EPSA-Konferenz

Vom 4. bis 6. Juli 2024 wird die 14. jährliche Konferenz der European Political Science Association im MediaPark Köln stattfinden. Der Lehrstuhl Prof. Braun wird ebenfalls am Kongress teilnehmen und dort vier Vorträge halten. Außerdem wird Dr. Rosa Navarette an einer Panel-Diskussion zu Parteiprogrammen teilnehmen.

 

From Top to Bottom: Explaining the relationship between elite polarisation and mass polarisation

von: Dr. Alex Hartland

Die Massenpolarisierung ist ein anhaltendes Problem der modernen Politik. Die zunehmende Spaltung der Gesellschaft bei drängenden Fragen wie Migration, Klimawandel und Gleichstellung der Geschlechter untergräbt das Vertrauen in gewählte Vertreter und demokratische Institutionen. Es gibt immer mehr Belege dafür, dass die Polarisierung der Eliten einen Keil zwischen die Wähler treibt, indem sie die Bedeutung von Themen erhöht und Parteispaltungen betont. Obwohl das Problem leicht als Herausforderung für Zweiparteiensysteme wie die Vereinigten Staaten angesehen wird, hat es sich auch auf Mehrparteiensysteme in Europa ausgeweitet, insbesondere nach dem jüngsten Aufstieg rechtsradikaler Parteien. Trotz umfangreicher früherer Forschungsarbeiten hat der Rückgriff auf geäußerte Präferenzen, Expertenbefragungen und eindimensionale Skalenmessungen jedoch dazu geführt, dass die genaue Natur der Massen- und Elitenpolarisierung und ihre Wechselbeziehung nicht gut verstanden wird.

Wie beeinflussen die Polarisierung der Eliten und die damit verbundene Dynamik die Massenpolarisierung? Um diese Frage zu klären, verwende ich einen neuartigen Datensatz aus dem von Horizont Europa finanzierten ActEU-Projekt über politisches Vertrauen und Polarisierung in Europa und wende quantitative Textanalyse an, um die Interaktionen zwischen Politikern und Bürgern in sozialen Medien zu untersuchen. Mit Hilfe der multidimensionalen Skalierung kann ich die ideologischen Positionen einzelner Politiker und ihrer Parteien auf der Grundlage ihrer Veröffentlichungen in den sozialen Medien messen und ihre Auswirkungen auf die offengelegten Präferenzen der Öffentlichkeit untersuchen. Durch die Untersuchung der polarisierenden Rolle von rechtsradikalen Positionen, Akteuren und Parteien bei wichtigen Themen kann ich die Schlüsselfaktoren der Kräfte identifizieren, die politisches Misstrauen fördern und die Demokratie untergraben.

 

 

The salience of gender-related issues in European party manifestos

von: Dr. Giuseppe Carteny, Prof. Dr. Daniela Braun

Die Gleichstellung der Geschlechter ist eines der Hauptziele der Europäischen Union (EU). Dennoch gibt es in fast allen Bereichen der europäischen Politik ein Geschlechtergefälle. Eine wichtige Erklärung für das Fortbestehen dieses Geschlechtergefälles sind die traditionellen Praktiken innerhalb der politischen Parteien. Es ist unbestritten, dass die politischen Parteien in den europäischen repräsentativen Demokratien zu den wichtigsten Akteuren gehören, die die Macht haben, geschlechtsspezifische Themen zu behindern oder zu fördern. Daher interessieren wir uns für die Art und Weise, wie politische Parteien in Europa geschlechtsspezifische Themen betonen, und für die Gründe dafür. Zu diesem Zweck präsentiert unser Papier die Ergebnisse vorläufiger Analysen auf der Grundlage von Daten aus dem von Horizon Europe finanzierten UNTWIST-Projekt, in dem wir Parteiprogramme aus sechs Ländern zwischen 2003 und 2021 auf der Grundlage eines originellen, geschlechtersensiblen Kodierungsschemas kodieren. Unsere Analysen zeigen, dass (i) die Bedeutung geschlechtsspezifischer Themen im Laufe der Zeit zugenommen hat, (ii) aber stark vom nationalen Bezugskontext abhängig ist. Darüber hinaus stellen wir fest, dass (iii) die Bedeutung von Themen im Zusammenhang mit Rechten und Diskriminierung zugenommen hat und dass (iv) grundlegende Unterschiede in der Konnotation dieser Themen zwischen etablierten Parteien und rechtspopulistischen Parteien (RWPPs) bestehen. Unsere Studie ergänzt die wachsende Forschung zu Geschlecht und Politik und ihre Ergebnisse vertiefen unser Wissen über den Parteienwettbewerb in Bezug auf geschlechtsspezifische Themen.

