Trinationales DFH-Doktorandenkolleg
Deutsch-französisch-luxemburgisches Doktorandenkolleg: Internationale Geschichte interdisziplinär - Deutsch-französisch-europäische Perspektiven im 20. Jahrhundert (Universität des Saarlandes │Sorbonne Université │Universität Luxemburg)
Gemeinsam, regelmäßig und eng vernetzt mit Promovierenden aus Deutschland, Frankreich, Luxemburg und anderen Ländern über Themenfelder der internationalen und europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts nachdenken: darin besteht ein zentrales Anliegen des trinationalen Doktorandenkollegs, das die Deutsch-Französische Hochschule 2016 bewilligt hat und seit 2017 finanziell fördert. Nach positiver Evaluation im Jahre 2020 befindet sich das Programm inzwischen in seiner zweiten Förderphase, die bis 2024 läuft. Der thematisch-methodische Zugang des Kollegs erfolgt über jährlich wechselnde "Diagnose-Formate": wie Raumdiagnosen, Gesellschaftsdiagnosen, Zeitdiagnosen oder Kulturdiagnosen, die im Kontext mehrtägiger Workshops aktuell diskutierte historiographische Kontroversen aufgreifen.
Die Kollegmitglieder stammen aus verschiedenen Fachdisziplinen und widmen sich transnational dimensionierten Projekten der neueren Politik-, der Gesellschafts- oder der modernen Kulturgeschichte . Zweimal jährlich kommen die Kollegmitglieder für jeweils drei Tage an einer der Partnerhochschulen zusammen, um mit dem Leitungsteam - Dietmar Hüser (Universität des Saarlandes), Hélène Miard-Delacroix (Université Paris-Sorbonne), Andreas Fickers (Universität Luxemburg) und den assoziierten Mitgliedern Emmanuel Droit (Sciences Po Strasbourg) und Rainer Hudemann (Universität des Saarlandes / Sorbonne Université) - sowie auswärtigen Experten und Gästen zu diskutieren. Unterschiedliche Formate wie Doktorandenforen, Arbeitsgruppen oder Ateliers erlauben es, vielfältige Themen, Zugänge und Methoden sowie Ähnlichkeiten und Unterschiede in den Forschungsbedingungen und Wissenschaftskulturen der Partnerländer kennenzulernen. Zudem bietet sich mehrfach die Chance, ein Feedback in verschiedenen Stadien des eigenen Promotionsvorhabens zu erhalten. Da das Kolleg einen konstanten interkulturellen Austausch in wissenschaftlichen wie informellen Kontexten gewährleistet, versteht es sich ausdrücklich als Plattform verstärkter Netzwerkbildung und Nachwuchsförderung, die durch das stete Einbinden promovierter, heute auf diversen Arbeitsfeldern aktiver Historikerinnen und Historiker auch berufspraktischen Belangen angemessen Rechnung trägt.
Die eingeschriebenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kollegs haben die Möglichkeit, Forschungsaufenthalte finanziell fördern zu lassen und eine offizielle Teilnahmebescheinigung zu erwerben.
Die Verantwortlichen
Prof. Dr. Dietmar Hüser, Universität des Saarlandes: dietmar.hueser(at)uni-saarland.de
Prof. Dr. Hélène Miard-Delacroix, Sorbonne Université: helene.miard-delacroix(at)paris-sorbonne.fr
Prof. Dr. Andreas Fickers, Universität Luxemburg: andreas.fickers(at)uni.lu
Assoziierte Mitglieder des Leitungsteams
Prof. Dr. Emmanuel Droit, Sciences Po Strasbourg: droit(at)unistra.fr
Prof. Dr. em Rainer Hudemann, Universität des Saarlandes / Sorbonne Université: hudemann(at)mx.uni-saarland.de
Die Koordination
Melanie Bardian, Universität des Saarlandes: melanie.bardian(at)uni-saarland.de
Das Programm
2017: Raumdiagnosen - Nationales und Transnationales
2018: Gesellschaftsdiagnosen - Diversität und Transversalität
2019: Zeitdiagnosen - Krisen und Aufbrüche
2020: Kulturdiagnosen - Politische Kulturen und Wertewandel
2021: Raumdiagnosen - Nationales und Transnationales
2022: Gesellschaftsdiagnosen - Diversität und Transversalität
2023: Zeitdiagnosen - Krisen und Aufbrüche
2024: Kulturdiagnosen - Politische Kulturen und Wertewandel
Die Module
Modul 1: Doktorandenforum
Modul 2: Theorie trifft Praxis: Seminar und wissenschaftliches Atelier
Modul 3: Seminar - wissenschaftliches Kolloquium
Modul 4: Auslandsforschungsaufenthalt
Modul 5: Fach- und Schlüsselkompetenzen
Die offizielle Teilnahmebescheinigung
Eingeschriebene Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Doktorandenkollegs erhalten eine offizielle Teilnahmebescheinigung, wenn sie aktiv an den Modulen 1 und 2 als Referenten und Organisatoren mitgewirkt, einen insgesamt mindestens vierwöchigen Auslandsforschungsaufenthalt absolviert und drei Veranstaltungen aus den Bereichen Fach- und Schlüsselkompetenzen an der Heimatuniversität oder anderen Einrichtungen besucht haben.
Interessierte Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler wenden sich für nähere Informationen bitte an Prof. Dr. Dietmar Hüser (dietmar.hueser(at)uni-saarland.de).
Weitere Informationen
Den Flyer des Kollegs finden Sie hier.
Eine Übersicht der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kollegs finden Sie hier.
Nähere Informationen finden Sie auf der Homepage des Kollegs: www.docteuropa.eu
Bisherige Kollegtreffen:
Am 19. und 20. Oktober 2023 ging es zum zwölften Kollegtreffen nach Strasbourg. Im Fokus stand diesmal der Jahresschwerpunkt „Gesellschaftsdiagnosen: Diversität und Transversalität / L’entrée par la société : diversité et transversalité“, dem sich die Vortragenden mit ihren Beiträgen aus verschiedenen Forschungsperspektiven näherten.
Nach einigen einführenden Bemerkungen durch das Leitungsteam machte den Auftakt Stéphanie Fransis (Université du Luxembourg), die sich in ihrem Dissertationsprojekt mit der architektonischen Innenraumgestaltung der europäischen Institutionen in Luxemburg, Brüssel und Strasbourg beschäftigt. In ihrem Vortrag „Bureaucratie par le Design? Entre la “Hardware” architecturale et le “Software” managérial : Les bâtiments du Parlement européen et de la Cour européenne de justice, 1951-2002“ beleuchtete die Referentin am Beispiel des Europäischen Gerichtshofs die Dimensionen von Designentscheidungen hinsichtlich Funktionalität und Zugänglichkeit, aber auch mit Blick auf die Repräsentation von Machtstrukturen. Dabei verwies Fransis auf zentrale Veränderungsmomente, die auf Wandlungsprozesse von kollektiven und individuellen Raum- und Ästhetikvorstellungen hindeuteten. Der anschließende Wissenschaftliche Kommentar von Hugo Canihac (Sciences Po Strasbourg) leitete über zur Diskussion der Frage, inwieweit Erwägungen zur Inklusivität und Barrierefreiheit architektonische Entscheidungsfragen beeinflussten.
Am Nachmittag präsentierte Pierre Mennerat (Sorbonne Université) einen ersten Aufschlag für sein Promotionsprojekt „Droits de l’Homme et action extérieure de l’Allemagne fédérale : acteurs, langages, et pratiques (1982-1995)“. Mit einem biographischen Zugriff setzt er sich mit der Rolle bundesdeutscher staatlicher und nichtstaatlicher Akteur:innen bei der internationalen Förderung der Menschenrechte auseinander. In seinem Vortrag warf Mennerat einige Schlaglichter auf das Zirkulieren und Aneignen eines „répertoire des droits humains“ in der sozio-politischen Landschaft der Bundesrepublik gegen Ende des 20. Jahrhunderts. Marion Aballea (Sciences Po Strasbourg), die den Kommentar übernahm, stellte einige methodische und konzeptuelle Vorschläge zur Diskussion und lieferte so wertvolle Impulse für die weitere Gestaltung des Dissertationsvorhabens.
