Der Impfstoff des Herstellers Johnson&Johnson ist der einzige zugelassene Impfstoff in Europa, der nach nur einer Gabe seine schützende Wirkung voll entfaltet. Diese Schutzwirkung ist allerdings geringer als bei den Impfstoffen, die doppelt verimpft werden. Zudem gibt es die meisten Impfdurchbrüche, also Corona-Infektionen von geimpften Personen, bei denjenigen, die mit Johnson&Johnson geimpft wurden. Die Ständige Impfkommission des Bundes empfiehlt daher, dass sich mit Johnson&Johnson Geimpfte freiwillig nach der obligatorischen Einfachimpfung nochmals mit einem mRNA-Impfstoff von Biontech oder Moderna impfen lassen. „Daten zur Immunogenität dieser Boosterimpfung gibt es aber bisher nicht“, erläutert Martina Sester, Professorin für Transplantations- und Infektionsimmunologie an der Universität des Saarlandes. Die Stiko empfiehlt diese Boosterimpfung aufgrund der Annahme, dass es tatsächlich eine verbesserte Impfschutzwirkung nach einer Auffrischung mit einem mRNA-Impfstoff gibt.
„Wir haben nun anhand einer kleineren Probandengruppe in Zusammenarbeit mit der Sportmedizin (Prof. Tim Meyer) nachweisen können, dass eine Zweitimpfung mit dem Vakzin von Biontech-Pfizer nach Johnson&Johnson tatsächlich die Immunantwort signifikant erhöht“, sagt die Expertin für Immunologie, die bereits mehrere hochrangig publizierte Studien zur Wirksamkeit der Covid-Impfstoffe publiziert hat (Links s.u.). „Wir konnten nach einer Booster-Impfung mit Biontech einen deutlichen Anstieg der Antikörper-Konzentration feststellen, die das so genannte Spike-Protein der Viren blockieren.“ Mit diesem „Schlüssel“ gelingt es den Viren, in die menschlichen Zellen einzudringen und sich zu vermehren. Durch die erhöhte Anzahl der Antikörper wird den Viren diese Möglichkeit genommen. Außerdem erhöht sich durch die Zweitimpfung durch Biontech die Zahl der so genannten T-Zellen im Immunsystem der Johnson&Johnson-Geimpften, welche das Virus direkt angreifen. „In der Studie haben wir zwar nur 15 Probandinnen und Probanden untersucht. Aber wir haben bei ausnahmslos allen eine deutlich messbare Steigerung der Impfwirkung feststellen können, so dass wir mit dieser Studie die Empfehlung der Stiko klar bestätigen können: Eine Booster-Impfung mit Biontech nach Johnson&Johnson ist absolut empfehlenswert. Gut verträglich ist sie außerdem, wie uns die Teilnehmenden bestätigen konnten, die ihre Impfreaktionen in einem Fragebogen festgehalten haben“, so Martina Sester.
Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut für Sport- und Präventivmedizin (Prof. Tim Meyer) durchgeführt und wurde bereits vor einer endgültigen Veröffentlichung in einem Fachjournal auf einem so genannten Preprint-Server veröffentlicht (Erläuterungen s.u.): https://www.researchsquare.com/article/rs-1056375/v1
In einer zweiten Studie, die ebenfalls als Preprint erschienen ist, vergleichen Martina Sester und ihre Kolleginnen und Kollegen in der weltweit ersten Studie die Impfwirkungen aller fünf in Deutschland zugelassenen Impfschemata direkt miteinander: Zum einen die der so genannten „homologen“ Impfungen (Biontech-Biontech, Moderna-Moderna, AstraZeneca-AstraZeneca), zum anderen die zugelassenen „heterologen“ Impfschemata (AstraZeneca-Biontech, AstraZeneca-Moderna). „Wir konnten unsere Beobachtungen einer vorangegangenen Studie bestätigen, dass die zweifache Astra-Impfung die geringste Immunogenität aufweist; bei den anderen Kombinationen sehen wir sehr eindrücklich, dass die Varianten mit Moderna eine stärkere Immunantwort induzieren als die jeweiligen Kombinationen mit Biontech. Dies deckt sich mit den Effektivitätsdaten zur Wirkung der Impfstoffe, geht aber bei Moderna-Kombis auch mit etwas mehr Nebenwirkungen einher“, fasst Martina Sester die zentralen Beobachtungen dieser Studie zusammen. Kurz gesagt: Die heterologe Kombination aus AstraZeneca und Moderna hat die deutlichste Immunantwort aufgebaut, gefolgt von der heterologen Kombination AstraZeneca-Biontech. Danach folgt die doppelte Moderna-Impfung, die derjenigen mit Biontech etwas überlegen ist. Die homologe Kombination aus einer zweifachen AstraZeneca-Impfung erzielte insgesamt die schwächste Wirkung der fünf verglichenen.
Die Datengrundlage dieser Studie ist größer als die der vorangenannten. Hier flossen die Daten von insgesamt rund 550 gesunden Personen ein, so dass die Aussagekraft der Daten sehr valide ist. Die Kenntnis zur unterschiedlichen Wirkung der Impfstoffkombinationen könnten auch bei der Optimierung der Impfreaktionen durch Folgeimpfungen bei Risikopatienten relevant sein.
Link zur Studie, die ebenfalls auf einem Preprint-Server erschienen ist:https://www.researchsquare.com/article/rs-1034243/v1
Die Veröffentlichung auf Preprint-Servern wird grundsätzlich nur in Ausnahmefällen als Möglichkeit in Betracht gezogen. Üblicherweise warten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach dem Einreichen einer wissenschaftlichen Arbeit, bis ein Gremium aus Fachleuten die Arbeit geprüft und für schlüssig befunden hat, so dass die Arbeit in einem anerkannten Fachmagazin (wie beispielsweise Science oder Nature) erscheinen kann. Aufgrund der Dringlichkeit, anderen Forschungsteams auf der Welt Daten bei der Suche nach einem Ausweg aus der Corona-Pandemie einen möglichst umfassenden Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen zu geben, hat sich die Gruppe um Martina Sester dazu entschieden, die Studien bereits vorab zu veröffentlichen. Sie sind derzeit auch zur Begutachtung bei hochrangigen Peer-Review-Journalen eingereicht.
Weitere Covid-Impfstudien der Arbeitsgruppe um Prof. Sester:
Wie Covid-19-Impfungen bei Organtransplantierten die Immunantwort mobilisieren: https://idw-online.de/de/news774835 (American Journal of Transplantation)
Forschungsergebnisse zu ersten Daten der heterologen Impfstoffkombination wurden im Fachjournal Nature Medicine veröffentlicht: https://idw-online.de/de/news773322 (Nature Medicine)
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Martina Sester
Transplantations- und Infektionsimmunologie
Tel.: (06841) 1623557
E-Mail: martina.sester(at)uks.eu