Ringvorlesungen

Fake, Lüge, Desinformation. Über die Literatur zwischen Fiktion und Täuschung

Saarbrücker literaturwissenschaftliche Ringvorlesung

im Festsaal des Rathauses Sankt Johann der Landeshauptstadt Saarbrücken

Sommersemester 2024, montags 19 Uhr

Fakes, Lügen und Desinformationen sind Instrumente der hybriden Kriegsführung totalitärer Staaten gegen die freie Welt; im Inland werden sie von Radikalen und Populisten genutzt, um die freiheitlich-demokratische Grundordnung unseres Gemeinwesens zu untergraben. Die dreizehnte Saarbrücker literaturwissenschaftliche Ringvorlesung denkt über Aspekte des Phänomens im literarischen Feld nach und schlägt Brücken zu Debatten und Fragen unserer Gegenwart.

Der „Mangel der Übereinstimmung unserer Worte und Geberden mit unsern Gedanken“, wie der Dresdner Lexikograph Johann Christoph Adelung im 18. Jahrhundert in seinem berühmt gewordenen Wörterbuch formuliert, ist seit der Antike ein beliebtes Motiv in der Literatur: Täuschung und Betrug werden als handlungsauslösende Momente eingesetzt, Lügengeschichten, Über- oder Untertreibungen tatsächlicher Begebenheiten beziehungsweise der offensichtliche Schwindel zur Unterhaltung und Belehrung des Lesepublikums erzählt, Halb- und Unwahrheiten sind wesentliche Mittel der persuasiven Strategie von Texten.

Die Beschäftigung mit der Literatur und das Verständnis ihrer Mechanismen soll daher auch einen Beitrag zur Verteidigung demokratischer Grundwerte leisten.

Veranstalter der Saarbrücker literaturwissenschaftlichen Ringvorlesung sind Privatdozent Dr. Hermann Gätje und Professor Dr. Sikander Singh von der Universität des Saarlandes in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Film und Wissenschaft im Kulturamt der Landeshauptstadt Saarbrücken.

Die Vorlesungen dauern in der Regel eine Stunde. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, Fragen zu stellen und mit den Vortragenden ins Gespräch zu kommen.

 

Programm als pdf zum Download

 

22. April 2024

Die Kunst des Schwindelns und der Schwindel der Kunst: Thomas Manns „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“

Professor Dr. Sascha Kiefer (Neuere Deutsche Literaturwissenschaft)

Hochstapler und Künstler haben einiges gemeinsam: Beide erzeugen Illusionen. Beide wollen vom Verkauf dieser Illusionen leben. Beide brauchen ein Publikum, das sich überzeugen und berühren, bezaubern und hinters Licht führen lässt.     

Thomas Mann war diese Affinität von Hochstapelei und Kunst, von Schwindel und Literatur hochgradig bewusst. Künstlerfiguren in seinem Werk sind Außenseiter und Getriebene, »Bürger auf Irrwegen« wie Tonio Kröger oder sogar mit dem Teufel im Bund wie Adrian Leverkühn im Doktor Faustus. Vollends lässt der Hochstapler Felix Krull die Grenzen zwischen Kriminalität und Künstlertum verschwimmen. Und nicht nur das: Auch scheinbare Gewissheiten wie Moral, Bildung, Individualität, Identität und Geschlecht stellt Thomas Manns letzter Roman zwar spielerisch-ironisch, aber umso gründlicher in Frage.

Der Vortrag analysiert das ambivalente Künstler-Bild Thomas Manns und versucht darüber hinaus zu klären, was am Hochstapler Felix Krull und seinen Bekenntnissen bis heute fasziniert.

 

29. April 2024

Fiktion und Fake News um Nero. Das Bild des Kaisers in den historischen Quellen

Professor Dr. Christoph Kugelmeier (Klassische Philologie)

Unser Bild von den römischen Kaisern des 1. Jh. n. Chr. dürfen wir nur mit größter Vor- sicht entwerfen. Die populäre Wahrnehmung dieser Epoche sieht einen Caligula oder einen Nero als wahre Bestien in Menschengestalt; dies gilt um so mehr, wenn dieser Blick auch noch weiter getrübt ist durch neuzeitliche Zerrbilder des Films und der historischen Romanliteratur. Aber auch die Macht, welche die von den despotischen principes jener Epoche entworfenen Bilder ausüben, die Tacitus oder Sueton der Nachwelt hinterlassen haben, sollte trotz jahrhundertelanger kritischer Untersuchung und teilweiser Revision nach wie vor nicht unterschätzt werden. Außer durch eine Tendenz zum Anekdotischen sind diese historischen und biographischen Darstellungen nachweisbar gefärbt dadurch, daß sie historische Fakten durch Rückgriff auf fiktionale Literatur deuten.

 

13. Mai 2024

Handschriften und Texte in der slavischen Welt: echt, gefälscht, imaginiert?

Professor Dr. Dr. h. c. Roland Marti (Slavische Philologie)

Auch in der slavischen Welt ist der kreative Umgang mit Fakten und Geschichte(n) vielfach belegt. Im Vortrag werden einige Beispiele aus dem reichen Fundus vorgestellt, die meist geschichtsstiftende Funktion hatten: die ostslavische Variante der „Konstantinischen Schenkung“ (16. Jh.), die Fälschungen des Bibliophilen A. I. Sukaladzev (18./19. Jh.), die V(e)lesova kniga (20. Jh.) sowie die tschechischen Grünberger und Königinhofer Handschriften (19. Jh.), aber auch das hinsichtlich seiner Echtheit umstrittene ostslavische Igorlied.

