus Messling am Lehrstuhl für Romanische und Allgemeine Literatur- und Kulturwissenschaft der Universität des Saarlandes sowie im ERC-Projekt „Minor Universality. Narrative World Productions After Western Universalism“. Zu ihren Forschungsinteressen gehören u. a. kulturphilosophische, literarische, religiöse und politische Theorien, Konzeptionen und Konstruktionen des Mittelmeerraums und Europas sowie von Identität, Universalität und Differenz in ihren Spannungsfeldern mit Fokus auf die Zeit der Dekolonialisierung, der zeitgenössische gesellschaftliche Umgang mit kultureller und religiöser Pluralität in Europa und Nordafrika sowie das Denken Albert Memmis. Seit Oktober 2023 ist sie assoziiertes Mitglied im Nachwuchskolleg Europa des Clusters für Europaforschung.

Weitere Informationen zur Person

Dissertationsprojekt

Dekoloniales Denken zwischen Identität und Differenz im Tunesien der 1960er Jahre

Für eine tiefergehende Analyse verschiedener Konzeptionen von Universalität, Identität und Differenz ist die Phase der Dekolonialisierung zentral: Es handelt sich sowohl um eine Periode politischer Befreiung und Emanzipation von europäisch-universalistischen Ansprüchen als auch damit einhergehend um die Gründungsphase neuer Nationen und die Konstruktion eigener nationaler Identitäten – oft unter Ausschluss minoritärer Gesellschaftsgruppen.
Der tunesische Philosoph, Soziologe und Schriftsteller Albert Memmi erlebte und beeinflusste eine Reihe soziopolitischer Umbrüche des 20. Jahrhunderts, zu denen auch die Dekolonialisierungsprozesse gehörten. Sein Denken ist unmittelbar durch seine Erfahrungen im mediterranen Raum, konkret in Tunesien, geprägt. Durch sein Werk, in dem er sich mit vielen großen Themen wie dem Verhältnis von Kolonisator und Kolonisierten, Dominanz und Abhängigkeit, Rassismus und Religion beschäftigte, zieht sich die Frage nach zersplitterter Identität und der Rolle von Differenzen in der Konstruktion zwischenmenschlicher Beziehungen wie ein roter Faden. Memmi war nicht nur Kolonisierter; durch sein Jüdischsein gehörte er zudem einer gesellschaftlichen Minorität an. Zwischen Frankreich und Tunesien bewegte er sich stets in einem unauflösbaren multipolaren Spannungsfeld.
Vor dem theoretischen Hintergrund von Memmis dialektisch aufgebauten Porträts minoritärer und dominierter Gruppen als gesellschaftsanalytischem Kristallisationspunkt seines Werks sollen in dieser Arbeit weitere tunesische Stimmen aus dem panarabischen, traditionell-islamischen sowie feministischen Feld aus der Zeit der Dekolonialisierung näher beleuchtet werden. Ausgehend von einem mikrohistorischen Ansatz sollen ebendiese Persönlichkeiten und ihre Positionierungen innerhalb des damaligen gesellschaftlichen Dominanzgefüges, das über das Verhältnis von Kolonisator und Kolonisierten hinausging, in ihrer Komplexität dargestellt und analysiert werden. Wie werden von diesen Akteur:innen zur Zeit der Dekolonialisierung Freiheit, Gerechtigkeit und das Projekt der Moderne gedacht? Wie wird das Universelle ausgehend von diesen individuellen Fällen jenseits von Großerzählungen konzipiert? Inwiefern wird aus den soziopolitischen Konstellationen im Tunesien der 1960er Jahre eine Vielschichtigkeit der Geschichte der Befreiungskämpfe lesbar? In welcher Form lässt sich eine unmittelbare Bezüglichkeit dieser gesellschaftlichen Aushandlungsprozesse zwischen Identitäts- und Differenzdenken zu den aktuell in den europäischen Gesellschaften geführten Debatten beobachten?
Dieser nach den feinen Unterschieden und Zwischentönen innerhalb des dekolonialen Denkens fragende Ansatz setzt sich damit nicht zuletzt kritisch mit den auf beiden Seiten des Mittelmeers wiedererstarkenden nationalen Großerzählungen und identitären Obsessionen auseinander, denen sich auch das Projekt Europa stellen muss.
 

Auszeichnungen
  • März 2021Gewinnerin des Wettbewerbs "Utopie Europa", organisiert vom Institut Français d'Allemagne und der Deutsch-Französischen Hochschule, in Kooperation mit dem Verbindungsbüro des Europäischen Parlaments Deutschland und der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland
  • Januar 2024: Auszeichnung mit dem Frankophonie-Preis des Rotary Clubs Saarbrücken für die herausragende Leistung der Staatsexamensarbeit „Zerfall der Republik? Zum gesellschaftlichen Umgang mit kultureller und religiöser Pluralität im zeitgenössischen Frankreich“ sowie für internationales Engagement