Forschung
Ein besseres Verständnis verschiedener neuropsychologischer Störungsbilder und deren Behandlungsmöglichkeiten zählen zu den zentralen Anliegen unserer Forschung. Dabei liegt der Fokus innerhalb unserer Arbeitseinheit für Klinische Neuropsychologie auf folgenden Bereichen:
1. Multimodale Raumwahrnehmung
Innerhalb dieses Themenbereichs steht die Erforschung des komplexen Zusammenwirkens visueller, auditorischer und taktiler Informationen sowohl bei gesunden Personen als auch Patienten mit neurologischen Erkrankungen im Mittelpunkt (z.B. nach Schlaganfall, Mild Cognitive Impairment, Alzheimer, Huntington). Darüber hinaus interessieren wir uns für die neuroanatomischen Korrelate verschiedener Raumsektoren (personaler Raum, Greifraum, Fernraum, rückwärtiger vs. vorderer Raum) und räumlicher Wahrnehmungsleistungen, sowie die Modulation räumlicher Defizite.
2. Neue Behandlungsmöglichkeiten des multimodalen Neglects
Hemineglect oder halbseitige Vernachlässigung bezeichnet die Nichtbeachtung von Reizen in der zur geschädigten Gehirnhälfte (z.B. durch Schlaganfall) gegenüberliegenden Raum- oder Körperhälfte. Auch werden z.B. die Extremitäten dieser Körperhälfte vom Patienten zumeist nur vermindert eingesetzt. Die Symptomatik führt in der Regel zu massiven persistierenden Beeinträchtigungen im Alltagsleben der Patienten. Erschwerend kommt hinzu, dass bei fast allen Betroffenen unter anderem eine Störung der Awareness (mangelnde Krankheitseinsicht) mit dem Krankheitsbild assoziiert ist. Trotz teilweiser spontaner Remission initialer Symptome bleibt die Mehrzahl der Patienten so stark beeinträchtigt, dass eine selbständige Lebensführung oder die Rückkehr in den Beruf oftmals nicht möglich ist. Die systematische Entwicklung und Evaluation neuer, wirksamerer und ökonomischer Therapieverfahren des Neglects ist daher von hoher Relevanz und umfasst einen wichtigen Anteil unserer Forschungsaktivitäten. Dabei interessieren wir uns zum sowohl für kurzfristige Modulationseffekte durch sensorische Stimulationsverfahren (z.B. optokinetische Stimulation, Nackenmuskelvibration, periphere Magnetstimulation, Gleichstromstimulation) als auch für langfristige Therapieeffekte.
3. Therapie homonymer Gesichtsfeldausfälle und -störungen
Homonyme Gesichtsfeldausfälle und -störungen zählen zu den häufigsten zerebralen Sehstörungen nach Hirnschädigung und gehen zumeist mit verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen, wie z.B. Lese- und Explorationsdefiziten einher. Seit mehr als 20 Jahren befassen wir uns daher mit der Erforschung und Weiterentwicklung effizienter und alltagsorientierter Therapie- und Trainingsprogramme für diese Störungen. In systematischen Therapiestudien werden dabei die Optimierung von hemianopischen Lesetechniken und visuellen Explorationstrainings angestrebt sowie entsprechende Behandlungseffekte evaluiert. Als Ergebnis unserer Forschungstätigkeiten im Bereich zerebraler visueller Wahrnehmungsstörungen stehen derzeit die computerbasierten Diagnostik- und Therapieprogramme VS-WIN, EYEMOVE und READ zur Verfügung.
4. Störungen der Objekterkennung nach Hirnschädigung
Schwere Formen visueller Agnosien (Störungen der Objekterkennung) nach Hirnschädigung resultieren in ausgeprägten Beeinträchtigungen der Patienten im alltäglichen Leben. Doch auch subtilere Formen von Objekterkennungsstörungen sowie der Prosopagnosie (Störung der Gesichtererkennung, infolge Hirnschädigung wie kongenital) können im sozialen wie beruflichen Alltag zu erheblichen Problemen führen. Eine gezielte Diagnostik entsprechender Beeinträchtigungen ist insbesondere bei Patienten mit okzipito-temporalen Läsionen und degenerativen Erkrankungen (z.B. Mild Cognitive Impairment) erforderlich und im Hinblick auf eine optimale Therapieplanung unerlässlich. Ziel unserer Forschungsvorhaben in diesem Themenbereich ist daher die Verbesserung der diagnostischen Möglichkeiten in diesem Bereich.
