Vortrag: Zwischen Fake News, Filter Bubble und Hasskriminalität. Medienvielfalt in der digitalen Informationslandschaft
Vortrag: Zwischen Fake News, Filter Bubble und Hasskriminalität. Medienvielfalt in der digitalen Informationslandschaft
Themen von tagespolitischer Relevanz standen am Dienstag, dem 6. Juni 2017, auf der Tagesordnung der Rechtswissenschaftlichen Fakultät. Frau Dr. iur. Anja Zimmer, Direktorin der Medienanstalt Berlin Brandenburg, sprach vor rund 100 Zuhörerinnen und Zuhörern zum Thema „Zwischen Fake News, Filter Bubble und Hasskriminalität. Medienvielfalt in der digitalen Informationslandschaft“. Der Vortrag gehörte zu der Veranstaltungsreihe „Informations- und Medienrechtlichen Kolloquium Saarbrücken (IMK)“.
Nach Ansicht der Referentin können „Filter Bubbles“ im Internet – also die Entstehung virtueller Meinungsräume, in denen sich die Nutzer gegenseitig in einer bestimmten Ansicht bestärkten und von äußeren Einflüssen abgeschirmt sind – weder genau definiert noch gemessen werden. Es sei aber äußerst wahrscheinlich, dass sie eine ernsthafte Bedrohung für westliche Demokratien darstellten. „In Amerika sehen wir das schon sehr viel deutlicher als bei uns – aber die Entwicklungen dort vollziehen sich mit etwas Verzögerung meistens auch bei uns“, sagte Frau Zimmer in ihrem lebhaften, immer wieder das Publikum einbeziehenden Vortrag. Filter Bubbles seien die Folge einer wachsenden Bedeutung von Intermediären für die Informationsauswahl des Einzelnen. Zwar hätten die sogenannten Offline-Medien und das persönliche Gespräch noch heute einen überwiegenden Anteil an der Informationsgewinnung. Immer öfter übernähmen aber Anbieter wie Facebook und Google die Aufgabe, dem Medienkonsumenten aus der Informationsflut des Internets die für ihn relevanten Informationen herauszufiltern. Die Selektion erfolge jedoch nicht nach Gesichtspunkten des Meinungspluralismus, sondern unter Beachtung einer wirtschaftlichen Rationalität, nämlich der Generierung von Klickzahlen zwecks Erwirtschaftung von Werbegeldern. Die vom Intermediär erstrebte Reaktion des Medienkonsumenten erfolge vor allem dann, wenn die dem Betrachter präsentierten Artikel seiner Weltanschauung entsprechen. Dies führe zu einer verzerrten Wirklichkeitswahrnehmung, die für die Gesellschaft bedrohlich werden könne. Zwar sei Informationsauswahl notwendig, dass Problem bei Google und Facebook sei aber, dass „ein anderer für die Menschen die Informationsauswahl übernimmt und ihnen nicht sagt, nach welchen Kriterien er handelt“.
Mit Skepsis begegnet Frau Zimmer den jüngsten Gesetzentwurf des Bundesministeriums der Justiz für ein „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“, das eine Verpflichtung der Betreiber von Internetplattformen zur Löschung offensichtlich rechtswidriger Inhalte, sogenannter „Hate Speeches“, vorsieht. Fraglich sei schon, ob der Bundesgesetzgeber zur Regelung dieser Frage überhaupt über die Gesetzgebungskompetenz verfüge oder ob hier nicht die Länder tätig werden müssten. Schwierigkeiten bereite überdies die Feststellung, was mit einer „offensichtlich rechtswidrigen“ Äußerung gemeint sei. In der bisherigen Praxis stehe hierfür eine Beurteilungszeit von gerade einmal 60 Sekunden zur Verfügung – eine Bemerkung, die vor allem unter den anwesenden Jurastudenten für einige Heiterkeit sorgte.
Die seit der Präsidentschaft von Donald Trump berühmt gewordenen „Fake News“ untergraben nach Ansicht von Frau Zimmer zwar ebenfalls das westliche Gesellschaftsverständnis, können aber nur schwer mit den Mitteln des Rechts bekämpft werden. „Wer soll entscheiden, welche Meldungen inhaltlich korrekt sind?“, fragte die Juristin ihr Publikum. Eine staatliche Wahrheitsprüfung könnte sich als Einfallstor für eine fragwürdige hoheitliche Beeinflussung von Debatten erweisen. Zudem stelle sich angesichts der schon bestehenden strafrechtlichen Regelungen zur Verleumdung und zur üblen Nachrede die Frage, ob neue Gesetze wirklich erforderlich seien.
Mehre Infos zum IMK finden sich unter folgendem Link: