Linking Borderlands – Dynamiken grenzregionaler Peripherien
Das Verbundprojekt "Linking Borderlands – Dynamiken grenzregionaler Peripherien" wird von April 2021 bis März 2024 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Die Gesamtleitung liegt bei Jun.-Prof. Dr. Florian Weber (Europastudien, Schwerpunkt Westeuropa und Grenzräume). Im Projekt kooperieren Wissenschaftler*innen der Universität des Saarlandes (Prof. Dr. H. Peter Dörrenbächer, Prof. Dr. Astrid M. Fellner und Prof. Dr. Claudia Polzin-Haumann) mit Wissenschaftler*innen der Technische Universität Kaiserslautern (Dr.-Ing. Kirsten Mangels, Prof. Dr. Karina Pallagst, Prof. Dr. Gabi Troeger-Weiß und Prof. Dr. Georg Wenzelburger), BTU Cottbus-Senftenberg (Prof. Dr. Ludger Gailing und Dr. Peter Ulrich) und der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder (Prof. Dr. Konstanze Jungbluth und Prof. Dr. Nicole Richter), die über das UniGR-Center for Border Studies und das Viadrina Center B/ORDERS IN MOTION vernetzt sind.
Drei Fragen an Jun.-Prof. Dr. Florian Weber
1) Was erforschen Sie im Projekt "Linking Borderlands"?
In unserem Projekt „Linking Borderlands – Dynamiken grenzregionaler Peripherien“ erforschen wir, wie sich Europa politisch, wirtschaftlich, kulturell und sprachlich weiterentwickelt – und dies dort, wo sich besonders viele Umbrüche untersuchen lassen: in Grenzregionen an den Rändern von Nationalstaaten. Konkret verfolgen wir das Ziel, Grenzräume, d.h. Borderlands, am westlichen und östlichen Rand der Bundesrepublik Deutschland – mit in erster Linie aktuellem Fokus – vergleichend zu analysieren – ausgehend von mehreren, übergreifenden Forschungsfragen:
- Wie konstituieren und wandeln sich die Grenzräume als Kontakt- und Übergangszonen unter komplexen Einflussgrößen?
- Welche Kon- und Divergenzen zeigen sich dabei in den ausgewählten grenzregionalen Peripherien?
- Wie gehen hier ausgewählte Akteure mit Herausforderungen und Wandlungsprozessen um? Worin bestehen Barrieren, worin Chancen?
- Welche Lernprozesse lassen sich ableiten?
- Welche grundlegenden Erkenntnisse können für weitere Grenzräume generiert werden?
Fünf Schwerpunkte um politische Lernprozesse, soziale Praxis und Sprache im Berufsausbildungskontext, kulturelle Aushandlungsprozesse im Film, Planungsprozesse und Energieversorgung werden bearbeitet, um so auch Entscheidungsträger*innen in Politik und Gesellschaft in aktuellen Themenfeldern zu Problematiken und Chancen grenzüberschreitender Kooperation beraten zu können.
Über das forschungsbezogene „Linking“ von Borderlands hinaus verfolgt das Vorhaben das Ziel, eine Kooperation zwischen dem UniGR-Center for Border Studies in der Großregion und dem Viadrina Center B/ORDERS IN MOTION in Frankfurt (Oder) zu etablieren und so zur Verstetigung der Grenzraumforschung im Verbund und zur Stärkung darüber hinaus beizutragen.
2) Was ist der spezifische Beitrag zur Europaforschung?
Europäische Binnengrenzen haben seit dem Frühjahr 2020 eine neue Sichtbarkeit und Bedeutung erlangt: Im Zuge der Covid-19-Pandemie wurden Grenzübergänge innerhalb der Europäischen Union in Teilen verstärkt kontrolliert oder sogar geschlossen. Dreißig Jahre nach der Unterzeichnung des Schengener Abkommens im Jahr 1985 kehrten Grenzen plötzlich zurück, was zugleich vor Augen geführt hat, wie eng Grenzregionen heute miteinander verflochten sind. Diesen Borderlands innerhalb Europas gilt es, deutlich mehr Aufmerksamkeit zu schenken – sie von der Peripherie ins Zentrum zu rücken. Dies werden wir in unserem Forschungsvorhaben genauer tun, indem wir zwei Grenzregionen an der deutsch-französisch-luxemburgischen und deutsch-polnischen Grenze, an denen sich über die Jahr(hundert)e hinweg unterschiedliche Formen von Austausch und Kooperation etabliert haben, in den Fokus rücken. Mit der Großregion (SaarLor-Lux+) liegt das Beispiel einer Grenzregion vor, die nach dem Zweiten Weltkrieg den Weg europäischer Integration vorlebte, so dass sich besonders hier Herausforderungen vertiefender Austausche analysieren lassen. Im Grenzbereich Brandenburg/Lebus (Polen) – dauerhafte Grenzkontrollen entfallen erst seit 2007 – lässt sich demgegenüber ein Kontext erforschen, in dem neben Vernetzungen wie der Euroregion Pro Europa Viadrina und der Doppelstadt Frankfurt (Oder)-Słubice auch Vorbehalte verhandelt werden. Wir betreiben damit Europaforschung mit einem Schwerpunkt auf Entwicklungsprozesse in Grenzregionen, was verallgemeinert viel über Zustand und Entwicklung der Europäischen Union aussagen kann.
3) Was bedeutet Europa für Sie persönlich?
Europa, speziell die Europäische Union, bedeutet für mich einen Chancenraum. Ich bin im saarländischen Merzig aufgewachsen und habe als Kind noch Grenzkontrollen erlebt, wenn es nach Frankreich oder Luxemburg ging. Das Europa offener Grenzen, ausgehend vom Schengener Abkommen aus dem Jahr 1985, stellt für mich eine Errungenschaft dar, für die es gleichzeitig aktiv einzutreten gilt. Wie eng unsere Grenzregion verflochten ist, hat sich markant im Zuge der Covid-19-Pandemie gezeigt. Hier lässt sich entsprechend besonders deutlich beobachten, welche Möglichkeiten aus einem Leben in Europa und gerade im grenzregionalen Kontext resultieren.
Florian Weber ist seit 2019 Juniorprofessor für Europastudien mit den Schwerpunkten Westeuropa und Grenzräume an der Universität des Saarlandes. Seit April 2021 hat der die Gesamtprojektleitung im vom BMBF-geförderten Verbundprojekt Linking Borderlands – Dynamiken grenzregionaler Peripherien.