5. Auditorische Raumwahrnehmung
Zur Erforschung der auditorischen Raumwahrnehmung und Raumkognition sowohl bei gesunden Probanden als auch Patienten mit Hirnschädigung verwenden wir verschiedene psychophysische Techniken, die auf der binauralen Simulation basieren. Von Interesse sind hierbei die Raumlokalisation, die zeitliche Verarbeitung und Integration sowie der Einfluss unterschiedlicher Stimulationsverfahren (z.B. optokinetische Stimulation) oder Veränderungen der Körperposition (Kopf-/Rumpfdrehung) auf diese Aspekte der Raumkognition.
Information zur FEMs Studie
„Ernährungsgewohnheiten und Multiple Sklerose"
Ziel der Untersuchung
Der Zusammenhang zwischen Ernährungsgewohnheiten und Hirngesundheit rückt zunehmend in den Fokus der modernen neurowissenschaftlichen Forschung. Auch die klinische Neuropsychologie bemüht sich zu verstehen, wie der Verlauf einer neurologischen Krankheit wie z.B. im Falle einer Multiple Sklerose durch individuelle Essgewohnheiten beeinflusst wird. Unsere Hoffnung ist, dass wir durch ein besseres Verständnis der Wechselwirkung von Ernährung und Krankheitsverlauf künftig unsere Patientlinnen auch dahingehend beraten können, wie sie durch ihre Ernährungsgewohnheiten beispielsweise Einfluss auf die Verträglichkeit von Medikamenten oder die Ausprägung ihrer Symptome nehmen können. Um diesem Ziel näher zu kommen, haben wir ein Pilotprojekt gestartet.
Frau B.Sc.Psych. Anna-Lena Schön und Frau B.Sc.Psych. Theresa Seeber haben im Rahmen ihrer Masterabschlussarbeit einen elektronischen Fragebogen erstellt, der sowohl Ernährungsgewohnheiten als auch MS-bedingte Beschwerden erfasst. Ziel ist u.a. die Ermittlung von Korrelationen zwischen diätischen Stilen (z.B. die mediterrane Küche, LCHF-Kost usw.) und neuropsychologischen Faktoren, die mit einer kognitiven Fatigue-Symptomatik im Zusammenhang stehen.
Um diesem Ziel näher zu kommen, sind wir auf Angaben von MS-Betroffenen über ihre etwaige körperliche und kognitive Krankheitsbelastung sowie Essgewohnheiten angewiesen.
Ablauf
Wir bitten MS- Patientinnen und Patienten um das Ausfüllen des für das Pilotprojekt eigens erstellten Online-Fragebogens FEMs (Fragebogen zu Ernährung und MS). Schätzungsweise wird er ca. 30-45 min.
beanspruchen. Die Ausfüllenden können problemlos Pausen einlegen, um später weiter am Fragebogen zu arbeiten. Die Ergebnisse werden selbstverständlich zwischengespeichert.
Die Teilnahme erfolgt freiwillig und unentgeltlich. Die Einwilligung zur Teilnahme kann jederzeit und ohne Nennung von Gründen zurückgezogen werden.
Datenschutz
Personenbezogene Daten werden anonymisiert und gemäß den Bestimmungen der DSGVO zur statistischen Datenanalyse digital gespeichert. Sie werden 12 Monate nach Projektabschluss gelöscht. Die Daten werden nicht an Dritte weitergegeben oder zu kommerziellen Zwecken genutzt.
STUDIENVERANTWORLICHE
B.Sc. Psych. Anna-Lena Schön | B.Sc. Psych. Theresa Seeber |
E-Mail: s8aascoe@stud.uni-saarland.de | E-Mail: s8thseeb@stud.uni-saarland.de |
Akad. Dir. Dr. phil. Caroline Kuhn
E-Mail: c.kuhn@mx.uni-saarland.de
Neuropsychologische Universitätsambulanz, Universität des Saarlandes, Campus Gebäude Al.3, 66123 Saarbrücken