Der erste Workshop-Tag endete mit dem Abendvortrag „Administration et population. Les usages de la démographie dans les réformes administratives en Allemagne“ von Valérie Lozac’h (Université de Strasbourg). Anhand mehrerer Fallbeispiele skizzierte die Referentin Modernisierungsprozesse und Paradigmenwechsel in der deutschen Verwaltungspolitik und beleuchtete mit Blick auf demographische Entwicklungslinien Rahmenbedingungen und Wirkungsweisen staatlicher Interventionspolitik. Dabei konstatierte Lozac‘h einerseits eine politisation de la science und andererseits eine scientifisation de la politique. In der anschließenden Diskussionsrunde, die von Emmanuel Droit (Sciences Po Strasbourg) moderiert wurde, gelang der erneute Brückenschlag hin zum Jahresschwerpunkt „Gesellschaftsdiagnosen“. Für die Doktorandinnen und Doktoranden bot dies die Gelegenheit, ihre eigenen Themenschwerpunkte an die aufgeworfenen Fragen rückzubinden und insbesondere methodische Herausforderungen im Umgang mit zeithistorischen Forschungsfeldern zu besprechen.
Der Freitag begann mit einem Beitrag von Céline Krauss (Universität des Saarlandes), die einige Aspekte ihrer kürzlich abgeschlossenen Dissertation „Bilder schreiben Geschichte – Die Darstellung der Kolonialgeschichte Indochinas im französischen Spielfilm“ vorstellte. Die Arbeit beschäftigte sich anhand der Kolonialgeschichte Indochinas mit der filmischen Repräsentation und Verarbeitung historischer Elemente und Zusammenhänge. In ihrem Vortrag fragte die Referentin vor allem nach Potenzialen und Grenzen von Spielfilmen als Medium der Geschichtsvermittlung. Dabei ging es ebenso um das bildhaft Gezeigte wie um bewusste Auslassungen. Die folgende Diskussion konnte Céline Krauss nutzen, um mit Blick auf die anstehende Soutenance gemeinsam mit den Teilnehmenden zentrale Thesen und offene Fragen zu erörtern.
Anschließend referierte Coline Perron (Université de Strasbourg) über „Wahlverwandtschaften“ zwischen der DDR und Ländern des globalen Südens. Im Fokus des Vortrags stand der intensive bilaterale Austausch auf dem Feld der Kulturpolitik innerhalb des kommunistischen Systems. Perron kam zu dem Schluss, dass vor allem einzelne Mittlerfiguren und Akteurnetzwerke (acteurs étatiques) für die Zirkulation kultureller Produkte und Praktiken zwischen den ‚Bruderländern‘ eine entscheidende Rolle spielten. Daran anknüpfend warf Hélène Miard-Delacroix (Sorbonne Univeristé) in ihrem Kommentar die Frage nach zeitgenössischen romantisierten Vorstellungen des DDR-Auslandes als matière à rêver auf und eröffnete die Abschlussdiskussion zur Ambivalenz von kulturellem Austausch und nationalstaatlichen Rivalitäten.
Der Workshop endete mit einer kurzen Evaluationseinheit, die das Leitungsteam nutzte, um hinsichtlich des Veranstaltungsverlaufs, der inhaltlichen Diskussionen sowie der präsentierten Forschungsergebnisse nochmals Bilanz zu ziehen.
Die Broschüre zur Veranstaltung finden Sie hier.
Vom 10. bis 11. Mai fand in Saarbrücken das elfte Kollegtreffen statt. Die vier Vorträge einte die Auseinandersetzung mit dem thematischen Jahresschwerpunkt des Kollegs „Zeitdiagnosen: Krisen und Aufbrüche“ aus ganz unterschiedlichen Perspektiven.
Der Workshop startete mit dem Beitrag von Odile Planson (Université de Strasbourg) und dem Blick auf die krisenhafte Zeit der Transformation der DDR. Gerade die 1990er Jahre seien für ostdeutsche Lehrerinnen eine Zeit voller Ungewissheit und Ängste gewesen, so Planson. Welche Rolle die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) spielte, verdeutlichte sie mittels Quellen, die während der Gruppenarbeit und während ihres Vortrages diskutiert wurden. Die GEW ließ sich nach der Wiedervereinigung auch im Osten Deutschlands nieder, exportierte ihre eigenen Strukturen und machte es sich zur Aufgabe, die spezifischen Interessen der ostdeutschen Lehrerinnen zu vertreten, wobei die große Herausforderung darin bestand, die Ansprüche der ‚neuen‘ und ‚alten‘ Bundesländer zusammenzuführen, einschließlich der Frage der Ungleichbehandlung von Frauen und Männern.
Fabian Lemmes (Universität des Saarlandes) kommentierte den Vortrag. Er hebt das Narrativ der 'Übernahme' von Ost-durch Westdeutschland hervor und die Frage, ob Frauen – obwohl offenbar strukturell benachteiligt – die Transformation besser meisterten als Männer bzw. inwiefern es in der Folge zu einer Retraditionalisierung der Geschlechterrollen in der DDR kam.
Die Zeit nach der Promotion als Aufbruch in einen neuen Lebens- und Karriereabschnitt – darum drehte sich der Alumni-Table. Ehemalige Kollegteilnehmer:innen, die nun sowohl im universitären als auch außeruniversitären, im öffentlichen wie privaten Wissenschafts- und Bildungsbereich tätig sind, berichteten von ihrem Berufseinstieg. Welche Erfahrungen haben sie in ihrer Bewerbungsphase gemacht, welche Tipps können sie den Doktorand:innen auf dem Weg zum „Traumjob“ an die Hand geben?
Isabella Dill (Ludwig-Maximilians-Universität München / Sorbonne Université) eröffnete den zweiten Tag des Kollegtreffens und fragte danach, inwiefern der deutsche Jurist Friedrich Grimm (1888–1959) als deutsch-französischer Vermittler interpretiert werden kann. Grimm konnte sich nach den beiden Weltkriegen vor allem als ‚Krisenmanager‘ für deutsche Industrielle profilieren und erlangte Bekanntheit u. a. als Berater verschiedener deutscher Regierungen. Er agierte hierbei in deutsch-französischen Netzwerken und nutzte geschickt französische Rechtskonzepte zur Verteidigung seiner Klienten.
Fritz Taubert (Université de Bourgogne) kommentierte den Vortrag und charakterisierte die Biografie Grimms als exemplarisch für jene Jahre vom Ende des Ersten Weltkrieges bis in die 1950er Jahre. Trotz eigener Interessen habe sich der Jurist aber für die deutsch-französische Verständigung stark gemacht. Innerhalb der anschließenden intensiven Diskussion problematisierten die (Nachwuchs-) Wissenschaftler:innen vor allem den Begriff des (Ver-) Mittlers und die damit zusammenhängenden Konzepte des Transfers und Austauschs sowie der Zirkulation.
Sylvi Siebler (Universität des Saarlandes) sprach anschließend über Landkommunen in Westdeutschland und Frankreich von den späten 1960er bis Mitte der 1980er Jahre. Die Referentin deutete die Landkommunebewegung als europäisches Phänomen, das aus der Auseinandersetzung mit wirtschaftlichen Krisen und dem „Scheitern“ von 1968 hervorging. Das Aufblühen des ökologischen Bewusstseins paarte sich mit dem Wunsch nach gesamtgesellschaftlichen Veränderungen: Die Landkommunard:innen strebten nach neuen Geschlechterverhältnissen, der Überwindung der Kleinfamilie und einem Leben im Einklang mit der Natur.
Kommentiert wurde der Vortrag von Birgit Metzger (Universität des Saarlandes). Metzger lenkte die Diskussion vor allem in Richtung möglicher Kontinuitäten zur Lebensreformbewegung, der Frage nach Transfers zwischen verschiedenen Landkommunen und früheren Bewegungen sowie der Rolle der Landkommunen bei der Durchsetzung eines biologischen Lebensstils wie er uns heute gängig erscheint.
