Eine Verlängerung auf bis zu zwölf Jahre ist möglich, womit rund 25 Millionen Euro Fördergelder ins Saarland fließen würden.
Mit den Mitteln wird ein Institute for Advanced Study eingerichtet, das Fellows aus dem In- und Ausland in einem exzellenten Forschungskontext zusammenbringt. Ziel ist dabei die Erforschung einer Thematik von weltweiter gesellschaftspolitischer Relevanz, einer besonders internationalen und interdisziplinären Ausrichtung und einer herausragenden Bedeutung für den Standort. Es handelt sich bei dem Format um eine der bundesweit nur zwei Neuförderungen dieser Leuchtturmprojekte in den Geistes- und Sozialwissenschaften durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung.
„Die große Zukunftsaufgabe Europas ist die Neugestaltung seiner Verhältnisse zur Welt“, erklärt Markus Messling, Professor für Romanische und Allgemeine Literatur- und Kulturwissenschaft. Dies zeige sich nach den Weltkriegen und Genoziden auf dem Feld der Geschichte, anhand individueller und kollektiver Erfahrung von Verlust, Entfremdung oder Traumatisierung sowie, in Anbetracht des Artensterbens und der Erderwärmung, besonders offensichtlich mit Blick auf die Natur: „Zukunft“, so Messling, „kann nicht mehr im Vertrauen auf Fortschritt und einen größeren Einsatz von Ressourcen entstehen, sondern muss wesentlich aus reparativen Prozessen kommen.“
Das Kolleg will in produktiver Spannung zu Völkerrecht, Ökonomie und Technologie die Funktion der Kultur für solche Reparationsprozesse erforschen. Kulturellen Praktiken kommt dabei gerade deshalb große Bedeutung zu, weil viele der Zerstörungen in der Moderne irreparabel sind und aus den damit verbundenen Erfahrungen dennoch Zukunftsentwürfe gewonnen werden müssen. Hierzu erläutert Christiane Solte-Gresser, Professorin für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft: „Wir untersuchen, wie die Reparationsproblematik in der Kultur bearbeitet und verhandelt wird – das Spektrum reicht von Literatur, Film und Theater über Musikvideos und Serien, (digitale) Kunstformen und Ausstellungspraktiken bis hin zu Ritualen und öffentlichen Diskursen. Wir möchten dabei besonders herausfinden, in welchem Verhältnis Reparationen zu dem stehen, was nicht wieder gutzumachen ist – etwa im Falle von Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“ Das Kolleg ist so der zentralen Frage gewidmet, wie kulturelle Reparationsprozesse unsere Weltwahrnehmung, Selbstentwürfe und Lebensformen verändern.
Die beiden Wissenschaftler freuen sich auf die Zusammenarbeit mit zahlreichen internationalen Spitzenforscherinnen und -forschern, die jeweils für ein Jahr an der Universität des Saarlandes zu Gast sein werden. Auch exzellente jüngere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können sich an der gemeinsamen Arbeit beteiligen. Darüber hinaus werden namhafte Künstler und Künstlerinnen mit ihren kreativen Arbeiten in das Projekt integriert.
Universitätspräsident Manfred Schmitt betrachtet das neue Prestigeprojekt als Riesenerfolg für die Universität des Saarlandes. Er geht davon aus, dass die Saarbrücker Geisteswissenschaften durch das neue Käte Hamburger Kolleg enorm an internationaler Strahlkraft gewinnen werden. „Alle Forscherinnen und Forscher, die sich im kommenden Jahrzehnt mit dem facettenreichen und hochaktuellen Thema Reparationen beschäftigen wollen, werden auf die Saar-Universität blicken. Von dem fruchtbaren Austausch mit renommierten Gästen aus der ganzen Welt werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hier vor Ort und auch die Studierenden stark profitieren“, freut sich Präsident Schmitt.
Jakob von Weizsäcker, Minister der Finanzen und für Wissenschaft des Saarlandes, beglückwünscht die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: „Bundesweit wurden seit 2008 mithilfe des BMBF zunächst zehn Käte Hamburger Kollegs an deutschen Universitäten eingerichtet, fünf sind inzwischen ausgelaufen. Seit 2021 kamen sechs weitere hinzu, darunter jetzt die beiden neuen Kollegs in Berlin und im Saarland. Das zeigt, welche außerordentliche Leistung hier an der Universität erbracht wurde. Dies wird ein enormer Schub für den universitären Europa-Schwerpunkt sein. Das Thema ist mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen herausragend interessant und ich freue mich schon jetzt auf die Erkenntnisgewinne."
Neben einem weltweiten Netzwerk sind wichtige Kooperationspartner des Kollegs die Université Sorbonne Nouvelle – Paris 3, das Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung in Berlin, die Université de la Grande Région, das Berliner Haus der Kulturen der Welt, das Musée national d’Histoire naturelle in Luxemburg, das Saarländische Staatstheater und das UNESCO-Weltkulturerbe Völklinger Hütte.
Das Bundesministerium kündigt an, dass die Universität des Saarlandes so zu einem weltweit wahrgenommenen Ort der Erforschung und Verhandlung von Reparationsfragen werden soll, die für das künftige gesellschaftliche Zusammenleben grundlegend sind.
Fragen beantworten:
Prof. Dr. Markus Messling
Tel.: 0681 302-3360
E-Mail: markus.messling(at)uni-saarland.de
Prof. Dr. Christiane Solte-Gresser
Tel.: 0681 302-3516
E-Mail: solte(at)mx.uni-saarland.de
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