Veranstaltungen Sommersemester 2025

Prof. Dr. Patricia Oster-Stierle
Notre Dame de Paris im Fokus. Mediale Revolutionen vom 15. bis zum 21. Jahrhundert am Beispiel von Victor Hugos Roman und seiner medialen Transformationen
Dienstag, 16-18h
Gebäude A2.2, Seminarraum 1.27

Der Brand der Kathedrale Notre Dame de Paris hat Menschen auf der ganzen Welt erschüttert. Was bedeutet diese weltumspannende Aufmerksamkeit für ein mittelalterliches Bauwerk in Paris? Bundespräsident Steinmeier erklärte unmittelbar nach dem Brand: „Es ist nicht nur ein großes Bauwerk, es ist ein großes europäisches Wahrzeichen, Wahrzeichen europäischer Kultur und ein wichtiges Dokument europäischer Geschichte“. Und für EU-Ratspräsident Donald Tusk hat das „Brennen der Kathedrale Notre-Dame uns bewusst gemacht, dass wir durch etwas Wichtigeres und Tiefgründigeres als Verträge verbunden sind“. Notre Dame de Paris ist ein lieu de mémoire, ein Bedeutungsträger, der sich nicht auf eine architektonische Form beschränkt, vielmehr hat Victor Hugo mit seinem Roman ein Werk geschaffen, das weit über Frankreich hinaus aus dem zunächst wenig beachteten gotischen Bauwerk einen Mythos werden ließ. 

Victor Hugo ist zweifellos neben Molière der populärste Schriftsteller in Frankreich, der Nationaldichter der Grande Nation. Bereits mit 25 Jahren legte Hugo seine programmatische Definition von Literatur und Dichtung im Zeichen des Romantischen in der berühmten Préface seines Dramas Cromwell von 1827 vor. Die Dichtung der Gegenwart, die Hugo in ihren medialen Möglichkeiten zu erfassen sucht, geht hervor aus einer Art Erdbeben der intellektuellen Welt – der französischen Revolution – und diese Erschütterung macht es möglich, auf verdrängte Erfahrungen einer christlichen Poetik des Mittelalters zurückzukommen. Die romantische Literatur bringt die Erfahrung, die schon im Mittelalter aufgebrochen ist, zu ihren radikalsten Formulierungen, insbesondere durch die Poetik des Grotesken und durch den Versuch, das Schöne und das Hässliche, aber auch das Tragische und das Komische mit aneinander zu binden. Dieser Neuansatz Hugos ist von einer Sprengkraft, die man bis zu modernen Autoren wie Beckett weiterverfolgen kann. Hugos Notre Dame de Paris, 1831 erschienen, ist ein Drama der Stadt Paris in der Form des Romans. Die spätmittelalterliche Vergangenheit der Stadt mit ihrem Mittelpunkt, der Kathedrale Notre Dame de Paris, wird in ihrer Lebenstotalität rekonstruiert. Der Roman enthält jedoch auch eine moderne Medientheorie, die es erlaubt, den Weg vom 'steinernen Buch' der Kathedrale über das gedruckte Buch bis in unser digitales Zeitalter zu verfolgen. Nicht zufällig wurde der Roman vielfach verfilmt und auch in eine comédie musicale verwandelt. Das Seminar wird ausgehend von Hugos Programmschrift La Préface de Cromwell den Roman Notre-Dame de Paris in den Mittelpunkt stellen. Dabei wird Victor Hugo, der auch ein großer Maler war, in der ganzen Bandbreite, der von ihm ins Spiel gebrachten Medien untersucht. 

Der Kanadier Marc Lamontagne wird einen Vortrag über die Rezeption des Romans in der kanadischen Comédie musicale halten. Am 7. Mai organisiert die Académie de Berlin an der französischen Botschaft in Berlin eine Podiumsdiskussion zwischen der Dombaumeisterin zu Köln, Barbara Schock-Werner, und dem französischen Kunsthistoriker und Spezialisten für Notre Dame de Paris, Alexandre Gady, über die Bedeutung von kulturellem Erbe und Nachhaltigkeit am Beispiel des Wiederaufbaus von Notre Dame de Paris, zu der die Teilnehmer des Seminars eingeladen sind. 

Zur Anschaffung empfohlen:
- Victor Hugo: Notre-Dame de Paris. Ed. de J. Seebacher, Le Livre de Poche, ISBN 978-2253009689
(Die Ausgabe ist bereits in der Buchhandlung Bock & Seip vorrätig. Bitte unterstützen Sie den lokalen Buchhandel!)

ECTS-Punkte und Leistungsnachweise:
Bitte entnehmen Sie die Informationen zu den Leistungsnachweisen Ihrem jeweiligen Modulhandbuch. In Zweifelsfällen können Sie die Dozentin jederzeit gerne ansprechen.


Kolloquium für Examen- und Masterkandidaten
Blockseminar: Die genauen Termine werden im LSF (Nr. 155488) bekanntgegeben.

Das Kolloquium bereitet auf das Staatsexamen vor und gibt Anleitungen für BA- und MA-Arbeiten.
Die Veranstaltung findet in drei Blöcken statt:

  1. Einführung in die Explication de texte mit der Übung der Examenskandidaten, die in diesem Semester das Examen absolvieren  (Anfang Mai)
  2. Zwei Blockveranstaltungen: Hilfestellung bei Examensarbeiten und Besprechung der Themen für das mündliche Examen
  3. Übung der explication de texte kurz vor dem Examen