Abschluss des Workshops stellte der öffentliche Abendvortrag von Fabian Lemmes und Birgit Metzger zu Deindustrialisierung als Forschungsaufgabe: Deutschland, Frankreich und Luxemburg dar. Lemmes gab einen Überblick in das kürzlich gestartete Forschungsprojekt Die Deindustrialisierung in Deutschland und Frankreich: Erfahrungen und Emotionen von den 1960er Jahren bis in die Gegenwart. The Unmaking of the Working Class?, das von DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) und ANR (Agence nationale de recherche) gefördert wird und an der Universität des Saarlandes, der Ruhr-Universität Bochum und der Université de Strasbourg beheimatet ist. Um das Projekt greifbarer zu machen, gab Metzger Einsichten in ihr Teilprojekt, bei dem sie sich mit den Erfahrungen der Deindustrialisierung in der transnationalen Grenzregion – Völklingen, Creutzwald, Esch-sur-Alzette – auseinandersetzt. Der gutbesuchte Vortrag diente als gelungene Klammer des Jahresschwerpunktthemas „Zeitdiagnosen - Krisen und Aufbrüche“, trug der trinationalen Ausrichtung des Kollegs Rechnung und gab den Doktorand:innen darüber hinaus Einblicke in aktuelle Forschungsfragen.
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Unter dem Schwerpunktthema „Gesellschaftsdiagnosen – Diversität und Transversalität“ kamen vom 26. bis 28. Oktober die Teilnehmenden des trinationalen Doktorandenkollegs in Luxemburg zusammen. Die Maison Schuman, das Wohnhaus des Politikers Robert Schuman, mit dem angrenzenden Presbytère bot für das herbstliche Workshop-Treffen eine einzigartige Kulisse.
Das inhaltliche Programm begann nach einigen einführenden Worten durch das Leitungsteam am Mittwochnachmittag. Den Anfang machte Philipp Didion (Universität des Saarlandes / Université de Bourgogne Franche-Comté), der mit dem Vortrag „Fußballstadien in kleineren Großstädten zwischen Re- und De-Provinzialisierung – Eine moderne Sportgeschichte in französisch-westdeutscher Perspektive“ einen Teilaspekt seines Dissertationsprojekts vorstellte. Der Doktorand lud die Teilnehmenden zu einem gedanklichen ‚Stadionbesuch‘ in die 1960er-Jahre ein. Untermalt durch Stadionklänge der jeweiligen Vereine konnten die Teilnehmenden einen Eindruck von der Atmosphäre im Stadion, als Ort der Soziabilität gewinnen. Am Beispiel des Betzenberg-Stadions in Kaiserslautern illustrierte Didion, wie „gesellschaftliche Spiegelungen in der Provinz durch das Brennglas Stadion“ sichtbar werden. Im Fokus stand dabei besonders das Inszenierungspotenzial des Begriffs ‚Provinz‘ sowie die Bedeutung des provinziellen Umfeldes für das Stadion und den jeweiligen Verein.
Als nächstes referierte Manon Baudrier (Sorbonne Université), die digital aus Frankreich zugeschaltet war. In ihrer Arbeit „Ce que fait la presse aux corps féminins. Approche comparée franco-allemande du traitement médiatique du plaisir féminin dans la presse généraliste et circulation des approches et vocabulaires issus du féminisme (2007-2022)“ untersucht die Doktorandin das mediale Verhandeln eines „plaisir féminin“ in der deutschen und der französischen Presselandschaft. In ihrem Beitrag konnte die Doktorandin ihre Untersuchung an aktuelle Diskurse rund um gesellschaftliche und genderspezifische Machtverhältnisse und das Thema Intersektionalität rückbinden. Dabei stellte sich besonders die Frage der „Messbarkeit des Intimen“ in den untersuchten Medienformaten.
Der erste Workshop-Tag endete mit einem Gastvortrag von Stefan Krebs (Université du Luxembourg), der den Kolleg-Teilnehmenden die virtuelle Ausstellung www.minett-stories.lu präsentierte. Gefördert von der europäischen Kulturhauptstadt Esch2022 erarbeitete ein Team von zwölf Historiker:innen und Designer:innen ein multimediales Ausstellungsformat zur Geschichte und Idenitität des Minetts, einer ehemaligen Bergbau- und Industrieregion im Süden Luxembourgs. Ziel des Projekts war es, mit verschiedenen Kanälen der Geschichtsvermittlung zu experimentieren, Mediengattungen zu kombinieren und auf diese Weise einen spielerischen Zugang zu einer fiktionalisierten Form Geschichtsschreibung zu wagen. Dahinter stand die Idee, für breite Rezipierendenkreise semi-fiktionale Geschichten zu erzählen und so Geschichte jenseits traditioneller akademischer Formate erfahrbar zu machen.
Am Donnerstag stand zuallererst eine Stadtführung mit Rainer Hudemann (Universität des Saarlandes / Sorbonne Université) auf dem Programm. Dabei ging es zentral um die Frage, inwiefern Luxemburgs Plateau Bourbon als Vernetzungsraum europäischer Urbanisierungskonzepte im 19. und 20. Jahrhundert zu ‚lesen‘ ist. Ganz im Sinne des am Vorabend diskutierten Transmedia storytellings konnten die Teilnehmenden praktisch erkunden, welche Geschichte(n) beispielsweise die Architektur Luxemburgs zu erzählen hat. Mit einigen Höhenmetern in den Beinen kehrten die Teilnehmenden zum Presbytère Maison Schuman zurück.
Nach einem gemeinsamen Mittagessen folgte der Werkstattbericht von Matthias Höfer (Université du Luxembourg), der sich im Zuge seines Dissertationsvorhabens „Konsumgüterwerbung und Popkultur in den „langen“ 1960er Jahren: eine transnationale Perspektive“ mit Werbung in der deutschen, französischen und luxemburgischen Jugendpresse beschäftigt. Höfer nutzte die Gruppenarbeitsphase, um anhand einiger konkreter Beispiele von Werbeanzeigen in den Zeitschriften Bravo und Salut les copains, die Doktorand:innen auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Ländern aufmerksam zu machen. Es zeigte sich, dass die jeweiligen Werbetreibenden länderübergreifend in Tonalität und Bildsprache der Werbeanzeigen gezielt Elemente der Jugendkultur adaptierten. Innerhalb des Vortrages konnte Höfer dann verdeutlichen, dass sich für die Werbelandschaft Luxemburgs eine Überlagerung deutscher und französischer Einflüsse feststellen lässt und sich ‚Jugend‘ als eigene soziale Gruppe etablierte.
Um der besonderen Lokalität Rechnung zu tragen, war für den späten Nachmittag eine Besichtigung der Maison Schuman anberaumt. Geführt durch Victoria Mouton (Université du Luxembourg) hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, auf den Spuren namhafter Politiker:innen zu wandeln. Mit seiner historischen Fassade und der in Teilen gut erhaltenen Innenausstattung war das im 18. Jahrhundert errichtete und 1990 in ein europäisches Kulturzentrum umgewandelte Gebäude definitiv einen Besuch wert.
Einen gelungen Abschluss des zweiten Workshop-Tages bildete der Abendvortrag von Louis Chauvel (Université du Luxembourg): „Les classes moyennes entre le peuple et les élites en Europe continentale: Les inégalités macrosociales entre tendances et ruptures“. Dieser wagte einen Parforceritt durch die Sozialgeschichtsforschung der letzten Jahrzehnte und skizzierte davon ausgehend das Herausbilden eines neuen Mittelstandes parallel zum Entstehen der Erwerbsgesellschaft. Chauvel verwies auf einen Zusammenhang zwischen Globalisierungsschüben und einem „avènement d’inégalités sociales“ in Zeiten intergenerationeller Wandlungsdynamiken. Abschließend gelang dem Professor für Soziologie nochmals der Brückenschlag hin zu Robert Schuman, dem Europäischen Einigungsprojekt und dem Erbe der ‚Gründerväter-Generation‘ sowie der Frage, welche Aussagen sich aus der Vergangenheit für das Heute ableiten lassen.
Den letzte Workshop-Tag nutzten die Teilnehmenden, um nochmal Bilanz zu ziehen und einige Schlaglichter in Richtung der kommenden Veranstaltungen zu werfen. So wird es im Mai 2023 wieder heißen: Willkommen in Saarbrücken!
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Im Juni 2022 konnte der Kreis um das trinationale Doktorandenkolleg zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie wieder in persona zusammenkommen.
Organisiert wurde der Workshop in Strasbourg von Emmanuel Droit, Professor für zeitgenössische Geschichte der internationalen Beziehungen an der Sciences Po Strasbourg und assoziiertes Mitglied des Kollegs, in Zusammenarbeit mit dem Saarbrücker Lehrstuhl für Europäische Zeitgeschichte.