 

27. Mai 2024

Falsche Propheten – Literatur und Identität

Professor Dr. Martin Meiser (Evangelische Theologie)

Unruhige und bedrohliche Zeiten lassen schon in biblischen Texten die Frage nach der richtigen ‎Zeitdeutung aufkommen. Anders als heute sind Fake-News damals weniger als Drohung, sondern ‎vielmehr als Beschönigung der Lage intendiert. Der Vortrag wird der Frage nachgehen, warum man ‎in biblischen Texten nachträglich das Thema falscher Prophetie so prononciert betont.‎

 

3. Juni 2024

Gefälschte Autorschaft: Betrügerische Schriftstellerfiguren in Literatur und Film

Dr. Claudia Schmitt (Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft)

Über die Bedeutung des Autor-Konzepts wird in der Literaturwissenschaft schon lange gestritten, aber auch Schriftsteller und Filmschaffende treibt die Frage nach der Rolle des Verfassers eines Sprachkunstwerks um. Ihren Niederschlag findet dies in einer besonderen Spielart der Künstlerthematik, dem Fälscherroman bzw. -film. In zeitgenössischen Romanen und Filmen treten Autoren-Figuren auf, die eifrig fälschen bzw. plagiieren. Was sind die Auswirkungen des Betrugs auf die Fälschenden, auf ihr privates Umfeld, aber auch auf den Literaturbetrieb, der vor allem ein ökonomischer Markt zu sein scheint?

 

10. Juni 2024

Listige Helden, intrigante Verräter und lügende Inschriften – Zur narrativen Inszenierung von Fake News im Mittelalter

Dr. Stephanie Mühlenfeld (Ältere Deutsche Literaturwissenschaft)

Obgleich der Terminus "Fake News" erst in der modernen Zeit geprägt wurde, existiert bereits im Mittelalter eine Vielzahl von Erzähltexten, in denen Falschinformationen, Manipulationen und Täuschungen von zentraler Bedeutung sind. Ein bezeichnendes Beispiel hierfür findet sich in der Spielmannsdichtung "Herzog Ernst", entstanden um das Jahr 1180. Hier wird deutlich, dass aufgrund einer falschen Behauptung des hinterlistigen Pfalzgrafen Heinrich ein Krieg entfacht wird, der die Lande erschüttert. Die Schatten der Manipulation ziehen sich ebenso durch Werke wie das „Rolandslied“ des Pfaffen Konrad, den „Tristan“ Gottfrieds von Straßburg, den Lancelot-Gral-Zyklus und die Prosa-Epen Elisabeths von Nassau-Saarbrücken. Die im Rahmen des Vortrags zu untersuchenden Leitfragen lauten: Welche Intention steht jeweils hinter diesen Falschmeldungen? Wie wird geschickter Einsatz von Sprache zum Werkzeug der Täuschung? Welche Rolle spielt dabei das Verhältnis zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit? Findet Manipulation ausschließlich auf der Ebene der Figuren statt oder agiert auch die Erzählinstanz manipulativ? Und kommt es zu einer Aufdeckung der „Fake News“?

Die Untersuchung soll jedoch nicht allein auf die Würdigung der einzelnen Textabschnitte als meisterhaft gestaltete Unterhaltungselemente der Erzählungen beschränkt sein. Ebenso ist sie darauf ausgerichtet, durch die literarischen Zeugnisse Erkenntnisse über zeitgenössische gesellschaftliche Normen und das kollektive Bewusstsein zu gewinnen.

 

17. Juni 2024

Ist die Aufklärung ein gescheitertes Projekt? Einige programmatische Überlegungen zur Geistes- und Literaturwissenschaft im „postfaktischen“ Zeitalter

Privatdozent Dr. Thomas Petraschka (Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Medienwissenschaft)

In verschiedensten geistes- und insbesondere auch literaturwissenschaftlichen Kontexten ist aktuell viel zu lesen über eine nachhaltige "Krise der Rationalität" oder das "Scheitern des Projekts der Aufklärung". Gelegentlich wird in diesen Zusammenhängen eine scheinbar allzu rigide und damit "über das Ziel hinausschießende" Rationalität sogar für die gesellschaftlichen Verwerfungen rund um fake news und alternative Fakten verantwortlich gemacht.

In meinem Vortrag werde ich diese rationalitätskritischen Hinweise auf ihre Plausibilität befragen und dann argumentieren, dass die Literaturwissenschaften gerade in Zeiten allgemein grassierender Wahrheitsskepsis gut daran täten, sich von postmodernen Verirrungen zu verabschieden und zu einem Selbstverständnis zu finden, das auf den Grundprinzipien universeller Rationalität basiert und den gesellschaftlichen Nutzen der Literaturwissenschaft stärker ins Zentrum rückt.

