Um die Forschungsziele von Sandra Iden und ihren künftigen Projektpartnern zu verstehen, ist eine kleine Reise in das Innere des menschlichen Körpers angesagt. Neben dem Muskel- und Nervengewebe gibt es dort das Bindegewebe und – eher weniger bekannt – das Epithelgewebe. Dieses bedeckt verschiedene Organe von innen wie die Lunge oder den Darm und umschließt von außen unsere gesamte Haut. „Epithelgewebe übernimmt viele lebenswichtige Aufgaben. So fungiert es an verschiedenen Stellen als Barriere und sorgt zum Beispiel dafür, dass die Nahrung über die Darmwand aufgenommen wird“, sagt Sandra Iden, Professorin für Zell- und Entwicklungsbiologie der Universität des Saarlandes. Für jedes Organ bilden die zahlreichen Epithelzellen, aus denen sich das Epithelgewebe zusammensetzt, unterschiedliche Strukturen und Funktionsweisen aus.
„In den letzten Jahren wurde bereits intensiv erforscht, wie die Signale zwischen diesen Epithelzellen übertragen werden. Das Verständnis, wie gleichartige Zellen miteinander kommunizieren, ist also gewachsen. Was aber weiterhin noch viele offene Fragen aufwirft, ist das Zusammenspiel der verschiedenen Zelltypen in einem Epithelgewebe“, erläutert die Wissenschaftlerin. So stehen die Epithelzellen in engem Kontakt beispielsweise zu Immunzellen, Muskelzellen oder Nervenzellen. „In dem neuen Schwerpunktprogramm wollen wir untersuchen, welche molekularen und zellulären Mechanismen zum Zuge kommen, wenn die unterschiedlichen Zelltypen Signale austauschen. Wir wollen herausfinden, inwiefern sich diese von den bereits bekannten Kommunikationswegen der gleichartigen Epithelzellen unterscheiden. Dabei wird es auch um biochemische und biophysikalische Prozesse in den Zellen gehen und die Frage, wie Signale von diesen unterschiedlichen Zellen hierarchisiert und rückgekoppelt werden“, erklärt Sandra Iden.
Das neue Schwerpunktprogramm will dafür Forscherinnen und Forscher aus unterschiedlichen Fachgebieten und von verschiedenen Orten zusammenbringen. „Neben der Zell- und Entwicklungsbiologie ist die Biophysik, Strukturbiologie und Genetik von zentraler Bedeutung. Ebenso benötigen wir die Expertise der Materialwissenschaft sowie der mathematischen Modellierung“, unterstreicht die Homburger Professorin. Sie verweist darauf, dass die jüngsten Fortschritte in der Zellbiologie eng mit neuen Technologien zusammenhängen, die nun auch für das Schwerpunktprogramm genutzt werden sollen. „Dazu zählt etwa die Ultrastrukturanalyse, mit der wir die Architektur von Zellen und deren Kontakte zu Nachbarzellen sichtbar machen können. Mit neuen Einzelzelltechnologien lassen sich Details von Geweben und Organen separat für jede einzelne der darin enthaltenen Zellen darstellen. Und mit der genetischen Markierung können wir einzelne DNA-Abschnitte der Zellen ‚tracken‘ und bestimmten Funktionen zuordnen“, nennt Sandra Iden als Beispiel.
Diese Grundlagenforschung soll dazu beitragen, die zellulären Mechanismen im menschlichen Körper besser zu verstehen, um damit auch den Ursachen verschiedener Krankheiten auf die Spur zu kommen. Das DFG-Schwerpunktprogramm mit dem Titel „Heterotypische Zell-Zell-Interaktionen in epithelialen Geweben“ (SPP 2493, HetCCI) soll im Jahr 2025 starten. Hierfür steht ein Budget von insgesamt rund 5,7 Millionen Euro für die erste Förderphase zur Verfügung. Hinzu kommt eine Programmpauschale in Höhe von 22 Prozent des Fördervolumens.
Weitere Informationen:
Pressemitteilung der DFG: www.dfg.de/de/service/presse/pressemitteilungen/2024/pressemitteilung-nr-12
Lehrstuhl-Webseite: www.uni-saarland.de/lehrstuhl/iden.html
Fragen beantwortet:
Univ.-Prof. Dr. Sandra Iden
Lehrstuhl für Zell- und Entwicklungsbiologie
der Universität des Saarlandes (Campus Homburg)
Zentrum für Human- und Molekularbiologie (ZHMB)
Centrum für geschlechtsspezifische Biologie und Medizin (CGBM)
Tel.: 06841 16-47912
Mail: sandra.iden(at)uks.eu