Die rund 30 TeilnehmerInnen– neben dem Leitungsteam waren dies vor allem die DoktorandInnen des Kollegs, GastwissenschaftlerInnen und Postdocs – setzten sich unter anderem mit Promotionsprojekten, der Beobachtungsstelle für den Geschichtsunterricht im Europarat, verschiedenen Arten der Geschichtsvermittlung und der Historie der Stadt Strasbourg auseinander.
Das Treffen startete am 13. Juni mit einem Besuch von Katja Wagner und Peter Gottschalk von der ARTE G.E.I.E Zentrale in Strasbourg. Diskutiert wurden sowohl Fragen über die Programm- und Themenauswahl bei Arte als auch notwendige Anpassungen der Inhalte an das deutsche respektive französische Publikum. Dabei wurde die vielfältige Rolle der HistorikerInnen deutlich, die beispielweise als BeraterInnen, NarratorInnen oder SchauspielerInnen agieren.
Anschließend erfolgte ein digitales Gespräch mit Alain Lamassoure, seit 2021 Vorsitzender des Direktoriums der Beobachtungsstelle für den Geschichtsunterricht im Europa Rat. Das Ziel dieser liegt im Erhalten eines objektiven gesamteuropäischen Überblicks über die Art der europäischen Geschichtsvermittlung und langfristig einer Förderung des gemeinsamen europäischen Bewusstseins.
Das folgende Panel widmete sich dem Thema Rugby. Franz Kuhn (Universität des Saarlandes / Université de Lorraine) sprach zu Begegnung, Begrenzung, Bestrafung: Rugby als transnationales Grenzphänomen. Entsprechend dem thematischen Schwerpunkt des Kollegtreffens (Raumdiagnosen – Nationales und Transnationales) wurde augenscheinlich, dass Raumfragen auch die Betrachtung des Rugbysports erweitern kann. Verschiedene Dimensionen der Grenzthematik zeigen sich beispielsweise in der Überschreitung physischer (Länder-)Grenzen bei transnationalen Wettkämpfen oder in den Spielfeldgrenzen, aber auch in metaphysischen Begrenzungen wie jene zwischen gesellschaftlichen Milieus und Geschlechtern sowie Amateur- und Profisport.
Der Montag endete mit einem Gastvortrag von Silvain Schirmann, Professor für Geschichte der zeitgenössischen internationalen Beziehungen an der Universität Strasbourg, der zu Du franco-allemand et de la construction européenne. Quelques jalons d'un parcours d'historien referierte. Eingeleitet und moderiert wurde die Diskussion von Birte Wassenberg, Professorin für Zeitgeschichte an der Sciences Po Strasbourg.
Der zweite Tag begann mit einer historischen Stadtführung unter dem Motto Eine Stadt lesen. Strasbourg – Verflechtung europäischer Stadtentwicklungen. Rainer Hudemann (Sorbonne Université / Universität des Saarlandes) machte erlebbar, auf welch vielschichtige Art Strasbourg als Ankerpunkt von Verflechtungen und transnationalen Überlagerungen gesehen werden kann.
Am Nachmittag hielt dann Thomas Hoppenheit (Université du Luxembourg) einen Vortrag zu Vom Schuhmacher zum Flickschuster: das Luxemburger Schuhmacherhandwerk im Wandel der Zeit. Bereits in der vorangegangenen Quellenarbeit wurde deutlich, dass der Beruf des Schumachers bereits zu Beginn der Industrialisierung seinen Reiz verlor.
Der Dienstag endete mit einem Austausch mit Hélène Miard-Delacroix (Sorbonne Université) und Andreas Wirsching (Ludwig-Maximilians-Universität) über die Genese ihres gemeinsamen Buchprojekts. Der Dialogband erschien in Deutschland unter dem Titel Von Erbfeinden zu guten Nachbarn im Französischen als Ennemis héréditaires ? Un dialogue franco-allemand . Ähnlich der Produktion historischer Dokumentationen bei Arte wurde auch bei dieser Art der Geschichtsvermittlung deutlich, dass es mit einer einfachen Übersetzung nicht getan ist: eine multiperspektivische Geschichtsnarration muss auf die unterschiedlichen deutschen und französischen Publika eingehen.
Der letzte Workshoptag am Mittwoch startete mit einem Vortag von Mickäel Georgeault (Université de Strasbourg) zu Sécuriser un lieu "dense et intense" : la sûreté dans la redéfinition spatiale du terminal d'aéroport (années 1970-années 1990). Georgeault führte vor Augen, dass sich Flughäfen von öffentlichen Begegnungsstätten, die selbst Touristenattraktionen waren, zu Orten wandelten, bei denen verschiedene Konzepte die Aufteilung und Nutzung des Raumes immanent bestimmten.
Der Workshop klang am Nachmittag bei einem gemeinsamen Besuch der Cave Historique des Hospices de Strasbourg aus.
Einen ausführlicheren Bericht lesen Sie auf der Seite des Kollegs.
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Am 28. und 29. Juni 2021 fand der digitale Kick-off-Workshop der zweiten Förderphase des trinationalen Doktorandenkollegs "Internationale Geschichte interdisziplinär – Deutsch-französisch-europäische Perspektiven im 20. Jahrhundert (Universität des Saarlandes │Sorbonne Université │Universität Luxemburg)" statt.
Diese Gelegenheit nutzte das Leitungstrio – Dietmar Hüser, Hélène Miard-Delacroix und Andreas Fickers – mit den assoziierten Leitungsmitgliedern – Emmanuel Droit und Rainer Hudemann – gemeinsam mit den DoktorandInnen, um einen Ausblick auf die kommenden Jahre zu wagen sowie die Entstehung und Entwicklung des Kollegs kurz zu resümieren.
Auch die drei Vorträge der (ehemaligen) DoktorandInnen des Kollegs spiegelten diese Zielsetzung des Workshops wider, indem sie die Genese der (fast) abgeschlossenen Projekte in den Fokus rückten. Die Projektvorstellungen von Jürgen Dierkes, Lise Galand und Vitus Sproten einte übereinstimmende Leitfragen: Welche Forschungsfragen standen zu Beginn der Dissertation im Fokus und wie sah das Forschungsdesign letztendlich aus? Welche Stolpersteine und Probleme gab es im Laufe des Promotionsprojektes und wie wurde diesen begegnet? Auf diese Weise unterstrichen die Vorträge nicht nur den besonderen Charakter der Veranstaltung, sondern lieferten den DoktorandInnen spannende inhaltliche Einblicke in die vorgestellten Projekte sowie forschungspraktische Tipps.
In seinem Vortrag "'Ménage à trois?' Asymmetrische Dreiecksverhältnisse zwischen Städten in Frankreich, der Bundesrepublik und der DDR unter den Vorzeichen des Ost-West-Konflikts" sprach Jürgen Dierkes über die forschungsleitenden Fragen und resümierenden Thesen seines nun abgeschlossenen Projekts. Besonders widmete er sich der Frage, inwieweit die interkommunalen Dreieckskonstellationen der Mikroebene eine Miniaturabbildung der asymmetrischen Dreieckskonstellation (Ost- und Westdeutschland sowie Frankreich) auf der Makroebene darstellten.
Der erste Tag des Workshops endete mit dem öffentlichen Gastvortrag von Professor Christoph Cornelißen (Goethe-Universität Frankfurt). Mit seinem Vortrag, "Die Weltregion Europa im globalen Kontext", lieferte er u. a. spannende Innenansichten seines neuen Buches, das in der Reihe "neue Fischer Weltgeschichte" erschien und eine Synthese zur Geschichte Europas im 20. Jahrhundert bietet.
Am nächsten Tag widmete man sich dem Dissertationsprojekt von Lise Galand (Sorbonne Université), das sich in der Endphase befindet. Mit ihrem Werkstattbericht "L’Allemagne impériale et le spectre de l’encerclement (1906–1914): diffusion, circulation et transformation d’une notion dans l’espace public" gab sie den Zuhörenden gewinnbringende thematische Einblicke in ihr Projekt und wertvolle Hinweise zum Promotionsprozess.