 

24. Juni 2024

Der falsche Mond: Phantastische Reisen, Fälschungen, Verschwörungen

Juniorprofessor Dr. Jonas Nesselhauf (Europäische Medienkomparatistik)

Schon immer stellte der Mond ein Sehnsuchtsobjekt am nächtlichen Sternenhimmel dar, der aus der Ferne beobachtet und gedeutet wurde: So imaginieren Texte seit der europäischen Antike mögliche Reisen (auf Pferden und Schwänen, mit Ballons und Kapseln) oder beschreiben die Flora und Fauna des Erdtrabanten in fiktiven journalistischen Zeitungsreportagen. Und auch im Zeitalter der Raketentechnik und den tatsächlichen wissenschaftlichen Expeditionen scheint der Mond weiterhin seine Anziehungskraft für Spekulationen und Fälschungen nicht verloren zu haben.

 

1. Juli 2024

„Gab es falsche Gedanken oder nur unverständliche?“ – Das Dilemma von Wirklichkeit und Schreiben im Journalistenroman „Die Fälschung“ (1979) von Nicolas Born

Privatdozent Dr. Hermann Gätje (Neuere Deutsche Literaturwissenschaft)

Die Frage nach dem Verhältnis zwischen der Wirklichkeit, ihrer Wahrnehmung und ihrer Darstellung in der Literatur bildet einen roten Faden im Werk des Schriftstellers Nicolas Born (1937 bis 1979), sowohl in seiner Prosa als auch in seiner Lyrik. Sein letzter, kurz vor seinem Tod erschienener und 1981 von Volker Schlöndorff erfolgreich verfilmter Roman „Die Fälschung“ variiert dieses Thema mit der Geschichte eines Kriegsreporters in dem vom libanesischen Bürgerkrieg gezeichneten Beirut. Der Vortrag will den Text historisch in die Grundfragen des Diskurses um die Wirklichkeitsfrage in der Literatur einordnen und gleichermaßen seine heutige Aktualität hervorheben, etwa im Hinblick auf die Frage der Kriegsberichterstattung.  

 

8. Juli 2024

Post-Truth, Alternative Facts und Fake News – Amerikanische Literatur in der Trump-Ära

Professorin Dr. Astrid Fellner (Nordamerikanische Literatur- und Kulturwissenschaft)

Dieser Vortrag beschäftigt sich mit amerikanischer Literatur in der Trump-Ära und zeigt auf, wie Schriftsteller:innen auf die „Unwirklichkeit“ und den post-faktischen Umgang mit der Wahrheit, die die Politik Donald Trumps charakterisieren, und die neue amerikanische Realität nach 2016 reagiert haben. „Fake News“, „alternative Fakten“ und das Verwischen von Fakt und Fiktion haben sowohl zu einer Krise der Repräsentation von „Amerika“ geführt also auch den Zweck von Literatur verändert. So können post-faktische politische Diskurse und die daraus entstehenden „alternativen Fakten“ als Narrative verstanden werden, die das Verständnis von amerikanischer Literatur verändern.

 

15. Juli 2024

Von erfundenen Gefangenen und imaginären Torturen. Fake News im Kontext des Sturms auf die Bastille am 14. Juli 1789

Professor Dr. Hans-Jürgen Lüsebrink (Romanische Kulturwissenschaft und Interkulturelle Kommunikation)

Der Bastillesturm am 14. Juli 1789 ist ein epochales Ereignis der Französischen Revolution und wird am französischen Nationalfeiertag als Sieg der vom Volk wieder erlangten Freiheit über Despotie und Tyrannei gefeiert. Der Vortrag wird der Frage nachgehen, inwieweit diesem Ereignis auch Mythenbildungen und gezielt lancierte Falschnachrichten zugrunde lagen – über imaginäre Gefangene wie dem Comte de Lorges bis zu Gerüchten über geheime Folterkammern und unmenschliche Haftbedingungen.

 

22. Juli 2024

Dynamiken der Täuschung in Adaptionen von E. T. A. Hoffmanns Erzählungen

Dr. Laura Vordermayer (Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft)

E.T.A. Hoffmanns Erzählungen sind für ihr Spiel mit Täuschungen bekannt: Figuren können ihren Augen kaum trauen und nichts ist, wie es scheint. Neben jenen, die sich in ihrer Imagination verlieren und in wahnhafte Zustände hineinsteigern, gibt es aber auch die Betrüger, die einen geheimem Plan verfolgen und dabei vorsätzlich täuschen: In Erzählungen wie Der Sandmann (Nachtstücke, 1816) greifen Selbst- und Fremdtäuschung ineinander und bedingen sich gegenseitig. Die Werke des Autors haben bis heute eine breite Rezeption erfahren und wurden vielfach adaptiert. Der Vortrag nimmt die für Hoffmann charakteristischen Dynamiken der Täuschung in den Blick und untersucht, wie ausgewählte Adaptionen mit ihnen umgehen.

 

Rückblick

Wildes Wetter! Wetterbeobachtung, Meteorologie, Klimawandel in der Literatur

Saarbrücker literaturwissenschaftliche Ringvorlesung

im Festsaal des Rathauses Sankt Johann der Landeshauptstadt Saarbrücken

Sommersemester 2023, montags 19 Uhr

Nicht erst die Folgen des Klimawandels haben Wetter und Klima zu einem Gegenstand literarischer Darstellung gemacht. Seit Homer erzählt die Literatur von Regen und Sonnenschein, von Stürmen und Gewittern, von Eis und Schnee; und wesentlich haben Darstellungen von meteorologischen Erscheinungen oder besonderen Wetterlagen eine metaphorische Dimension.

