15.06.2023 - 16.06.2023

Coloquio Internacional: Desfamiliarizaciones. Crisis de familia en contextos de crisis

Ein internationales Kolloquium zu den Fiktionen des Familiären in Krisenkontexten veranstalten am 15. und 16. Juni die promovierte Romanistin Isabel Exner und Janett Reinstädler, Professorin für Romanische Literatur- und Kulturwissenschaft mit Schwerpunkt Hispanistik. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen unter anderem aus Valladolid werden die Themen hauptsächlich auf Spanisch diskutiert.

Die großen, planetarischen Krisen der Gegenwart – Finanz-, Corona-, Klima-, Krieg und Flucht – haben alle auch die kleinsten Organisationseinheiten des sozialen Zusammenlebens betroffen und auf eine neue Art gewichtet. In Folge der Finanzkrise und der von ihr ausgelösten Verarmungen hat etwa die Familie vielerorts als ökonomische Auffang-Institution neuerlich Bedeutung gewonnen. Während der Coronakrise wurde die ‚Kernfamilie‘ zur Kapsel des erzwungenen Rückzugs, welcher ihrer Konstellation des Zusammenlebens neue Intensität und verschärfte Gewalt verlieh, gleichzeitig wurde die oft im familiären Kontext verrichtete oder ihn ersetzende Sorgearbeit in ihrer überlebenssichernden Wichtigkeit und Prekarität sichtbarer.

Bewaffnete Konflikte und Migration reißen Familien auseinander, die in der Folge transnationale Formen des Zusammenhalts entwickeln müssen, transkulturelle Familienkonstellationen stellen divergierende Familienvorstellungen auf die Probe. Die ökologischen Krisen rufen, wie auch neue Reproduktionstechnologien, Fragen nach der radikalen Neubestimmung von Konvergenzräumen des Biologischen und des Sozialen auf. Dass das Private höchst politisch ist, zeigt sich dabei auch überdeutlich an den Positionierungen im Hinblick auf (die Konservierung oder Diversifizierung von) Familienideale(n) und Geschlechterkonzeptionen, die im Kontext von Krisen derzeit vielerorts, so auch in Spanien und Lateinamerika, entlang den Linien gesellschaftlich-politischer Polarisierung verlaufen.

Literatur und anderen Medien sind ein wichtiger Aushandlungsort für Formen des Zusammenlebens, von dem aus die medialen Figurationen des Familiären und seiner Krisen auch in die größeren Formen des Kollektiven projektiert werden. Narrative des Familiären oszillieren dabei zwischen der Inszenierung von Bindungskraft und Brüchigkeit, der Imagination von Räumen der Geborgenheit und solchen der Gewalt oder Bedrückung, der affektiven Stabilisierung normativer Ordnung oder ihrer Transgression und ludischen Que(e)rung, der ästhetischen Diagnose von Miseren des Zusammenlebens und dem kreativ-utopischen Entwurf unrealisierter Optionen (oder kitschiger Nostalgien). Das internationale Kolloquium führt Beiträge zur fiktionalen Gestaltung von Krisen des Familiären zusammen und bringt sie kritischen Dialog mit aktuellen Debatten.

Weitere Informationen: https://www.uni-saarland.de/lehrstuhl/reinstaedler/archiv/tagungen-vortraege-kulturveranstaltungen/sommersemester-2023.html#c368882