Der dritte und letzte Werkstattbericht wurde von Vitus Sproten (Université du Luxembourg) beigesteuert. Mit "Der Klang des Strukturwandels. Die Geschichte der Freien Radios in den Niederlanden, Belgien und Nordrhein-Westfalen (1975–1990)" präsentierte er seinen Disputationsvortrag. Im Sinne des Konzepts der Veranstaltung ergänzte er diesen um Hinweise zur Genese des Projekts und ließ konkrete Hilfestellungen für die DoktorandInnen, insbesondere für die Endphase der Promotion, einfließen. Dies eröffnete den DoktorandInnen arbeitspraktische Perspektiven und dem Referenten Verbesserungsvorschläge für die anstehende Publikation.
Mit diesem thematischen Zuschnitt fand das Treffen des trinationalen Doktorandenkollegs vorerst zum letzten Mal in digitaler Form statt. Der nächste Workshop soll – wieder im Präsenzformat – im Januar 2022 in Strasbourg realisiert werden.
Die Broschüre zum Kollegtreffen können Sie hier einsehen.
Mit dem digitalen Workshop am 18. Mai 2021 ging die Reihe der virtuellen Ateliers des deutsch-französisch-luxemburgischen Doktorandenkollegs in die dritte – und vorerst letzte – Runde. Aufgrund positiver Rückmeldungen zu den zwei vorausgegangenen Veranstaltungen richtete der Lehrstuhl für Europäische Zeitgeschichte unter der Leitung von Prof. Dietmar Hüser und Prof. em. Rainer Hudemann ein weiteres digitales Atelier aus. Wieder setzte sich die Veranstaltung zum Ziel, den Doktorandinnen und Doktoranden eine Plattform zum gemeinsamen Austausch zu bieten, um so die Zeit bis zum nächsten regulären – aufgrund der Corona-Pandemie mehrfach verschobenen – Workshop bestmöglich zu überbrücken.
Das bereits im Kontext der bisherigen Workshops erprobte Format, einen thematischen und einen arbeitspraktischen Teil miteinander zu verknüpfen, wurde im Zuge des dritten Ateliers wieder aufgegriffen. Durch den thematischen Teil führte diesmal Rainer Hudemann, der nach Faktoren von und Strukturen hinter transnationalen Transfers fragte. Ausgehend von einem Grundlagentext diskutierten die Teilnehmenden darüber hinaus die Relevanz geschichtswissenschaftlicher Methoden für ihre jeweiligen Projekte.
An diese in der gemeinsamen Diskussion aufgeworfenen forschungsrelevanten zeithistorischen Themen konnte Dietmar Hüser im folgenden arbeitspraktischen Teil unmittelbar anknüpfen. In Kleingruppen konnten sich die Doktorandinnen und Doktoranden über die vorher diskutierten Inhalte weiter austauschen und in dem Zusammenhang konkret die eigene Promotionsphase kritisch reflektieren. Durch die Verbindung von wissenschaftlicher und eher informeller Kommunikationsformen konnten Doktorandinnen und Doktoranden aus verschiedenen Perspektiven Feedback zu den eigenen Projekten erhalten und mitunter gemeinsam Lösungsansätze hinsichtlich des Umgangs mit Quellen oder zu methodologischen Fragen erarbeiten.
In der abschließenden Diskussion hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, die aufgeworfenen Themen nochmal gemeinsam zu erörtern. Abermals hatte sich das Format des 'Überbrückungsateliers' als Plattform eines fruchtbaren digitalen grenzüberschreitenden Austauschs zwischen den Doktorandinnen und Doktoranden bewährt. Der Workshop bot auf diese Weise bereits einen kleinen Vorgeschmack auf die Kick-off Veranstaltung der nächsten Förderphase des trinationalen Doktorandenkollegs, die am 28. und 29. Juni 2021 virtuell via Zoom stattfinden wird.
In Anknüpfung an das im Februar eingeführte Format, fand am 31. März 2021, ausgerichtet vom Lehrstuhl für Europäische Zeitgeschichte und Prof. Hélène Miard-Delacroix (Sorbonne Université), ein weiteres virtuelles Atelier des deutsch-französisch-luxemburgischen Doktorandenkollegs statt.
Abermals untergliederte sich der Workshop in einen thematischen und einen arbeitspraktischen Teil. Das thematische Atelier stand ganz im Zeichen der Histoire des sensibilités. Prof. Hélène Miard-Delacroix, die diesen Teil moderierte und leitete, nahm die jüngste emotionsgeschichtliche Forschung in den Blick und zeigte das Potenzial einer histoire des mentalités auf. Die anschließende gemeinsame Diskussion um die methodologische Auseinandersetzung mit emotionshistorischen Fragestellungen stellte schließlich eine gute Überleitung zum arbeitspraktischen Teil des Ateliers dar.
Nach einer kurzen Einführung durch Prof. Dietmar Hüser teilten sich die Doktorandinnen und Doktoranden in Kleingruppen zu drei verschiedenen Themenbereichen auf. In virtuellen Konferenzräumen hatten die Teilnehmer*innen Gelegenheit, sich zu ,Veröffentlichung und Disputation‘, ‚Schreibprozess und Gliederung‘, sowie ‚Quellen und Literatur‘ auszutauschen.
Der internationale Charakter des Doktorandenkollegs lud ferner dazu ein, länderübergreifende Gemeinsamkeiten und Unterschiede – beispielsweise mit Blick auf den Disputationsprozess – zu eruieren. Der etwas informellere Rahmen der Kleingruppen bot außerdem die Möglichkeit, sich ungezwungen über individuelle Erfahrungen und mögliche Probleme auszutauschen, gemeinsame Ideen zu entwickeln sowie bestehende Kontakte zu intensivieren und neue Kontakt- und Kommunikationsformate zu erschließen. Eine gemeinsame Abschlussdiskussion diente schließlich dazu, den thematischen und den arbeitspraktischen Teil inhaltlich zusammenzuführen und final Bilanz zu ziehen.
Auch das zweite virtuelle Atelier trug den Bemühungen Rechnung, den Austausch der Doktorand*innen untereinander zu fördern und so die der Pandemie geschuldete Distanz ein Stück weit zu überbrücken. Das Format eines digitalen Workshops hatte sich vor diesem Hintergrund abermals bewährt, sodass am 18. Mai 2021 das virtuelle Atelier des deutsch-französisch-luxemburgischen Doktorandenkollegs in die dritte Runde gehen wird.
Gemeinsam mit Professor Emmanuel Droit (Sciences Po Strasbourg) veranstaltete der Lehrstuhl für Europäische Zeitgeschichte am 11. Februar 2021 ein virtuelles Atelier für die Doktorandinnen und Doktoranden des deutsch-französisch-luxemburgischen Doktorandenkollegs, an dem rund 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mitwirkten.
Gerade Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler leiden unter den Folgen der Pandemie. Nicht nur der Zugang zu Quellen und Literatur, sondern auch die wissenschaftliche Kommunikation ist enorm eingeschränkt. Das virtuelle Atelier diente den Promovierenden in zweierlei Hinsicht als Plattform: Gemeinsam mit der wissenschaftlichen Leitung erörterten sie thematisch-methodologische Fragen, gleichzeitig tauschten sie sich über den Stand ihrer Dissertationen aus.
Innerhalb des thematischen Ateliers ging es um die Historiografie der 1970er Jahre und die Frage, wie diese genuin (west-)europäisch konzipiert werden kann. Welche Mehrwerte lassen sich aus dem Dialog der verschiedenen (west-)europäischen Hysterografien generieren? Welche Rolle spielt Transnationalität für meine eigene Forschung und wie gehe ich mit historischen Vergleichen um? Diese und weitere thematisch-methodologische Fragen erörterten die Doktorandinnen und Doktoranden gemeinsam mit Emmanuel Droit. In der Diskussion wurde deutlich, dass auch Historikerinnen und Historiker in gewissem Maße durch ihre Nationalität und Sozialisation befangen sind. Um sich davon zu lösen, gilt es, den eigenen Standort genau zu verorten und sich mit verschiedenen Historiografien zu beschäftigen.
Während der zweiten Phase des Ateliers sprachen die Promovierenden über den Stand ihrer Projekte. Besonderen Raum nahmen hierbei die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Pandemie ein. Gleichzeitig wurde deutlich, dass aus diesen Unwägbarkeiten auch Chancen resultieren. So bringt der derzeitige Digitalisierungsschub auch den Doktorandinnen und Doktoranden gewisse Vorteile. Es bleibt zu hoffen, dass diese positiven Effekte nach dem Ende der Pandemie nicht abrupt abebben, sodass weiterhin Archive die Digitalisierung ihrer Quellen vorantreiben und Kolloquien oder Vorträge per Mausklick besucht werden können.
