Problemstellung Lehrende im Schulkontext sehen sich mit vielfältigen pädagogischen Problemsituationen kon-frontiert. Zum Beispiel müssen sie Wege finden, unmotivierte Schüler(innen) zu einer aktiven Auseinandersetzung mit den Lerninhalten zu bewegen oder Unterricht derart gestalten, dass Lernende mit unterschiedlichen kognitiven Lernvoraussetzungen von diesem profitieren können. Es wird zunehmend die Forderung erhoben, dass Lehrende derartige Probleme „evidenzbasiert“ (z.B. Bromme, Prenzel & Jäger, 2014) lösen sollen. Entscheidungen für pädagogische Hand-lungen sollen also nicht auf der Grundlage von alltagspsychologischen Überlegungen, sondern auf Basis bewährter bildungswissenschaftlicher Theorien und Befunde gefällt werden (KMK, 2004). Die Lösung pädagogisch-psychologischer Problemstellungen im Schulkontext auf Basis bildungswissenschaftlicher Theorien und Befunde wird in der Literatur entsprechend als „evi-denzorientiertes Denken und Handeln“ (Stark, 2017) bezeichnet. Weitgehend unklar ist jedoch, inwieweit es der aktuellen universitären Lehramtsausbildung gelingt, angehende Lehrer*innen hinsichtlich der Entwicklung von Fähigkeiten zum evidenzorientierten pädagogischen Denken und Handeln zu fördern. Tatsächlich zeigen Lehramtsstudierende zahlreiche Defizite bei der Anwendung bildungswissenschaftlicher Evidenz auf schulische Problemsituationen (z.B. Wag-ner, Klein, Klopp & Stark, 2014). Als Ursachen wurden bisher neben ungünstigen Motivations-lagen und Einstellungen bzgl. bildungswissenschaftlicher Theorien (z.B. Parr & Timperley, 2008) insbesondere Defizite in Umfang und Tiefe des verfügbaren bildungswissenschaftlichen Wissens (z.B. Star & Strickland, 2008) sowie bei Abruf und Anwendung dieses Wissens (trä-ges Wissen; Renkl, 2006) herausgearbeitet, wodurch ein Rekurrieren auf Alltagswissen und subjektive Theorien (Furinghetti & Pehkonen, 2002) mitbedingt wird. Ziele Das Projekt zielt darauf ab, weitere und differenziertere Erkenntnisse über die Ursachen für De-fizite im evidenzorientierten Denken und Handeln von Lehramtsstudierenden (im kontrastiven Vergleich zu erfahrenen Lehrkräften und zu Bildungswissenschaftler*innen) zu generieren. Hierfür ist die Unterscheidung in einen Inhalts- und einen Formaspekt evidenzorientierten Den-kens und Handelns zentral: Mit Blick auf den Inhaltsaspekt wird untersucht, auf welche Wis-sensinhalte Lehramtsstudierende im Vergleich zu Praxis- und Wissenschaftsexperten rekurrie-ren, um unterrichtsbezogene Problemsituationen zu bearbeiten. Hierbei interessiert insbesonde-re, wie die Nutzung von (bildungs-)wissenschaftlichem Wissen und Erfahrungswissen bei der Auseinandersetzung mit entsprechenden Problemen zusammenspielt. Bzgl. des Formaspekts wird untersucht, welche kognitiven Prozesse sich bei Lehramtsstudierenden im Vergleich zu erfahrenen Lehrkräften und zu Bildungswissenschaftler*innen bei der Bearbeitung entsprechen-der Problemsituationen zeigen. Diese werden skripttheoretisch (Schank, 1999) konzeptualisiert. Der Vergleich des evidenzorientierten Denkens und Handelns von Lehramtsstudierenden und erfahrenen Lehrkräften sowie Bildungswissenschaftler(inne)n auf der Form- und der Inhalts-ebene wird dann für die Entwicklung und Untersuchung von Fördermaßnahmen für Lehramts-studierende nutzbar gemacht. Methoden In einer ersten Studie wird durch kontrastive Analysen zwischen Lehramtsstudierenden, Lehr-kräften und Bildungswissenschaftlern auf Basis eigens entwickelter Fallbeispiele untersucht, welche kognitiven Prozesse und Aktivitäten deren jeweilige internale, kognitive Skripts (Schank, 1999) zum evidenzorientierten Denken ausmachen und durch welche Komponenten ein zur kompetenten Lösung pädagogisch-psychologischer Problemstellungen effektives Skript charakterisiert ist. Ausgehend von den Befunden der ersten Studie werden in weiteren experi-mentellen Interventionsstudien Möglichkeiten zur Förderung evidenzorientierten Denkens und Handelns untersucht, unter anderem in Form von unterschiedlichen Präsentationsformaten bil-dungswissenschaftlicher Evidenz, Prozess- und Reflexionshilfen. |