Die zwölfte Saarbrücker literaturwissenschaftliche Ringvorlesung ist eine Einladung, das Thema in seiner literaturgeschichtlichen Vielfalt als Topos wie als Motiv zu betrachten und die ästhetische bzw. poetologische Relevanz meteorologischer Phänomene vom Mittelalter bis in die Gegenwart zu beleuchten.

Veranstalter der Saarbrücker literaturwissenschaftlichen Ringvorlesungen ist Professor Dr. Sikander Singh von der Universität des Saarlandes in Zusammenarbeit mit Christel Drawer, Abteilungsleiterin für Film und Wissenschaft im Kulturamt der Landeshauptstadt Saarbrücken.

Die Vorlesungen dauern in der Regel eine Stunde. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, Fragen zu stellen und mit den Vortragenden ins Gespräch zu kommen.

Das PDF der Ringvorlesung zum Download finden Sie hier

Die Vorträge können auch in unserem Podcast hier abgerufen werden.

 

22. Mai 2023

leuchtend / tosend / frierend. Über die poetologische Dimension meteorologischer Erscheinungen bei Georg Trakl

Professor Dr. Sikander Singh (Neuere deutsche Literaturwissenschaft)

Der österreichische Schriftsteller Georg Trakl akzentuiert in seinen Gedichten nicht nur den Landschaftsraum, den Wechsel von Tages- und Jahreszeiten, Farbspektren oder Spiele von Licht und Schatten. Ein wesentliches Moment seiner Bildsprache sind auch meteorologische Erscheinungen. Der Vortrag beschreibt die Frequenz und Verteilung solcher Darstellungen von Wolken und Sturm, Wind und Föhn, Gewitter und Regen, Eis und Schnee, Sonnenschein und Nebel in den Entwicklungsphasen seines lyrischen Werkes, untersucht ihre metaphorische Dimension und ordnet ihre poetologische Signifikanz ein in den Diskurs der literarischen Ästhetik des Expressionismus.

 

5. Juni 2023

„Frost“ und „Kälte“ – Klima und Wetter im Werk von Thomas Bernhard

Dr. Hermann Gätje (Neuere deutsche Literaturwissenschaft)

„Die Natur interessiert mich überhaupt nicht.“ – So lautet eines der bekanntesten Zitate von Thomas Bernhard. Doch auch hierin spiegelt sich die für diesen Autor typische Ambiguität. Klimaphänomene bilden in seinem Werk ein tragendes Motiv, titelgebend in seinem ersten, wegweisenden Roman Frost (1963). Die Vorlesung möchte die oft sublimen, aber signifikanten Referenzen zu Wettererscheinungen in seiner Prosa, Dramatik, Lyrik exemplarisch darlegen und deuten.

 

12. Juni 2023

Crusoe und die „Unsichtbare Gewalt“: Stürme als Schlüsselmomente in Robinsonaden

Dr. Laura Vordermayer (Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft)

Stürme sind in den nach Daniel Defoes Erfolgsroman Robinson Crusoe (1719) benannten Robinsonaden ein notwendiges Element der Handlung: Sie durchbrechen die bis hierhin glücklich verlaufene Fahrt der Seefahrenden und sind Auslöser für das Stranden auf der einsamen Insel. Darüber hinaus aber sind die häufig detailliert beschriebenen Stürme Schlüsselmomente, in denen zentrale Themen des Genres verhandelt werden. Im Angesicht der „unsichtbaren Gewalt“ (Schnabel, 130) erfahren die Charaktere ihre Ohnmacht als Menschen gegenüber einer nicht mehr domestizierbaren Natur. Der Vortrag wird sich auf Romane des 18. Jahrhunderts konzentrieren und neben Robinson Crusoe auch Johann Gottfried Schnabels einstmaligen Bestseller Die Insel Felsenburg (1731) sowie Christian Hauffes Leben und merkwürdige Begebenheiten einer adelichen Pachterstochter (1776) in den Blick nehmen.

 

19. Juni 2023

Schmelzpunkte. Zur Ästhetik des Anthropozäns bei Ólafur Elíasson, Steinunn Sigurðardóttir und Ilija Trojanow

Juniorprofessor Dr. Jonas Nesselhauf (Europäische Medienkomparatistik)

Das Abschmelzen der alpinen Gletscher oder des arktischen Eises kann als in dieser Form irreversibler Zerstörungsprozess mit dem rezenten Zeitalter des Anthropozän in Verbindung gebracht werden: Die Menschheit als geologische Macht verändert das Erdsystem auf planetarer Ebene, wodurch das Verhältnis von „Natur“ und „Kultur“ völlig neu gedacht werden muss. Über den naturwissenschaftlichen Diskurs hinaus geschieht dies auch in den europäischen Literaturen und Künsten, wenn in Installationen das schmelzende Eis synästhetisch erfahrbar, in Gedichten und Romanen die Erinnerung an die ‚sterbenden‘ Gletscher bewahrt wird. Dies stellt, wie die exemplarischen Beispiele von Ólafur Elíasson, Steinunn Sigurðardóttir und Ilija Trojanow zeigen, allerdings durchaus eine Herausforderung für das traditionelle Ästhetik-Verständnis dar, und die engagierte Auseinandersetzung mit der unwiederbringlichen Destruktion bewegt sich selbst am ‚Schmelzpunkt‘ zwischen ‚Erhabenheit‘ und ‚Hässlichkeit‘.

