Forschungsfelder
Im Bereich der regenerativen Medizin werden zahlreiche Biomaterialien zur Defektfüllung und zum Gewebeersatz bzw. -aufbau eingesetzt. Hierzu müssen sie eine gute Biokompatibilität aufweisen, um ohne schwere Entzündungsreaktionen optimal in das Empfängergewebe integriert zu werden und dort ihre Funktion zu erfüllen. Die biologische Fremdkörperreaktion auf implantierte Materialien ist ein komplexer, dynamischer Prozess, der wesentlich von den physikochemischen Eigenschaften der Implantate bestimmt wird. Diesen Prozess untersuchen wir bereits seit vielen Jahren in Kleintiermodellen unter standardisierten in vivo Bedingungen, wobei verschiedene (tlw. modifizierte) Biomaterialien eingesetzt werden. Hierzu zählen z.B. chirurgische Netze und Nähte, Gefäßprothesen, Knochen- und Knorpelersatzmaterialien, Hautersatzmatrizes, lebende therapeutische Materialien sowie Scaffolds für das Tissue Engineering.
Beim Tissue Engineering hängt das Überleben und die Funktion großer Gewebekonstrukte entscheidend von ihrer schnellen Vaskularisierung nach Implantation ab. Um dies zu erreichen, arbeiten wir an der Entwicklung neuer Prävaskularisierungsstrategien. Hierbei werden Gewebekonstrukte mit präformierten Blutgefäßen generiert, die nach Implantation über den Prozess der Inoskulation nur noch Verbindungen zu den Gefäßen des umliegenden Empfängergewebes ausbilden müssen, um auf diese Weise eine schnelle Blutperfusion zu gewährleisten. Unser Fokus liegt dabei auf der Besiedlung von Scaffolds mit Gefäßfragmenten. Diese Fragmente können in großer Zahl durch enzymatische Digestion aus Fettgewebe isoliert werden und sind eine Mischung aus voll funktionsfähigen arteriolären, kapillären und venolären Gefäßsegmenten. Entsprechend konnten wir zeigen, dass sie sich im Vergleich zu Einzelzellen wesentlich schneller zu perfundierten mikrovaskulären Netzwerken organisieren können, die auch signifikant höhere Gefäßdichten aufweisen. Weiterhin können sie auf verschiedene Scaffolds gesiedelt oder in Hydrogele eingebracht werden. In Hinblick auf zukünftige klinische Anwendungen untersuchen wir außerdem, unter welchen Bedingungen (verschiedene Temperaturen, Aufbewahrungslösungen, Zusätze) Gefäßfragmente nach ihrer Isolierung gelagert und angiogen aktiviert werden können, sowie den Einfluss verschiedener Medikamente, des Alters, des Geschlechts und der verwendeten Fettgewebeart auf ihre Vaskularisierungskapazität. Aktuell setzen wir Gefäßfragmente aufgrund ihrer vielversprechenden Eigenschaften in spezifischen Anwendungsbereichen ein, wie z.B. zur Behandlung von Wunden, Lymphödemen oder zur Vaskularisierung muskulokutaner Lappen sowie transplantierter Langerhans-Inseln.
Wir untersuchen zentrale Pathomechanismen, die bei der Entstehung und Behandlung der Endometriose von großer Bedeutung sind. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf der Angiogenese, da die Entwicklung neuer Blutgefäße für das dauerhafte Überleben von Endometrioseherden essenziell ist. So konnten wir durch die Transplantation von Endometriumfragmenten in die Rückenhautkammer von Hamstern und Mäusen erstmalig ein Endometriosemodell etablieren, mit dem in vivo die Entwicklung neuer Gefäßnetzwerke in Endometrioseherden unter Berücksichtigung morphologischer und mikrohämodynamischer Parameter mittels hochauflösender, intravitaler Fluoreszenzmikroskopie untersucht werden kann. Weiterhin nutzen wir für unsere Fragestellungen auch das Modell der peritonealen Endometriose, bei dem mittels hochauflösender Ultraschall-Bildgebung repetitiv und nicht-invasiv das Wachstum induzierter Endometrioseherde im Bauchraum von Mäusen analysiert wird. Unsere Modelle setzen wir auch ein, um verschiedene Substanzen zu testen, die für eine zukünftige Therapie der Endometriose verwendet werden könnten. Hierzu zählen sowohl bereits klinisch zugelassene Medikamente für andere Indikationen als auch neue Naturstoffe.
Das Wachstum von Tumoren ist wesentlich von der Entwicklung neuer Blutgefäße abhängig. Der Prozess der Tumorangiogenese stellt daher einen möglichen Angriffspunkt zur Krebsbehandlung dar. Vor diesem Hintergrund untersuchen wir mit Hilfe von in vitro Angiogenese-Assays und in vivo Tumormodellen in der Maus, wie therapeutisch die Blutgefäßneubildung in Tumoren gehemmt werden kann. Hierbei setzen wir vor allem neue Phytosubstanzen ein. Neben dieser Substanzklasse rücken auch zunehmend microRNAs also potente Regulatoren der Genexpression in den Fokus der Krebsforschung, deren Effekte wir ebenfalls auf das Tumorwachstum und die Metastasierung analysieren.