Auch das virtuelle Atelier hat gezeigt, dass dank digitaler Techniken ein gewinnbringender Austausch ohne physische Präsenz möglich ist. Für den Kick-off-Workshop der zweiten Förderphase des Kollegs hofft der Lehrstuhl für Europäische Zeitgeschichte allerdings, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf dem Saarbrücker Campus begrüßen zu dürfen.
Das Programm zu der Veranstaltung können Sie hier einsehen.
Nachdem das deutsch-französisch-luxemburgische Doktorandenkolleg im Frühjahr diesen Jahres aufgrund der Corona-Krise leider nicht stattfinden konnte, kamen die Teilnehmer*innen des Kollegs rund um das Leitungsteam (Prof. Dietmar Hüser, Prof. Hélène Miard-Delacroix und Prof. Andreas Fickers) am 7. Oktober 2020 zu einem gemeinsamen virtuellen Austausch zusammen. In dem vierstündigen Workshop stellten drei Doktorand*Innen ihre Dissertationsprojekte in Form von Werkstattberichten vor.
Melanie Bardian (Universität des Saarlandes) sprach in ihrem Vortrag "Amerika an der Saar 1957-1983: Institutionen, Debatten, Perspektiven" über Aktivitäten und politische Zielsetzungen des Deutsch-Amerikanischen Instituts in der saarländischen Landeshauptstadt. Kommentiert wurde ihr Beitrag von Fabio Spirinelli (Université du Luxembourg). Nicolas Batteux (Sorbonne Université) stellte anschließend sein Dissertationsprojekt über das Krisenmanagement rund um den 'Mai 1968' auf der deutschen und französischen Seite innerhalb der sozial-demokratischen bzw. sozialistischen Parteien vor. Phillip Didion (Universität des Saarlandes) übernahm den Kommentar für diesen Werkstattbericht. Die letzte Präsentation von Jessica Burton (Université du Luxembourg) nahm den französisch-belgischen Comic (la bande dessinée) als politisches Instrument kritisch in den Blick. Abschließend kommentiert wurde der Vortrag von Anna Gvelesiani (Sorbonne Université).
Auch wenn bei diesem Kollegtreffen das persönliche Zusammensein fehlte, konnten doch durch das digitale Format neue Möglichkeiten zum grenzüberschreitenden Austausch erprobt werden. Neben den Vorträgen und den Kommentaren bot der digitale Workshop Raum zur Diskussion der drei vorgestellten Projekte im Plenum. Wichtig war auch das gemeinsame Gespräch aller Doktorand*Innen über den Stand der Projekte. Gerade vor dem Hintergrund der Einschränkungen der Pandemie hat sich gezeigt, wie unverzichtbar ein solcher Austausch ist, egal ob persönlich oder digital.
Weitere Informationen zum ersten digitalen Workshop des trinationalen Doktorandenkollegs finden Sie in der Veranstaltungsbroschüre.
Mit dem November-Workshop ging das deutsch-französisch-luxemburgische Doktorandenkolleg Internationale Geschichte interdisziplinär: Deutsch-französische-europäische Perspektiven im 20. Jahrhundert in die sechste Runde. Vom 20. bis zum 22. November 2019 kamen Teilnehmer*innen des Kollegs, das Leitungsteam (Prof. Dietmar Hüser, Prof. Hélène Miard-Delacroix und Prof. Andreas Fickers) sowie assoziierte Mitglieder zusammen, um sich mit dem Jahresschwerpunkt ‚Zeitdiagnosen: Krisen und Aufbrüche‘ auseinanderzusetzen. Das Modul 2 Theorie und Praxis bot dabei die Gelegenheit, Berufspraktisches in den Blick zu nehmen und Geschichtliches ‚greifbar‘ zu machen.
Die ersten beiden Workshop-Einheiten am Mittwoch und am Donnerstagmorgen waren geprägt von Gruppenarbeitsphasen mit Text- und Quellenanalysen und den Präsentationen der Dissertationsprojekte von Aurélia Lafontaine (Université du Luxembourg) und Ann-Kristin Kurberg (Universität des Saarlandes).
Aurélia Lafontaine sprach in ihrem Vortrag „L’administration des postes et des télégraphes. Une institution entre responsabilité internationale et intérêts nationaux.“ unter anderem über internationale Verflechtungen und nationale Besonderheiten der Institution Post im Großherzogtum Luxemburg. Kommentiert wurden ihre Ausführungen von dem Luxemburger Zeithistoriker Dr. Stefan Krebs (Université du Luxembourg), der auch wertvolle Impulse für die nachfolgende Diskussion einbrachte. Ann-Kristin Kurberg ging in ihrem Beitrag „‚Auf dem Gebiet der leichten Muse gibt es keine nationalen Grenzen‘ –Transnationale Verflechtungen in der bundesdeutschen und französischen Fernsehunterhaltung“ der Frage nach, inwieweit der Wandel, den das Fernsehen in den 1960er Jahren erlebte, auch zu einer Transnationalisierung der bundesdeutschen und französischen Fernsehunterhaltung geführt hat. Den anschließenden Kommentar übernahm Prof. Dr. Valérie Schafer (Université du Luxembourg), die mit ihrer Expertise in Contemporary European History den Vortrag anregend ergänzen konnte.
Die verschiedenen Mitarbeiter des Centre for Contemporary and Digital History gestalteten den praktischen Teil des Workshops am Nachmittag ganz im Sinne ihres digitalen Schwerpunktes: Sie führten in das Konzept des Transmedia Storytelling ein und brachten anhand verschiedener Beispiele methodologische und praktische Aspekte zusammen. Die anschließenden Diskussionen drehten sich vor allem um mögliche Adaptionstechniken für die jeweiligen Projekte. Des Weiteren eruierten die Diskussionsteilnehmer*innen aber auch mögliche Schwierigkeiten und Probleme.
Im anschließenden Praxis-Workshop entwickelten die Teilnehmer*innen Tweets, um ‚Geschichte(n) des Krisenjahres‘ 1979 zu erzählen. So konnte die inhaltlich-thematische Ausrichtung des Jahresschwerpunktes mit den Aspekten des berufspraktischen Teils verknüpft sowie das Gehörte an konkreten Beispielen angewendet werden. Gleichzeitig stellten die Gruppenarbeiten eine gute Überleitung zum Abendvortrag von Prof. Dr. Frank Bösch dar, der zum Thema „Zukunftshandeln in globalen Krisen: Bundesdeutsche Praktiken in den 1970/80er Jahren“ referierte.
Am Freitag widmeten sich die Kollegteilnehmer*innen nach einer quellenkritischen Auseinandersetzung mit verschiedenen Pressemeldungen dem Werkstattbericht „Le combat pour une parole libre : La liberté de la presse et la censure dans les débats français et allemands autour de Charlie Hebdo (2015-2017)“ von Anna Gvelesiani (Sorbonne Université). Mit wertvollen Anregungen für die Vortragende und die Zuhörenden kommentierte Dr. Estelle Bunout (Université du Luxembourg) den Bericht. Die daran anknüpfende Diskussion schaffte nochmals die Rückkopplung zu dem Jahresschwerpunkt sowie den berufspraktischen Elementen des Transmedia Storytelling und bot somit einen runden Abschluss des Novemberworkshops.
Die Broschüre zu der Veranstaltung können Sie hier einsehen.
Die Mauern der altehrwürdigen Sorbonne Université boten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des fünften Workshops des trinationalen Doktorandenkollegs eine einzigartige Kulisse, um sich über die eigenen Promotionsprojekte auszutauschen, aktuelle Forschungsfragen zu diskutieren und den Jahresschwerpunkt Zeitdiagnosen: Krisen und Aufbrüche aus verschiedenen Blickwinkeln heraus zu betrachten.