 

26. Juni 2023

Wildes Wetter im Mittelalter: Von Unwettern, Extremwetterschäden und Wetterheiligen

Professorin Dr. Nine Miedema (Mediävistik und Ältere deutsche Philologie)

Wetterphänomene, für die heute wissenschaftliche Erklärungen gegeben werden können, wurden im Mittelalter häufig als ein göttliches oder auch dämonisches Eingreifen in die menschlichen Geschicke gesehen. Gleichzeitig finden sich erste Ansätze wissenschaftlicher Erklärungen für extreme Wetterphänomene, z. B. mithilfe des Einflusses der Gestirne. Wichtig erscheint außerdem, dass man sich den Wetterphänomenen nicht passiv ergab, sondern aktiv versuchte, sich mit den verschiedensten Mitteln vor ihnen zu schützen. Im Vortrag wird anhand sowohl historiographischer als auch fiktionaler Quellen ein Einblick in die Wahrnehmung und Bewältigung ‚wilden Wetters‘ in der Zeit zwischen ca. 1050 und 1500 gegeben.

 

3. Juli 2023

Über Shakespeares Wetterdurchsagen

Professor Dr. Joachim Frenk (Britische Literatur- und Kulturwissenschaft)

Shakespeares Theaterkunst war in vielerlei Hinsicht vom Wetter beeinflusst. So bestimmten das Wetter des jeweiligen Tages und das Klima Londons die Aufführungsbedingungen in den Freilichttheatern Londons. Während Shakespeares Schaffenszeit änderte sich die Theaterlandschaft Londons zudem in entscheidender Weise, auch in Reaktion auf die klimatischen Faktoren. Im Rahmen der „ecocritical Shakespeare studies“ hat das Wetter bei Shakespeare in der letzten Zeit eine verstärkte Forschungsaufmerksamkeit erfahren. In Shakespeares Theaterstücken, die bis in das frühe 17. Jahrhundert ausschließlich auf requisitenarmen Bühnen aufgeführt wurden, spielte das Wetter als Handlungsfaktor und Stimmungskulisse eine große Rolle, aber es musste im Rahmen der Wortkulisse dem Publikum gleichsam ‚durchgesagt‘ werden. Außerdem steht Wetter unterschiedlicher Art in einigen der berühmtesten Shakespeare-Stücken im Vordergrund und dominiert in ikonischen Szenen das Bühnengeschehen und dessen Bedeutungen. Dies ist nicht verwunderlich innerhalb einer frühneuzeitlichen Gesellschaft, deren Mitglieder in vieler Hinsicht sehr direkt vom Wettergeschehen und den allgemeinen klimatischen Bedingungen abhängig waren.

 

10. Juli 2023

Natur in Aufruhr: Unwetter in literarischen Texten über Sklaverei und Kolonialismus

Professorin Dr. Romana Weiershausen (Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Frankophone Germanistik)

Eine wetterbedingt verspätet eintreffende Nachricht hat unabsehbare Folgen für die Kolonie; ein weißer Schweizer verliert sich im Sturm von Wetter, Rassenkampf und Gefühlen; die Schicksale Schwarzer Frauen verschiedener Zeiten überkreuzen sich in aufziehenden Unwettern: In kolonialen wie postkolonialen Texten über Sklaverei und Diskriminierung spielen schwere Wetter eine auffallende Rolle. Anhand von drei Beispielen vom 18. Jahrhundert bis heute (Reitzenstein, Kleist, Dodua Otoo) werden die Ausprägungen und Funktionen diskutiert.

 

17. Juli 2023

Poetik des katastrophischen Wetters bei Wilhelm Raabe

Laura Isengard M. A. (Universität Hamburg, Neuere deutsche Literaturwissenschaft)

Unter dem Druck von Empirisierung und Experimentalisierung stellt das Wetter im 19. Jahrhundert einen epistemologisch unsicheren Bereich dar. Die meteorologischen Zeichen erweisen sich als instabil und mehrdeutig, sie öffnen sich für Zuschreibungen unterschiedlicher Art. Polyvalenz, Variabilität und Subjektivität der Wetterphänomene jedoch stellen nicht nur eine Herausforderung für eine Epistemologie des Objektiven, sondern auch für das Selbstverständnis des sogenannten Poetischen Realismus dar. Anhand der beiden Erzählungen Wilhelm Raabes Zum wilden Mann (1874) und Frau Salome (1875) soll eine Poetik des Wetters skizziert werden, die sich zunehmend ins Katastrophische verkehrt. Die Unsicherheit, die vom Wetter ausgeht, macht die erzählten meteorologischen Phänomene nicht nur auf der inhaltlichen Ebene zur latenten Gefahr. Die meteorologische Ambivalenz ergreift zugleich die Erzählstruktur selbst und droht katastrophisch das realistische Phantasma einer objektiv gültigen und semantisch eindeutigen Wirklichkeitserfassung im Medium der Dichtung zu zersetzen.

