Gelungenes Zeitmanagement

Strategies for more focused working and writing

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Gegen Unkonzentriertheit beim Arbeiten und Schreiben muss jeder von uns tagtäglich ankämpfen. Gerade unter Corona dehnt sich aber die Zeit, die wir am Computer verbringen, immer weiter aus. Der Besuch sozialer Netzwerke oder verschiedenster Nachrichtenportale, das wahllose Surfen im Internet bieten eine stets verfügbare Zerstreuung und damit nicht selten eine willkommene Abwechslung zu den anstrengenden Arbeitsverpflichtungen. Eine McKinsey-Studie von 2012 besagt, dass etwa 60 % der wöchentlichen Arbeitszeit auf elektronische Informationssuche und Kommunikation, 28 % allein auf das Lesen und Beantworten von E-Mails entfallen.
Durch derlei Ablenkungen tritt der sogenannte ‚Sägeblatteffekt‘ ein: Eine auch noch so kleine Störung von nur ein bis drei Sekunden, z.B. durch das Piepen eines E-Mail-Eingangs oder das Klingeln des Handys, senkt die Konzentration jedes Mal auf Null, die wertvollen Zeitintervalle des intensiv produktiven (Schreib)arbeitens werden quasi ‚zersägt‘. Bis die volle Konzentration wieder aufgebaut ist, dauert es einige Minuten (‚Wo war ich gerade? Was wollte ich als Nächstes tun?‘). Bei wiederholten Störungen wird die Qualität der Konzentration immer schwächer und am Ende liegt der Zeitverlust zwischen 20 und 40 %. Für eine umfangreiche Schreibarbeit (etwa eine Bachelor- oder Masterarbeit) braucht man aber einen langen Atem und ein Minimum an Ablenkungen.

Welche Methoden helfen uns auf den Weg zurück zu einer effizienten und damit auch erfüllenden Arbeitsweise? Cal Newport, ein US-amerikanischer Informatikprofessor, nennt dieses intensive, konzentrierte Nachdenken, die auch einer größeren Schreibarbeit zugrundeliegen, deep work, und so heißt auch sein Bestseller aus dem Jahr 2016. Er erzählt dort, wie große Wissenschaftler, Gelehrte oder Künstler gegen Ablenkungen vorgegangen sind: Der berühmte Psychiater C.G. Jung schuf sich einen Rückzugsort, einen Büroraum, zu dem nur er den Schlüssel hatte und den niemand ohne Erlaubnis betreten durfte. Der Naturwissenschaftler Charles Darwin richtete sich einen ‚Denkweg‘ über sein Anwesen ein: Am Ausgangspunkt häufte er Steine auf, von denen er bei jeder Runde einen wegstieß. Je nach Anzahl nannte er dann sein Problem, das er beim Spaziergang gewälzt hatte, z.B. ein ‚Vierkiesel-Problem‘. Der Filmemacher Woody Allen  schrieb jahrzehntelang ohne jede elektronische Ablenkung seine zahllosen Filme und Bücher auf einer alten Schreibmaschine. Und selbst der Technikfreak und Microsoft-Chef Bill Gates zog sich regelmäßig in eine abgelegene Hütte zu seinen ‚Denkwochen‘ zurück, um vom Nachdenken und Lesen zum Schreiben zu kommen.

Nicht jeder von uns hat ein Anwesen, auf dem er längere Spazierwege markieren kann und vielleicht auch nicht das Geld, sich mehrmals im Jahr aufs Land zurückzuziehen. Da kommen Cal Newports Tipps, wie störungsfreies Arbeiten und Schreiben auch anders gelingen kann, gerade recht. Newports Anregungen sind zwar der Zeitmanagement-Forschung weitgehend bekannt und beziehen sich auch auf die Welt des Business, sind aber deswegen nicht weniger wichtig und richtig.

 

Zeitmanagement-Strategie: Adlerflug
  • Schreib` deine Aktivitäten vom Aufstehen bis zum Schlafengehen minutiös in einer Tabelle auf (linke Spalte).  

  • Gleichzeitig siehst du dir in einer zweiten Spalte an, für welche Aktivitäten du besonders viel Zeit brauchst und welche du als störend wahrnimmst.  

