Wie Christentum, Kolonialismus und museale Sammlungen unser Bild von der „Islamischen Kunst“ geprägt haben.
Im 13. Jahrhundert formulierte der große persische Mystiker und Dichter Jalal al-Din Rumi einen Rat für alle, die sich in der „Festung der Formen“ von einer Überfülle bildlicher Darstellungen berauschen und verwirren lassen: „Lasst die Becher, nämlich die Formen, stehen: Zögert nicht! Im Becher ist zwar Wein, aber er kommt nicht aus dem Becher.“ Der Vortrag greift das Sinnbild der „Festung der Formen“ in der klassischen islamischen Literatur auf und fragt, wie ein heutiges Nachdenken über das Verhältnis zwischen „Kunst“ und „Islam“ beschaffen sein müsste, das sich konsequent von den im 19. Jahrhundert geprägten Denkmustern des säkularen Nationalismus und Kolonialismus löst.
Ein Ausbruch aus der von der westlichen Kunstgeschichte errichteten und in Museen und Sammlungen institutionalisierten „Festung der Formen“ ist dabei überfällig. Der Vortrag lädt ein, bei der Erkundung alternativer Pfade jenen Wegweisern und Konzepten zu folgen, die im islamischen Denken der Vormoderne und Moderne artikuliert worden sind.
Vortrag in englischer Sprache, die anschließende Diskussion wird auf Deutsch und Englisch geführt.
Prof. Dr. Wendy M. K. Shaw ist Expertin für die Kunstgeschichte Islamischer Kulturen und forscht an der Schnittstelle zwischen Moderne und Postkolonialismus, Sinnesgeschichte, Religion und Kunst in der islamischen Welt. Sie wurde 1999 an der University of California, Los Angeles, promoviert und hatte seitdem Professuren in den USA und Europa inne, zuletzt an der Freien Universität Berlin. Ihre Monografie What is "Islamic" Art? Between Religion and Perception, Cambridge University Press 2019, hat über die Fachgrenzen hinaus große Beachtung gefunden.