Homer und Homer-Rezeption

Saarbrücker literaturwissenschaftliche Ringvorlesung

im Festsaal des Rathauses Sankt Johann der Landeshauptstadt Saarbrücken

Sommersemester 2022, montags 19 Uhr

Die Geschichte der europäischen Literatur beginnt nicht nur mit den Epen Homers, durch die Jahrhunderte haben Stoffe und Motive, Figuren und Fragen aus „Ilias“ und „Odyssee“ einen nachhaltigen Einfluss auf die Schreibenden und ihre Werke ausgeübt. Die elfte Saarbrücker literaturwissenschaftliche Ringvorlesung ist eine Einladung, Perspektiven der Klassischen Philologie auf die Epen Homers kennenzulernen und Ansätze neuerer Philologien zur Rezeption Homers bis in die Gegenwart zu folgen.

Veranstalter der Saarbrücker literaturwissenschaftlichen Ringvorlesungen sind Professor Dr. Peter Riemer und Professor Dr. Sikander Singh von der Universität des Saarlandes in Zusammenarbeit mit Christel Drawer, Abteilungsleiterin für Film und Wissenschaft im Kulturamt der Landeshauptstadt Saarbrücken.

Die Vorlesungen dauern in der Regel eine Stunde. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, Fragen zu stellen und mit den Vortragenden ins Gespräch zu kommen.

Programm als pdf zum Download

 

25. April 2022

Menschenbilder in Homers „Ilias“ und „Odyssee“

Professor Dr. Peter Riemer (Universität des Saarlandes)

 

2. Mai 2022

Homerübersetzungen von Johann Heinrich Voß bis Raoul Schrott

Professor Dr. Niklas Holzberg (Ludwig-Maximilians-Universität München)

 

9. Mai 2022

Homers Bedeutung für die antike Literaturkritik und -theorie

Professor Dr. Martin Hose (Ludwig-Maximilians-Universität München)

 

16. Mai 2022

Die Sprache Homers

Professor Dr. Christoph Kugelmeier (Universität des Saarlandes)

 

23. Mai 2022

Politik in den Homerischen Epen

Professor Dr. Heinrich Schlange-Schöningen (Universität des Saarlandes)

 

30. Mai 2022

Die Rezeption Homers im Mittelalter

Professorin Dr. Nine Miedema (Universität des Saarlandes)

 

13. Juni 2022

„Es war ohne Zweifel ein ganz anderes Gefühl, was Homers Seele füllte, als er seinen göttlichen Sauhirt den Ulysses bewirten ließ, als was die Seele des jungen Werthers bewegte …“ – Homer im Wandel der Zeit bei Schiller und Herder

Dr. Hermann Gätje (Universität des Saarlandes)

 

20. Juni 2022

Das Vorbild Homer in den slavischen Literaturen

Professor Dr. Roland Marti (Universität des Saarlandes)

 

27. Juni 2022

„Perhaps We Too Shall Have a Trojan Ending“: Homer in der amerikanischen Literatur

Dr. Svetlana Seibel (Universität des Saarlandes)

 

4. Juli 2022

„Man sagt Homer habe die griechischen Götter erfunden“ – Heinrich Heines Homer

Professor Dr. Sikander Singh (Universität des Saarlandes)

 

11. Juli 2022

Odysseus als Urbild des modernen Individuums – Einige Kommentare zur Deutung der Odyssee in der Dialektik der Aufklärung

Dr. Laurens Schlicht (Universität des Saarlandes)

 

18. Juli 2022

Die homerischen Epen und der Film

Dr. Christoph Catrein (Universität des Saarlandes)

 

„Narren, Clowns, Spaßmacher“

Saarbrücker literaturwissenschaftliche Ringvorlesung

im Festsaal des Rathauses Sankt Johann der Landeshauptstadt Saarbrücken

Sommersemester 2019 | montags 19 Uhr

Unter den vielen Außenseitern, welche die Literaturgeschichte bevölkern, nehmen Narren, Clowns und Spaßmacher eine besondere Stellung ein: Im Spannungsfeld von Vernunft und Irrealität, Weisheit und Einfalt, Humor und Tragik, Scherz und Ernst, Gelächter und Schauder formulieren diese Figuren unangenehme Wahrheiten, üben Kritik an bestehenden Verhältnissen, warnen vor Fehlentwicklungen, mahnen vor drohendem Unglück und wollen manchmal auch einfach nur unterhalten.

Die zehnte Saarbrücker literaturwissenschaftliche Ringvorlesung ist eine Einladung, den Darstellungen und Wandlungen des Närrischen und Clownesken in der Literatur vom Mittelalter bis in die Gegenwart zu folgen. Die Vorträge eröffnen einerseits motivgeschichtliche und typologische Perspektiven und bieten andererseits Interpretationen literarisch einschlägiger Werke.

Veranstalter der Saarbrücker literaturwissenschaftlichen Ringvorlesungen sind Dr. Katharina Meiser und Professor Dr. Sikander Singh von der Universität des Saarlandes in Zusammenarbeit mit Christel Drawer, Abteilungsleiterin für Film und Wissenschaft im Kulturamt der Landeshauptstadt Saarbrücken.

