Florian Ludwig Lisson

Strukturwandel oder Globalisierungsumbruch? Sozioökonomische Transformationsprozesse, politische Handlungsperspektiven und mediale Diskurse im transregionalen Raum der Großregion SaarLorLux (2020–2023).

Der grenzüberschreitende Raum der Großregion mit ihrem Kern SaarLorLux stellt eine bedeutende Grenzregion im europäischen Kontext mit einem hohen Maß an transregionaler Verflechtung dar, wovon beispielsweise die Anzahl der Grenzpendler*innen zeugt (274.400 im Jahr 2023 gemäß Zahlen der Interregionalen Arbeitsmarktbeobachtungsstelle IBA). Ein weiteres Merkmal der Großregion liegt im Strukturwandel begründet, der ihre drei Kerngebiete, Luxemburg, das Saarland und die (ehemals eigenständige) Region Lothringen in langfristiger Perspektive geprägt hat und als dessen Folge die Region SaarLorLux ihr wirtschaftliches Profil weitestgehend von der Kohle- und Stahlproduktion hin zu einer diversifizierten Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft transformiert hat. Während dieser Prozess des Strukturwandels mit einer bisweilen krisenhaften Schrumpfung der bisherigen Wirtschaftszweige einherging, haben mittel- und kurzfristig auch neuere Krisenphänomene, die eine globale Dimension tragen, wie die Wirtschafts- und Finanzkrise ab 2008, den Wandel der Region mitbestimmt. Die Corona-Pandemie, die das öffentliche Leben in den Jahren 2020 bis 2022 maßgeblich prägte, sowie der seit Februar 2022 andauernde russische Angriffskrieg gegen die Ukraine sind aktuelle Krisenphänomene, die einerseits mit dem Prozess der Globalisierung (wovon die rasante Verbreitung des Virus durch die globale Verflechtung und die neuen geopolitischen Herausforderungen zeugen) zusammenhängen, andererseits spezifische Auswirkungen auf den transregionalen Raum SaarLorLux haben.

Die Region SaarLorLux eignet sich aufgrund ihrer institutionellen und kulturellen Unterschiede besonders für ein vergleichendes, interkulturelles Forschungsprojekt. In der Großregion SaarLorLux treffen ein Nationalstaat, ein Bundesland und Teile einer französischen région aufeinander, die sich in ihren politischen Kompetenzen und wirtschaftlichen Handlungsspielräumen stark voneinander unterscheiden, obwohl die Rolle dieses grenzüberschreitenden Raums als „Labor der europäischen Integration“ stets hervorgehoben wird. Ein zentrales Forschungsinteresse dieses Projekts besteht daher in der Frage, inwiefern in der Region SaarLorLux transregionale Perspektiven in den Diskursen um die neuen Krisenphänomene der Globalisierung in den Jahren 2020 bis 2023 entwickelt worden sind, welchen Stellenwert sie einnehmen und welche strukturellen und interkulturellen Faktoren zu ihrer Ausblendung oder Vernachlässigung geführt haben. Die Forschungsfrage beantwortet insofern in Desiderat, als die wirtschaftliche Globalisierung gemeinhin als weltumspannend angesehen wird und die konkrete Ausgestaltung (wirtschaftlicher) Verflechtung auf transregionale Ebene, sowie kulturelle und zwischenmenschliche Faktoren bisher nicht ausreichend berücksichtigt wurden.