Isabell Koch (Sorbonne Université/Universität Düsseldorf) eröffnete mit ihrem Vortrag über deutsche Kriegsgefangene im französischen Gewahrsam in der Zeit von 1914 bis 1920 den Workshop. In Gruppen diskutierten die Teilnehmenden zunächst Quellen und Literatur zum Thema. Die von Isabell Koch gestaltete Gruppenarbeit half nicht nur, ins Thema einzufinden. Sie warf auch ein Dilemma auf, das wohl viele Promovierende beschäftigt: Welchen Umfang an Quellenarbeit kann ich leisten? An welchem Punkt ist es gerechtfertigt, auch durchaus spannende Quellen nicht mehr in meine Analyse einfließen zu lassen? Innerhalb des Vortrages charakterisierte die Referentin die Geschichte der Kriegsgefangenen als überaus wechselseitig: Um die Situation der deutschen Kriegsgefangenen in Frankreich verstehen zu können, müsse auch stets die Situation der französischen Gefangenen in Deutschland miteinbezogen werden, so Isabell Koch. Verschlechterte eine Partei die Situation der gegnerischen Gefangenen, sanktionierte dies die Gegenpartei und die Situation für die Gefangenen aus beiden Ländern verschlimmerte sich. So waren der Alltag der Gefangenen und die internationale Politik wie auch Krisen- und Aufbruchssituationen eng miteinander verwoben. Dr. Fabien Théofilakis (Panthéon-Sorbonne) kommentierte den Vortrag und fokussierte die Frage nach der Freund-Feind-Wahrnehmung der Gefangenen und machte deutlich, dass der Alltag der deutschen Gefangenen auch dem Prestigestreben Frankreichs untergeordnet wurde. Er konstatierte, dass die Arbeitseinsätze der deutschen Kriegsgefangenen in Nordafrika vor allem den militärischen Erfolg Frankreichs demonstrieren sollten.
Am Donnerstag widmeten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zunächst dem DFG-Projekt von Ansbert Baumann (Universität Saarbrücken/Universität Tübingen/Sciences Po Paris) zu Fußball und Migration in Frankreich und Westdeutschland in den langen 1960er Jahren. Gestartet wurde mit der Analyse einer Vielzahl von Quellen, die Ansbert Baumann zur Verfügung stellte. Dies verdeutlichte, wie vielschichtig die Geschichte des Fußballsports ist und dass die verschiedenen Dimensionen von großer Politik bis Fußballspielen auf Kreisliganiveau eng verflochten sind. Kommentiert wurde der Vortrag von Julien Beaufils (Université Sorbonne Nouvelle/Université de Lille), der sich in seiner Dissertation mit der Rolle des Sports in der DDR befasst.
Anschließend referierte Benjamin Zenner (Universität Luxemburg) über den gesetzlichen und institutionellen Rahmen der Bankenaufsicht in Luxemburg in der Zeit von 1945 bis 1984. Welche inländischen und ausländischen Entscheidungen und Entwicklungen oder Krisen und Aufbrüche machten Luxemburg zu einem der bedeutendsten Finanzplätze weltweit? Inwiefern beeinflusste die angebliche "Politik der kurzen Wege" im Großherzogtum diese Entwicklung? In der vorangegangenen Gruppenarbeit analysierten die Teilnehmenden Quellen, die Einsichten über die Interaktion zwischen Banken und Politik liefern. Prof. Dr. Rainer Hudemann (Sorbonne-Université/Universität des Saarlandes) betonte in seinem Kommentar die überaus spannende Genese des Großherzogtums und dass die steten Umbrüche auch Spuren in der Wirtschafts- und Finanzpolitik des heutigen Luxemburg hinterließen.
Am Abend fand sich die Gruppe mit weiteren Interessierten in der Maison Heinrich Heine zusammen. Dort referierte Prof. Dr. Emmanuel Droit (Sciences Po Strasbourg) über das Umbruchsjahr 1989. Besonders thematisierte er hierbei die Frage, auf welche Weise wir als HistorikerInnen Zeit beschreiben und dekonstruieren sollten. Die rege Diskussion wurde am Folgetag fortgesetzt. Den kompletten Vortrag von Emmanuel Droit sowie die anschließende Diskussion können Sie sich auf der Homepage der Maison Heinrich Heine anschauen.
Der Workshop endete am Freitag mit einem Vortrag von Dr. des. Zoé Kergomard (Deutsches Historisches Institut). Sie gab spannende Einblicke in ihre aktuelle Forschung zum politischen System der Schweiz. Zoé Kergomard diskutierte unter anderem die Frage nach einer Krise der politischen Parteien in den 1960er Jahren und dem – in der Schweiz äußerst verspäteten – Aufbegehren der Schweizerinnen. In diesem Kontext charakterisierte die Referentin das Jahr der Einführung des Frauenwahlrechts in der Schweiz als 'leise Wende'. Emmanuel Droit kommentierte den Vortrag.
Der vierte Workshop des trinationalen Doktorandenkollegs fand vom 14. bis zum 16. November 2018 in Saarbrücken statt. Das wissenschaftliche Leitungsteam, die Doktorandinnen und Doktoranden sowie assoziierte Mitglieder des Kollegs kamen zusammen, um sich unter anderem mit Dissertationsprojekten auseinanderzusetzen, in Arbeitsgruppen zu diskutieren, die Geschichte des Saarlandes näher kennenzulernen und um Berufspraktisches in den Blick zu nehmen.
Eine herausragende Bedeutung innerhalb der Veranstaltung nahm das Archivwesen ein. Dies verdeutlicht nicht zuletzt der Veranstaltungsort: das Stadtarchiv Saarbrücken. So wurden dem Doktorandenkolleg nicht nur dankenswerterweise die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt, sondern der Leiter des Stadtarchivs, Dr. Hans-Christian Herrmann, stand am Mittwochnachmittag für einen Vortrag und eine Führung persönlich Rede und Antwort. Er gab äußerst spannende Einblicke in die berufliche Ausbildung, die Aufgaben eines öffentlichen Archivs und verdeutlichte, mit welchen Herausforderungen er in seinem beruflichen Alltag konfrontiert ist. Vor allem die Problematik rund um urheberrechtliche Fragen und damit einhergehende Probleme der Zugänglichkeit und Digitalisierung von Quellen wurde im Plenum teilweise hitzig debattiert – wirken sie sich doch spürbar auf die Forschungspraktiken der (Nachwuchs-)WissenschaftlerInnen aus. Gemeinsamer Konsens scheint es zu sein, dass sich sowohl die Forschenden als auch die im Archivwesen Tätigen mehr (juristische) Hilfestellung von Seiten der Politik wünschen.
Der Donnerstagmorgen startete mit einer Führung durch das Historische Museum Saar, die sich vor allem auf die Jahre zwischen 1870 und 1959 fokussierte. Dort lernten die TeilnehmerInnen die Geschichte des Saarlandes besser kennen und erfuhren, wie wichtig die Verflechtungen zwischen Luxemburg, Frankreich und dem Saarland für die Genese des jüngsten der "alten Bundesländer" war.
Anschließend widmeten sich die TeilnehmerInnen der Dissertation von Fabio Spirinelli (Université du Luxembourg), der zu dem Thema "Histoire de la politique culturelle au Luxembourg" arbeitet. In Gruppen analysierten die DoktorandInnen gemeinsam mit den GastwissenschaftlerInnen Quellen zur Jahrhundertfeier Luxemburgs, die im April 1939 begangen wurde. Daran anknüpfend sprach Fabio Spirinelli in seinem Vortrag "Pour une histoire de la politique culturelle au Luxembourg. L’exemple de l’entre-deux-guerres et du Centenaire de l’Indépendance en 1939" unter anderem über die Konzepte des Nation Building und Nation Branding im Zusammenhang mit den kulturpolitischen Aktivitäten des Großherzogtums.
Dr. Manfred Grieger zeigte in seinem Gastvortrag "Unternehmens- und Wirtschaftsarchive. Geschichtsakteure zwischen Klio, Kommerz und Kommunikation" auf, wie stark sich die Arbeit im Privatarchiv von jener im staatlichen Archiv unterscheidet. Der ehemalige Leiter der Historischen Kommunikation der Volkswagen AG erläuterte die Besonderheiten des privaten Archivwesens, wie Public History und Unternehmensgeschichte zusammengebracht werden können und einige Probleme der Geschichtskonjunktur. Gespickt mit persönlichen Expertisen und Tipps für die DoktorandInnen war es ein außerordentlich interessanter und kurzweiliger Vortrag.