  • Notiere in der dritten Spalte, wie es dir dabei geht („Ich fühle mich…“) 

  • Zugegeben, es ist erstmal mühsam, 14 Tage lang auch die kleinste Aktivität schriftlich festzuhalten; aber nur so erkennst du Zeitfresser und kannst abwägen, ob die eine oder andere Tätigkeit nicht auch gebündelt oder schneller erledigt werden kann, vielleicht sogar verzichtbar ist. 

Eine Vorlage von Nussbaum ist kostenlos hierüber zu erreichen. 

Termine, Termine… 

Welche Termine können oder sollen denn nun in den Kalender? 

Da sind einmal die Kurse, die im Semester belegt werden müssen, diverse Arbeitsgruppen, dann die Referats-, Prüfungs- und Abgabetermine, beispielsweise von Hausarbeiten. Vielleicht ist da auch noch ein Job mit festen Arbeitszeiten. Dazu kommen private Termine: Arztbesuche, Autowerkstatt, Besuch bei den Eltern, Sportkurse usw. Aber auch die zeitfressenden Alltagspflichten wie Einkaufen, Putzen oder Wäschewaschen dürfen nicht vergessen werden. Und nicht zuletzt braucht es außerdem Zeit, seine sozialen Kontakte zu pflegen. 

Wichtig ist es, das Setzen von Prioritäten zu lernen: Ist der nächste Abgabetermin erst nächsten Monat, so dass du dich entspannt mit einer Freundin auf ein Eis verabreden kannst? Oder hast du vielleicht nur noch ein oder zwei Tage Zeit und stehst enorm unter Druck, weil immer noch zwei Kapitel fehlen? 

Wichtig!! Wirklich??

Hier kann z. B. die Eisenhower-Matrix – benannt nach dem amerikanischen Präsidenten Dwight D. Eisenhower – weiterhelfen, mit der du alle anstehenden Aufgaben in die Kategorie ‚dringlich‘ und ‚wichtig‘ einordnen kannst. Daraus ergibt sich wiederum, ob die betreffende Aufgabe A) selbst und sofort erledigt werden muss, B) erst später oder C) an Dritte delegiert werden kann bzw. D) evtl. gar nicht ausgeführt werden muss. So ergeben sich vier Kategorien: 

  • wichtig und dringend 

  • wichtig, aber nicht dringend 

  • nicht wichtig, aber dringend 

  • nicht wichtig und auch nicht dringend.  

Visualisiert in einer Matrix, sieht die Prioritätenübersicht dann so aus:   

Zeitmanagement-Strategie: Prioritätenmatrix
 dringendnicht dringend
wichtigAB
nicht wichtigCD
  • Zu Bereich A gehören die echten Krisensituationen, z. B. ein Rechnerabsturz. Solche Ereignisse lassen sich schlecht delegieren und auf später verschieben. 

  • Zu Bereich C zählen die typischen Störungen wie das Klingeln des Telefons oder das Blinken einer eingehenden E-Mail. Dieser Bereich wird auch „Quadrant der Täuschung“ genannt, da man solche Aktivitäten oft für wichtig hält, aber das sind sie oft nur für die anderen. (Covey 2007, zit. n. Riedenauer / Tschirf 2012: 111) Diese Aufgaben solltest du möglichst bündeln und nicht ausgerechnet eine Phase mit einem Leistungshoch darauf verschwenden. Vielleicht lässt sich das eine oder andere auch delegieren.  

  • Der D-Bereich ist Luxus pur, z.B. im Internet shoppen, sich auf Facebook tummeln… Oft ist dies aber auch ein guter Vorwand zum Aufschieben der wirklich wichtigen Aufgaben – womit wir beim 

  • Bereich B gelandet wären. Hier wäre z.B. die Masterarbeit anzusiedeln, sehr wichtig, aber die Deadline ist noch in – scheinbar – weiter Ferne. Wenn man diese Aufgaben liegen lässt, können sie sehr schnell dringend werden und in Bereich A hinüberwandern. Je mehr sich aber in Bereich A drängelt, desto größer wird der Stress.  

Primetime und Suppenkoma

Die Hochs und Tiefs wechseln sich im Tagesverlauf ab und sind je nach Chronotyp unterschiedlich. (Vgl. Riedenauer / Tschirf 2012: 76-78) Bist du eher eine Lerche oder eine Eule? Stehst du früh auf oder schläfst du gerne länger? Danach richtet sich auch, wann deine Leistungshochs sind, die du für die Aufgaben reservieren solltest, die für dich selbst wirklich wichtig sind (= Quadrant B). Hier solltest du deine Deep-Work-Zeitfenster einplanen.  

Bei einer moderaten Lerche, die etwa um 7 Uhr aufsteht, liegt die Primetime etwa zwischen halb 8 und halb 12. Ein weiteres Leistungshoch ist dann erneut am späteren Nachmittag, ab 16 Uhr, zu erwarten. Das heißt natürlich nicht, dass du die restliche Zeit auf dem Sofa verschlafen sollst, im Gegenteil:  Dazwischen lassen sich gut Routine- oder eher anspruchslosere Arbeiten unterbringen. Nur zwischen 13:30 und 15:30 Uhr tritt auch bei einer moderaten Lerche das Suppenkoma, also das Nachmittagstief, ein. Da man dann sowieso nicht sehr leistungsstark ist, eignet sich diese Phase gut für eine Pause: einen kurzen Snack, einen Powernap, einen kleinen Spaziergang. 

Gerade das Studium, ein Arbeitsplatz an der Uni und/oder freiberufliche Tätigkeiten ermöglichen es einem meist, seinen Zeitplan individuell zu fixieren und damit persönliche Leistungshochs optimal zu nutzen.  

Belohnung nicht vergessen

Die – inhaltlich und zeitlich – entsprechend sortierten Termine kannst du nun in deinen Kalender übertragen. Dieser kann elektronisch auf dem Handy oder Notebook sein (z.B. mit MS Outlook). Für diejenigen, die eher haptisch orientiert sind, bietet sich auch ein schön gestalteter Buchkalender oder Wochenplaner in der Lieblingsfarbe an. So behältst du die Übersicht und hast nicht ständig das Gefühl, etwas vergessen zu haben oder tun zu müssen. Druck und Stress reduzieren sich und der Kopf bleibt frei für das Wesentliche.  

Über den vielen wichtigen und dringenden Terminen solltest du auch nicht vergessen, dir weiterhin bewusst Zeiten freizuhalten, in welchen du dich ausschließlich mit dir selbst beschäftigst und den Kopf abschalten darfst. Für diese Auszeiten kannst du auch feste Termine einplanen, die es einzuhalten gilt. In dieser Zeit darfst du dich bewusst einer Lieblingsbeschäftigung widmen, z.B. einen leckeren Latte Macchiato mit dem Freund genießen.  

Diese Belohnungen kannst du auch geschickt in deinen Schreibplan einbauen. Dazu kannst du dir eine Bonuskarte basteln, die so aussehen könnte:  

Zeitmanagement-Strategie: Bonuskarten

Auf deiner individuellen Bonuskarte trägst du z.B. 10 Aktivitäten ein (z.B.: 1x1 Stunde Recherche, 1x1 Stunde Struktur planen, 1x1 Seite schreiben, 1x10 Seiten sprachlich überarbeiten usw.). Wenn du sie alle 10 ausgeführt hast, winkt eine Belohnung, die du selbst festlegst. Das motiviert und bringt frischen Schwung.

 

Vielleicht magst du den einen oder anderen Tipp mal ausprobieren? Oder du hast noch Fragen? Dann melde dich und lass uns darüber reden: projekt-wissenschaftlich-schreiben(at)uni-saarland.de 

Quellen:

Nussbaum, Cordula (2020): Produktiv und erfolgreich im Homeoffice: So arbeitest Du effektiv, produktiv, effizient, erfolgreich und gelassen in den eigenen vier Wänden (eBooklet). Kindle (Amazon)/White-Paper-pdf. 

Nussbaum, Cordula (2017): Organisieren Sie noch oder leben Sie schon?: Zeitmanagement für kreative Chaoten. Frankfurt a.M. 

Riedenauer, Markus / Tschirf, Andrea (2012): Zeitmanagement und Selbstorganisation in der Wissenschaft. Ein selbstbestimmtes Leben in Balance. Wien. 

Wymann, Christian (2015): Der Schreibzeitplan. Zeitmanagement für Schreibende. Opladen / Toronto. 

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