Die Vorlesungen dauern in der Regel eine Stunde. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, Fragen zu stellen und mit den Vortragenden ins Gespräch zu kommen.

„1968. Literatur und Revolution“

Saarbrücker literaturwissenschaftliche Ringvorlesung

im Filmhaus der Landeshauptstadt Saarbrücken, Mainzer Str. 8, 66111 Saarbrücken

Sommersemester 2018 | montags 19:00 Uhr

Bis in unsere Gegenwart ist die 68er-Bewegung Gegenstand kontroverser gesellschaftlicher und politischer Diskussionen geblieben. Auch im Hinblick auf die Geschichte der Literatur bildet das Jahr eine interessante Zäsur: Einerseits wurde mit der Studentenrevolte (zunächst in den Vereinigten Staaten von Amerika und nachfolgend in europäischen Ländern) die Frage nach der gesellschaftlichen Relevanz der Literatur neu gestellt. Andererseits unternahm man den Versuch einer Neubestimmung des Verhältnisses von Literatur und Literaturtheorie. Nicht zuletzt wurden Werke des literarischen Kanons, die den geistigen Widerstand und die lebensweltliche Revolte des Individuums gegen die Nützlichkeitsmoral der Gesellschaft, verbunden mit einem romantischen, nach verlorener Ganzheitlichkeit strebenden Naturgefühl reflektierten, zu programmatischen Texten einer nonkonformistischen, kultur- und zivilisationskritischen Bewegung.

Die neunte Saarbrücker literaturwissenschaftliche Ringvorlesung erinnert nach einem halben Jahrhundert an die Protestbewegung des Jahres 1968 und fragt nach ihrer Bedeutung für die Literatur. Die Vorträge untersuchen das ganze Spektrum an Einflüssen und Wechselwirkungen, Vorbildern und Nachwirkungen der 68er-Bewegung im literarischen Feld.

Veranstalter der Saarbrücker literaturwissenschaftlichen Ringvorlesungen ist Professor Dr. Sikander Singh von der Universität des Saarlandes in Zusammenarbeit mit Christel Drawer, Abteilungsleiterin für Film und Wissenschaft im Kulturamt der Landeshauptstadt Saarbrücken.

Kommentare, Kämpfe, Kontroversen. Karl Marx zum 200. Geburtstag

Saarbrücker literaturwissenschaftliche Ringvorlesung

im Filmhaus der Landeshauptstadt Saarbrücken

Wintersemester 2017/18 | montags, 18.30 Uhr

Der Philosoph Karl Marx zählt zu den umstrittensten und zugleich wirkungsmächtigsten Denkern des 19. Jahrhunderts. Indem er die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse seiner Epoche analysierte und in eine geschichtsphilosophische Perspektive stellte, wurde er – gemeinsam mit Friedrich Engels – zum Begründer des Wissenschaftlichen Sozialismus. Seit dem 20. Jahrhundert haben wir gelernt, den Nationalökonomen und Soziologen, den Begründer der Arbeiterbewegung und Revolutionär vor dem Hintergrund der realpolitischen Auswirkungen seiner Gesellschaftstheorie in der Folge der Oktoberrevolution des Jahres 1917 zu betrachten. Auch haben seine Analysen, die in der Tradition der Aufklärung auf die Emanzipation des Menschen zielen, die politischen Vorstellungen der nonkonformistischen, kultur- und zivilisationskritischen Jugendbewegung der 1960er und 1970er Jahre wesentlich geprägt. Soziologische, aber auch kultur- und literaturwissenschaftliche Theoriebildungen dieser Jahre nehmen in vielfacher Hinsicht Bezug auf Marx‘ kritische Deutung der Wirtschaftsordnung und des Menschbildes des Kapitalismus.

Aus Anlass des 200. Geburtstages des Philosophen beleuchtet die achte Saarbrücker literaturwissenschaftliche Ringvorlesung einerseits historische, ökonomische, literaturwissenschaftliche und wirkungsgeschichtliche Perspektiven auf Leben und Werk. Andererseits reflektieren ausgewählte Filme, die jeweils von einer kurzen, filmwissenschaftlichen Einführung eingeordnet werden, die Nachwirkungen seines Denkens, das sich mit der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beschäftigte.

Veranstalter der Saarbrücker literaturwissenschaftlichen Ringvorlesungen ist Professor Dr. Sikander Singh von der Universität des Saarlandes in Zusammenarbeit mit Christel Drawer von der Kontaktstelle Wissenschaft der Kulturabteilung und dem Filmhaus der Landeshauptstadt Saarbrücken.

 

„Literatur und Geschichte“

Saarbrücker literaturwissenschaftliche Ringvorlesung

im Festsaal des Rathauses Sankt Johann der Landeshauptstadt Saarbrücken

Sommersemester 2017 | montags 19 Uhr

Die Geschichte, die den Menschen, wie Friedrich von Schiller formuliert, „durch alle abwechselnden Gestalten der Meinung, durch seine Thorheit und seine Weisheit, seine Verschlimmerung und seine Veredlung, begleitet“, ist ein Gegenstand zahlreicher dramatischer, epischer und lyrischer Texte. Die Frage nach ihrer Bedeutung für die Literatur sowie der Darstellung von historischen Ereignissen, Themen oder Persönlichkeiten in der Dichtung ist seit der Antike gestellt worden.

