Tumorbiologie

Im Rahmen unserer Tumorforschung untersuchen wir die Bedeutung und Regulation verschiedener Gene für die Pathologie gastrointestinaler Tumore und ihrer Drüsen.

Funktionelle Untersuchungen

Eine Deregulation von mikroRNAs (miRNAs) und verschiedenen Chemokinen spielt eine Rolle in der Pathogenese verschiedener Karzinome. Ziel unserer Untersuchungen ist es,  funktionelle Wechselwirkungen zwischen Kandidaten miRNAs und ausgesuchten Chemokinen im kolorektalen Karzinom zu identifizieren. In diesem Zusammenhang soll ein neues Modell eines regulatorischen Mechanismus entwickelt werden, das die Entwicklung und Progression des kolorektalen Karzinoms kontrolliert.

MicroRNAs (miRNAs) sind natürlich vorkommende kurze nicht-kodierende RNAs, die durch eine posttranskriptionelle Kontrolle die Transkription vieler Gene regulieren und eine Rolle in der Tumorpathogenese spielen. Auch im kolorektalen Karzinom (CRC) konnte eine aberrante Expression verschiedener miRNAs nachgewiesen werden. Dies konnte unsere Arbeitsgruppe kürzlich auch für eine Reihe von Chemokinen zeigen, bei denen ein selektives "gene silencing" der korrespondierenden Rezeptoren die Chemokin-induzierte Migration von CRC Zellen eliminierte und so auf eine funktionelle Beteiligung spezifischer Chemokine an der CRC Pathogenese hinwies. Wir vertreten daher die Hypothese, dass spezifische Chemokine durch miRNAs in kolorektalem Tumorgewebe aberrant reguliert werden. Um dies zu überprüfen, arbeiten wir daran, verschiedene Chemokine zu identifizieren, die Ziele der miRNA Regulation im CRC  darstellen. Unser Forschungsansatz sieht vor, die funktionellen Wechselwirkungen zwischen spezifischen miRNAs und ausgesuchten Chemokinsystemen aufzuklären, die zuvor als kritischer Bestandteil in der Regulation des CRC identifiziert wurden. Da für das Chemokin CCL20 und verschiedene miRNAs bereits eine Deregulation in der CRC Pathogenese nachgewiesen werden konnte, haben wir funktionelle Wechselwirkungen verschiedener Kandidaten miRNAs mit CCL20 untersucht  und hierbei miR-21 als regulatorisches Ziel identifiziert. Eine Regulation der CCL20 Expression durch miR-21 könnte daher ein regulatorischer Mechanismus in der Progression des CRC darstellen. So sollten unsere Ergebnisse dazu beitragen, das Verständnis der miRNA Genregulation im Hinblick auf Chemokine und ihre Wechselwirkungen in CRC-Zellen- und Geweben zu fördern und neue Regulationsmechanismen aufzudecken, die die Entwicklung und die Progression des CRC kontrollieren.  Die Identifizierung einzelner miRNA/Chemokin Regulationsachsen als Angriffsziel therapeutischer Maßnahmen könnte somit ein wichtiges Instrument für die Entwicklung spezifischer Behandlungsinterventionen in der Pathologie des CRC darstellen.

Expressionsuntersuchungen

Um die Bedeutung verschiedener  Chemokin/Chemokinrezeptor- Systeme für die Entwicklung, das metastatische Potential und die Aggressivität gastrointestinaler Tumore und Drüsen aufzuklären, wurden Expressionsuntersuchungen in respektiven Geweben durchgeführt.

Chemokine sind sekretorische Proteine mit geringem Molekulargewicht (8-12 kDa), die zu einer Familie strukturell und funktionell eng miteinander verwandter inflammatorischer und chemotaktisch wirksamer Cytokine gehören. Sie steuern die Migration verschiedener Zelltypen wie Neutrophilen, Monozyten, Lymphozyten und Fibroblasten unter physiologischen und pathologischen Bedingungen und sind an vielen anderen pleiotropischen Funktionen beteiligt. Hierzu gehören Prozesse wie Angiogenese, Morphogenese, Autoimmunität sowie die Regulation des Tumorwachstums und die Metastasenbildung. Chemokine entfalten ihre Signalwirkung durch Bindung an spezifische G-Protein-gekoppelte Rezeptoren auf den Plasmamembranen der Zielzellen. Durch diese Bindung wird eine Signalkaskade aktiviert, die Leukozyten dazu veranlasst, an spezifische Stellen der Blutgefäße zu binden und in das entsprechende Gewebe überzutreten. Durch ihren chemotaktischen Einfluss auf Immun– und Tumorzellen haben Chemokine in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung für die Entwicklung und Progression bösartiger Tumore gewonnen. Aktuelle Forschungsergebnisse weisen sehr stark darauf hin, dass Wechselwirkungen zwischen dem Immunnetzwerk, angiogenen-, apoptotischen- und Zellteilungskaskaden sehr bedeutsam für die Metastasierung und die Progression verschiedener Krebsarten sind und dass Chemokine und ihre Rezeptoren eine zentrale Rolle in diesen komplexen Signalwegen spielen.

So konnten wir für das multifunktionelle CXC Chemokin IL-8 durch eine vergleichende Expressionsanalyse zeigen, dass die IL-8-Expression mit der Progression des kolorektalen Karzinoms (CRC) ansteigt und mit der Entwicklung von kolorektalen Lebermetastasen (CRLM) korreliert. Ebenso konnten wir durch Untersuchung des Expressionsprofils verschiedener Chemokine eine potentielle Beteiligung des Chemokins CCL20 und seines Rezeptors CCR6 an der Rekrutierung kolorektaler Tumorzellen in die Leber nachweisen. Ferner konnten wir zeigen, dass CRC Patienten, die innerhalb eines 2-Jahre follow up Zeitraumes Lebermetastasen entwickelt haben, signifikant mehr CCL20 in der Leber exprimieren als eine entsprechende Kontrollgruppe. Zusammengenommen deuten diese Befunde sehr stark auf einen regulativen Zusammenhang zwischen der kolorektalen Lebermetastasierung und der CCL20/CCR6 Expression kolorektaler Tumore hin und wir vermuten, dass eine Chemotaxe durch CCR6 möglicherweise ein weitverbreiteter Mechanismus ist, durch den kolorektale Tumorzellen in die Leber metastasieren. Auch im hepatozellulären Karzinom (HCC) könnte das CCL20/CCR6 System an der Karzinogenese und Progression beteiligt sein und wir können uns vorstellen, dass eine Inhibierung der CCR6 Signalwirkung dazu beitragen könnte, ein weiteres Fortschreiten der Krankheit zu verhindern.