Am Freitag stand mit der Zeitschrift BRAVO Populärkulturelles auf dem Plan. Zunächst erarbeiteten die TeilnehmerInnen anhand exemplarischer BRAVO-Artikel, wie weibliche Körper und (jugendliche) Sexualität in den 1960er und 1970er diskursiv verhandelt wurden. Darauf rekurrierend sprach Aline Maldener (Universität des Saarlandes) zu "Baby Doll und Muskelprotz. Jugendkörper in europäischen Jugendmedien der 1960er und 70er Jahre" und präsentierte somit gleichzeitig einen Ausschnitt ihrer Dissertation zu "Transnationalität populärer Jugendkultur. Jugendmedien in der Bundesrepublik Deutschland, in Großbritannien und Frankreich, 1964–1981". Die Referentin verdeutlichte, dass uns Körpergeschichte als Kulturgeschichte gedacht, Aufschluss über die "Paradoxien der 70er" geben kann.
Kommentiert wurden die Vorträge von Aline Maldener und Fabio Spirinelli von dem Wirtschafts- und Sozialhistoriker Michael Buchner (Universität des Saarlandes). Er gab nicht nur den Vortragenden, sondern auch den Zuhörenden Impulse zu den laufenden Projekten und verstärkte die Rückbindung an das Jahresthema des Kollegs Gesellschaftsdiagnosen: Diversität und Transversalität.
Vom 30. Mai bis zum 1. Juni 2018 fand der dritte Workshop des trinationalen Doktorandenkollegs statt. In Luxemburg kamen das wissenschaftliche Leitungsteam (Prof. Dietmar Hüser, Prof. Hélène Miard-Delacroix und Prof. Andreas Fickers), die TeilnehmerInnen des Kollegs sowie Gast- und NachwuchswissenschaftlerInnen zusammen. Im Fokus des Workshops stand das Thema "Migration in Luxemburg", wodurch die TeilnehmerInnen nicht nur das dritte Partnerland besser kennen lernten, sondern zugleich ein gelungener Einstieg in das neue Jahresthema Gesellschaftsdiagnosen "Diversität und Transversalität" gegeben wurde.
Der Workshop startete mit einem Gastvortrag von Dr. Denis Scuto (C²DH – Université du Luxembourg), der einen Überblick über die Migrationsgeschichte Luxemburgs seit der Industriellen Revolution gab. Anschließend stellte Anita Lucchesi (Université du Luxembourg) ihr Dissertationsprojekt "Shaping a digital memory plattform on migration narratives: A public history project on Italian and Portuguese migration memories in Luxembourg" vor. Kommentiert wurde der Werkstattbericht von Prof. em. Dr. Rainer Hudemann (Universität des Saarlandes / Sorbonne Université).
Der zweite Tag der Doktorandenschule begann mit einem Besuch des Centre de Documentation sur les Migrations Humaines (CDMH) in Dudelange und der vergleichenden Präsentation der virtuellen und physischen Ausstellung zum Ersten Weltkrieg in Luxemburg. Dr. Sandra Camarda (C²DH – Université du Luxembourg) führte zunächst durch die physische Ausstellung, bei der die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges auf die Migrationsgeschichte von Dudelange beleuchtet werden. Anschließend brachte Sie den TeilnehmerInnen des Workshops die digitale Ausstellung Éischte Weltkrich: Remembering the Great War in Luxembourg näher.
Erlebbar wurde die bewegte Geschichte von Dudelange, die von Einwanderern aus Italien geprägt ist, durch einen geführten Rundgang durch das umliegende Quartier Italien. Danach berichtete Jost Richter (Universität des Saarlandes) über den Stand seines Promotionsvorhabens"Die politische Auseinandersetzung mit der Euro-Krise in Deutschland und Frankreich". Der Kommentar von Dr. Elena Danescu (C²DH – Université du Luxembourg) wurde stellvertretend von Benjamin Zenner vorgetragen. Der Donnerstag endete mit einer Führung durch Luxemburg-Stadt.
Der letzte Tag des Workshops brachte den TeilnehmerInnen Einblicke in das Dissertationsprojekt von Pascal Schneider (Sorbonne Université / Universität des Saarlandes). Er referierte zu "L’étude sociologique des membres du NSDAP dans les territoires annexés au IIIème Reich de 1938 à 1944 (Alsace, Moselle, Eupen-Malmédy, Sudètes), entre diversité et transversalité". Dr. Sonja Kmec (Institut d’histoire – Université du Luxembourg) kommentierte den Vortrag.
Im nachfolgenden Programmpunkt "Gesellschaftsdiagnosen – Ausblick" richtete das Leitungsteam den Fokus erneut stärker auf das diesjährige Leitthema des Kollegs. Prof. Dietmar Hüser, Prof. Andreas Fickers und Prof. Hélène Miard-Delacroix stellten Forschungsliteratur vor, die relevante und interessante Analysen von gesellschaftlichen Wandlungsprozessen bieten.
Abschließend stellten Jasmin Nicklas (Universität des Sarlandes) und Paul Maurice (Sorbonne Université) die Interdisziplinäre Forschungsgemeinschaft Frankreich-Deutschland (IFFD) / Groupe Interdisciplinaire de Recherche Allemagne-France (GIRAF) vor.
Vom 8. bis zum 10. November tagte das Doktorandenkolleg in Paris. Dort trafen sich das wissenschaftliche Leitungsteam (Prof. Dietmar Hüser, Prof. Hélène Miard-Delacroix und Prof. Andreas Fickers), die TeilnehmerInnen des Kollegs sowie Gast- und NachwuchswissenschaftlerInnen um gemeinsam über das diesjährige Leitthema Raumdiagnosen "Nationales & Transnationales" zu diskutieren. Neben dieser theoretisch-methodischen Komponente nahm auch der Blick in die (Berufs-)Praxis einen wichtigen Platz ein.
Die Frage nach den methodologischen und inhaltlichen Besonderheiten und Herausforderungen, die das Bearbeiten transnationaler Forschungsvorhaben mit sich bringt, bildete eine Klammer, die die einführenden Gruppenarbeiten am Mittwochnachmittag und die Vorstellung der Dissertationsprojekte von Jasmin Nicklas (Universität des Saarlandes), Vitus Sproten (Université du Luxembourg) und Sophie Bouiller (Université Paris-Sorbonne) am Donnerstag umfasste. Die Vorträge der Promovierenden wurden von dem Gastwissenschaftler Dr. Christian Wenkel kommentiert.
Der Donnerstag endete mit dem Gastvortrag "Histoire et audiovisuel: une expérience personnelle" von Prof. Jean-Noël Jeanneney. Der ehemalige Präsident von Radio France plädierte dafür, dass HistorikerInnen in aktuellen gesellschaftlichen und politischen Debatten Stellung beziehen und der Öffentlichkeit ihre Expertisen zugänglich machen.
Der Freitag startete mit dem Vortrag von Prof. Andreas Fickers zur "Verortung des Radios als Medium der Geschichte". Er verdeutlichte unter anderem die Interferenz zwischen technischen Möglichkeiten, Kommunikationsweisen und -räumen sowie den verschiedenen Akteuren, die die Nutzung und Gestaltung des Radios prägten.
Anschließend erlaubte Jean Lebrun, renommierter Journalist und Produzent der Sendung La marche de l’histoire, den TeilnehmerInnen des Workshops einen einmaligen Einblick in die Maison de la Radio von Radio France.
Die Auftaktveranstaltung des deutsch-französisch-luxemburgischen Doktorandenkollegs "Internationale Geschichte interdisziplinär - Deutsch-französisch-europäische Perspektiven im 20. Jahrhundert" fand vom 17. bis zum 19. Mai 2017 auf dem Campus der Universität des Saarlandes statt und war mit einer feierlichen Eröffnung des Kollegs verbunden. Gestartet wurde am Mittwochabend mit einer Kennenlernrunde in der Undine in Saarbrücken. Der Festakt folgte am 18. Mai im Graduate Centre der UdS mit einem Festvortrag von Hartmut Kaelble, emeritierter Professor für Sozialgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin und seit vielen Jahren einer der renommiertesten deutsch-französischen Mittlerfiguren im Bereich der Zeitgeschichtsforschung. Hartmut Kaelble sprach über die "Geschichte der sozialen Ungleichheit in Europa seit 1945 - Neue deutsch-französische Divergenzen". Anschließend tagten die teilnehmenden Doktoranden im Graduate Centre der Universität des Saarlandes.