04.02.2025

Aktuelle Untersuchung zeigt: Politische Debatten um Innere Sicherheit verunsichern die Bevölkerung

Portrait von Georg Wenzelburger
© Thorsten MohrProf. Dr. Georg Wenzelburger

Wenn das Thema Innere Sicherheit die politische Debatte bestimmt, wie etwa derzeit nach dem tödlichen Angriff in Aschaffenburg, verstärkt sich das Unsicherheitsgefühl in der Bevölkerung, insbesondere bei ärmeren Menschen. Das haben der Politikwissenschaftler Georg Wenzelburger und der Soziologe Martin Schröder von der Universität des Saarlandes herausgefunden. Die Studie in der Fachzeitschrift West European Politics beruht auf Umfragedaten aus 14 europäischen Ländern zwischen 2002 und 2020.

Es ist ein dauerpräsentes Thema in Deutschland und vielen weiteren Ländern: Innere Sicherheit. Vermengt mit dem großen Thema Migration, das in Deutschland insbesondere mit dem Anstieg der Zahl der Geflüchteten aus Kriegsgebieten wie Syrien oder Afghanistan ins Zentrum der politischen Auseinandersetzung rückte, ebbt die Debatte nicht mehr ab. Begehen Menschen aus diesen Ländern Gewalttaten wie jüngst etwa in Aschaffenburg, streiten sich die politischen Lager heftig über den Umgang mit den Tätern einerseits als auch über die Gestaltung der Inneren Sicherheit andererseits.

In den Wochen und Monaten nach einem Ereignis wie dem Angriff in Aschaffenburg kochen im parlamentarischen Streit die Emotionen hoch, wie zum Beispiel jüngst in der Bundestagssitzung, in welcher über den so genannten „Fünf-Punkte-Plan“ der Unionsfraktion abgestimmt wurde. „Wir haben uns gefragt, ob es nicht auch sein kann, dass solche politischen Debatten das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung beeinflussen, und zwar auch dann, wenn es gar keinen messbaren Anstieg der Gewaltdelikte selbst gibt“, sagt Georg Wenzelburger.

Der Professor für Politikwissenschaft an der Universität des Saarlandes hat sich daher gemeinsam mit seinem Kollegen aus der Soziologie, Professor Martin Schröder, Hunderttausende Antworten auf Fragen des European Social Survey (ESS) und dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) der vergangenen Jahre angeschaut und verglichen, wie sich politische Debatten im Sicherheitsempfinden der Bevölkerung in Deutschland einerseits und in 14 europäischen Ländern andererseits niederschlagen.

„Wir stellen einen eindeutigen Zusammenhang fest“, so Georg Wenzelburger. „Die Menschen fühlen sich unsicherer, wenn Innere Sicherheit in den politischen Debatten stark thematisiert wird.“ Natürlich ist dies insbesondere dann der Fall, wenn die Zahl der Gewalttaten selbst steigt. „Aber es gibt tatsächlich auch einen unabhängigen Effekt durch die Politisierung des Themas“, führt Martin Schröder weiter aus. Heißt: Selbst, wenn gar nicht mehr Gewalttaten passieren, fühlen sich die Leute unsicherer, wenn in der Politik ständig darüber geredet und gestritten wird.

Georg Wenzelburger und Martin Schröder haben überdies untersucht, welchen Zusammenhang es zwischen der ökonomischen Situation der Menschen und ihrem Sicherheitsempfinden gibt. „Auch hier haben wir einen Zusammenhang gesehen. Menschen, die über weniger Einkommen verfügen und in unsicheren Arbeitsverhältnissen sind, fühlen sich im Mittel unsicherer als Menschen mit höherem Einkommen in sicheren Arbeitsverhältnissen, wenn das Thema Innere Sicherheit die Debatten dominiert“, so der Politikwissenschaftler Georg Wenzelburger weiter. Seine Schlussfolgerung lautet demnach: „Die Strategie, immer über Innere Sicherheit zu reden, führt nicht dazu, dass sich die Leute sicherer fühlen, ganz im Gegenteil.“

Die Studie stellt diese Zusammenhänge lediglich fest. Handlungsempfehlungen für Politikerinnen und Politiker enthält sie nicht explizit. „Was sich für aktuelle politische Debatten daraus ableiten lässt, müssten wir gesondert untersuchen“, so Georg Wenzelburger.

Originalpublikation:
Wenzelburger, G., & Schröder, M. (2025). Frightening politics: citizens’ reactions to party statements about law and order. West European Politics, 1–24. https://doi.org/10.1080/01402382.2025.2450180 

Weitere Informationen: 
Prof. Dr. Georg Wenzelburger
Tel.: (0681) 30271222
E-Mail: georg.wenzelburger(at)uni-saarland.de