Grundsätzlich lässt sich das Verhältnis von Literatur und Geschichte in zweierlei Hinsicht betrachten: Zum einen kommt die Geschichtsschreibung, die sich die Rekonstruktion des Faktischen zum Ziel gesetzt hat (Leopold von Ranke: „wie es eigentlich gewesen ist“), nicht umhin, sich narrativer Verfahrensweisen zu bedienen und damit originärer literarischen Gestaltungstechiken. Zum anderen kann in der Fiktion der Dichtung gegenüber der Geschichtsschreibung ein spezifischer Mehrwert gesehen werden, der sie über das bloß Faktische erhebt.

Grundlegend hierfür ist das Diktum der Aristotelischen Poetik, dass „Dichtung etwas Philosophischeres und Ernsthafteres als Geschichtsschreibung“ sei. Es ist dieser bis heute zur Interpretation herausfordernde Satz, aus dem wiederum ein Autor historischer Dramen wie Schiller seinen Anspruch abgeleitet haben dürfte, „die historische Wahrheit den Gesetzen der Dichtung unterzuordnen“. Zwischen den beiden angesprochenen Polen öffnet sich für geschichts- wie literaturwissenschaftliche Fragestellungen ein breites Spektrum, dem sich Vertreter beider Disziplinen widmen.

Veranstalter der Saarbrücker literaturwissenschaftlichen Ringvorlesungen sind Professor Dr. Sikander Singh und Dr. Manfred Leber von der Universität des Saarlandes in Zusammenarbeit mit Christel Drawer von der Kontaktstelle Wissenschaft der Kulturabteilung der Landeshauptstadt Saarbrücken.

»Erkundungen zwischen Krieg und Frieden«

Saarbrücker literaturwissenschaftliche Ringvorlesung

im Festsaal des Rathauses Sankt Johann der Landeshauptstadt Saarbrücken

Sommersemester 2016 | montags 19 Uhr

in Zusammenarbeit mit der Kontaktstelle Wissenschaft der Kulturabteilung der Landeshauptstadt Saarbrücken

Der Krieg, als „Zustand der öffentlichen Gewaltthätigkeiten zwischen Staaten oder beträchtlichen Theilen derselben“, wie der Dresdner Bibliothekar und Lexikograph Johann Christoph Adelung (1732–1806) im „Grammatisch- kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart“ definiert, bestimmt nicht nur das politische Denken und Handeln. In allen Epochen haben Krieg und Kriegserlebnis auch die Literatur, die Künste und Wissenschaften geprägt. Da aber die Erfahrung des Krieges und die Sehnsucht nach Frieden einander dialektisch bedingen, haben Schriftstellerinnen und Schriftsteller in ihren Werken auch über Voraussetzungen und Bedingungen wie die grundsätzliche Möglichkeit des friedlichen Miteinanders menschlicher Gesellschaften nachgedacht. Vor dem Hintergrund der Bürgerkriege, der Eroberungs-, Befreiungs-, Angriffs- und Verteidigungskriege, in denen Macht und Ohnmacht politischen Handelns in unserer Gegenwart offenbar werden, fragt die Saarbrücker literaturwissenschaftliche Ringvorlesung des Sommersemesters 2016 nach bellizistischen und pazifistischen Diskursen in der Literatur. Der Fokus liegt hierbei auf den kanonischen Werken der Literaturgeschichte, die im Hinblick auf Repräsentation und Inszenierung, auf Darstellungsstrategien und Rhetoriken, auf Erinnerungen und Deutungen von Krieg und Frieden befragt werden.

Veranstalter der Saarbrücker literaturwissenschaftlichen Ringvorlesungen sind Professor Dr. Sikander Singh und Dr. Manfred Leber von der Universität des Saarlandes in Zusammenarbeit mit Christel Drawer von der Kontaktstelle Wissenschaft der Kulturabteilung.

Goethe und …

Saarbrücker literaturwissenschaftliche Ringvorlesung

im Festsaal des Rathauses Sankt Johann der Landeshauptstadt Saarbrücken

Sommersemester 2015 | montags 19 Uhr

Die literaturwissenschaftlichen Ringvorlesungen präsentieren Johann Wolfgang Goethe (1749–1832), den großen Klassiker der deutschen Literatur, aus verschiedenen Perspektiven. Werke des Weimarer Schriftstellers werden im Kontext ihrer Zeit vorgestellt. Beachtung finden seine Beziehungen zu Zeitgenossen, seine Auseinandersetzung mit anderen Epochen und seine internationale Wirkungsgeschichte.

Die Vorlesungen sind eine Einladung, Goethe nicht nur als bedeutenden Repräsentanten der deutschen Dichtung zu begreifen, sondern sich mit der Modernität seines Denkens zu beschäftigen.

Veranstalter der Saarbrücker literaturwissenschaftlichen Ringvorlesungen sind Privatdozent Dr. Sikander Singh und Dr. Manfred Leber von der Universität des Saarlandes in Zusammenarbeit mit Christel Drawer von der Kontaktstelle Wissenschaft der Kulturabteilung der Landeshauptstadt Saarbrücken.