Einer unserer wissenschaftlichen Schwerpunkte ist die in vivo Analyse von Zell-Zell-Interaktionen in der Mikrozirkulation mit Hilfe hochauflösender intravitaler Fluoreszenzmikroskopie. So führten wir bereits mehrere Studien durch, in denen das Fließverhalten von fluoreszenz-markiertem zirkulierendem Staphylococcus areus in der Mikrostrombahn analysiert wurde. Dabei konnten verschiedene Oberflächenmoleküle identifiziert werden, die essenziell für die Adhärenz des Bakteriums an das Gefäßendothel sind. Weiterhin konnten wir die Proteinkinase CK2 als wesentlichen Regulator der Leukozyten-Endothelzell-Interaktion unter entzündlichen Bedingungen sowie bei der Entstehung von phototoxisch-induzierten Gefäßthromben identifizieren. In den letzten Jahren haben wir uns auch zunehmend mit dem Fließverhalten von Erythrozyten und Mikropartikeln im Rahmen der Forschungsgruppe „Instabilitäten, Bifurkationen und Migration in pulsierender Strömung“ (FOR 2688) befasst. Dabei konnten wir bereits zeigen, dass es an kleinen Kapillarbifurkationen regelmäßig zu einem kurzzeitigen „Hängenbleiben“ („lingering“) einzelner Erythrozyten kommt, was bei bestimmten Strömungsverhältnissen zu Gefäßverschlüssen und damit einer heterogenen Hämatokrit-Verteilung in der Mikrozirkulation führen kann.
In enger Zusammenarbeit mit der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des Universitätsklinikums des Saarlandes untersuchen wir grundlegende Mechanismen der Knochenregeneration und entwickeln neue therapeutische Strategien zur Beschleunigung und Verbesserung der Frakturheilung sowie zur Behandlung großer Knochendefekte. Zu diesem Zweck wurden von uns über die letzten Jahre murine Frakturheilungs- und Pseudarthrosemodelle etabliert, in denen der Prozess der Knochenregeneration mit Hilfe hochauflösender Röntgen-, CT- und Ultraschall/Photoakustik-Bildgebung sowie biomechanischer, histologischer und proteinbiochemischer Verfahren analysiert werden kann.
Im Rahmen des DFG-Projekts „Toxikokinetische Studien und translationale mechanistische Modellierung Neuer Psychoaktiver Substanzen unter Verwendung des Synthetischen Cannabinoids Cumyl-5F-P7AICA“ entwickeln wir in enger Kooperation mit dem Institut für Rechtsmedizin und dem Lehrstuhl für Klinische Pharmazie des Universität des Saarlandes Vorhersagemodelle zur Pharmako- und Toxikokinetik neuer synthetischer Cannabinoide im Schweinemodell.
Diabetes mellitus Typ 1 (T1DM) wird durch eine autoimmunologische Zerstörung der β-Zellen in den Langerhans-Inseln des Pankreas verursacht. Hierbei wird die Insulinproduktion kritisch reduziert, was zu einem erhöhten Blutglukosespiegel führt. Entsprechend muss der Blutglukosespiegel engmaschig überwacht und regelmäßig Insulin appliziert werden. Diese exogene Insulintherapie ist jedoch häufig mit Spätkomplikationen, wie der diabetischen Retinopathie, assoziiert. Ein vielversprechender Ansatz stellt die Insel-Transplantation dar. Hierbei wird das Pankreas von Totspendern entnommen, die Langerhans-Inseln isoliert und dem Patienten transplantiert. Allerdings stirbt ein Großteil der Langerhans-Inseln kurze Zeit nach der Transplantation. Eine wesentliche Ursache hierfür ist die unzureichende Vaskularisierung der Langerhans-Inseln und somit Minderversorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff. Dementsprechend sind therapeutische Strategien, welche die Vaskularisierung von transplantierten Inseln verbessern, von großem klinischem Interesse.
Wir haben kürzlich ein völlig neuartiges Konzept auf Basis von kleinen Blutgefäßen, den sogenannten mikrovaskulären Fragmenten (MVF) entworfen, um den Prozess der Vaskularisierung transplantierter Inseln zu beschleunigen. MVF können in großer Zahl aus dem Fettgewebe isoliert werden und besitzen die einzigartige Fähigkeit sich schnell zu neuen mikrovaskulären Netzwerken zu entwickeln. In einer Proof-of-concept-Studie konnten wir erstmalig MVF und Inselzellen zu sogenannten prävaskularisierten Pseudoinseln fusionieren. Die anschließenden In-vitro- und In-vivo-Experimente demonstrierten deutlich, dass die transplantierten prävaskularisierten Pseudoinseln nicht nur schnell an das Empfänger-Blutgefäßsystem Anschluss fanden, sondern auch die Wiederherstellung physiologischer Blutglukosespiegel in diabetischen Tieren ermöglichten.
Mit Hilfe von in vitro- und in vivo-Modellen untersuchen wir die Leber als zentrales Stoffwechsel- und Entgiftungsorgan, um neue, effektive und gut verträgliche Therapieansätze für Lebererkrankungen zu identifizieren. Im Rahmen dieser Untersuchungen werden Pathomechanismen und Folgen von Leberschädigungen analysiert, die durch toxische, medikamentöse, entzündliche, infektiöse oder tumoröse Auslöser bedingt sind. Ein besonderer Fokus liegt auf der Mikrozirkulation der Leber, die bei einer Vielzahl von Erkrankungen gestört sein und dadurch Leberschäden verursachen oder verstärken kann.
Im Rahmen des BMBF Verbundprojekts „DIGITAL_SCRUBS: Vernetzter Operationssaal mit kontextsensitiver, neuroergonomischer Mensch-Technik-Interaktion“ entwickeln und evaluieren wir gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Systemische Neurowissenschaften und Neurotechnologie der Universität des Saarlandes und verschiedenen Industriepartnern erstmals ein interpersonelles und multimodales Aufmerksamkeitsassistenzsystem zur kontextsensitiven, neuroergonomischen Mensch-Maschine-Interaktion in vernetzten Operationssälen. Dieses personalisierte, interaktive KI-Assistenzsystem nutzt die erweiterte Realität von drei Sinnesmodalitäten (Sehen, Hören und Fühlen) aller Mitglieder des OP-Teams.