 

 

Deviation or adaptation of parties’ policy preferences? Local parties’ manifestos in border regions

von: Dr. Rosa Navarrete, Prof. Dr. Daniela Braun, Dr. Giuseppe Carteny, Djamila Djabra, M.A., Dr. Alexander Hartland

Subnationale Parteigliederungen haben Anreize, ihre programmatischen Positionen auf die spezifischen Präferenzen ihrer Wählerschaft abzustimmen. In Grenzregionen, in denen eine einzigartige politische, wirtschaftliche und kulturelle Dynamik zum Tragen kommt, müssen die lokalen Parteien möglicherweise stärker von der nationalen Parteilinie abweichen, um die Präferenzen ihrer Wählerschaft in Fragen wie Einwanderung, grenzüberschreitender Handel, Umweltprobleme und Infrastruktur besser zu vertreten. Darüber hinaus können die wirtschaftlichen und kulturellen Bindungen zu den Nachbarländern die Positionen der lokalen Parteien prägen und zum Aufbau regionaler Identitäten beitragen, obwohl neuere Forschungen zeigen, dass Grenzgesellschaften nicht unbedingt durch ihre Geografie überbestimmt sind.

Angesichts der empirischen Tatsache, dass Regionalparteien ideologisch flexibler sind, untersuchen wir, ob Parteizweige in Grenzregionen - dem so genannten "Labor Europas" - im Vergleich zu Parteizweigen in Nicht-Grenzregionen tatsächlich stärker europäisiert sind. Genauer gesagt, analysieren wir, inwieweit lokale Parteigliederungen in Grenzregionen von den programmatischen Positionen der nationalen Partei und der Region abweichen. Wir verwenden Text-als-Daten-Techniken, einschließlich LSS, Wörterbücher und Wordfish, um lokale Parteiprogramme zu analysieren. Unsere Ergebnisse geben Aufschluss über die Strategien der lokalen Parteien in den Grenzregionen und ihre Auswirkungen auf das nationale Parteiensystem. Letzteres ist auch für die allgemeine wissenschaftliche Forschung zum Parteienwettbewerb in Europa aufschlussreich, wo politische Parteien immer noch als vorwiegend nationale Akteure charakterisiert werden können.

 

 

Thinking green, voting green? The relationship between individual concern for the environment and vote choice in Germany

von: Dr. Rosa Navarrete, Dr. Christina Eder

Das wachsende Interesse an Umweltthemen hat zu der Frage geführt, inwieweit sich die Umweltwerte des Einzelnen in politischen Entscheidungen niederschlagen. In dieser Studie wird untersucht, ob Personen, die dem Umweltschutz Priorität einräumen, auch eher für Parteien stimmen, die umweltpolitische Maßnahmen bevorzugen, selbst wenn sie andere wirtschaftliche oder politische Standpunkte in Betracht ziehen, insbesondere in Krisenzeiten. Da Umweltthemen allein möglicherweise nicht ausreichen, um die Präferenzen der Wähler zu beeinflussen, stellen wir die Hypothese auf, dass Umweltschutz nicht immer ein wichtiger Faktor bei der Wahlentscheidung ist, selbst bei Personen, denen der Schutz der Umwelt (am meisten) am Herzen liegt. Somit würde der Umweltschutz zwar die Wahlentscheidung beeinflussen, aber seine Wirkung wäre schwächer als die anderer politischer Positionen, insbesondere derjenigen, die mit wirtschaftlichen Fragen zusammenhängen. Wir testen diese Beziehung anhand von Daten aus einem Online-Conjoint-Experiment mit über 3.450 Befragten in Deutschland im Jahr 2021. Dabei untersuchen wir den Zusammenhang zwischen individuellem Umweltbewusstsein und der Wahlentscheidung, wenn den Befragten hypothetische Parteien präsentiert werden, die sich in Umwelt-, Wirtschafts- und Sozialfragen unterscheiden.

Unsere Ergebnisse haben Auswirkungen auf das Verständnis der Rolle des Umweltbewusstseins im politischen Verhalten sowie auf die Strategien der politischen Parteien, die versuchen, aus Umweltbelangen Kapital zu schlagen. Die Parteien sollten daher sorgfältig überlegen, wie sie umweltpolitische Maßnahmen in umfassendere Politikpakete integrieren können, um die Attraktivität ihrer Umweltagenda zu erhöhen und Wähler anzuziehen, die dem Umweltschutz Priorität einräumen.