Verhältnis zur Mutter
Hospelt pflegt ein sehr enges Verhältnis zu seiner Mutter, die lange Zeit auch mit ihm in der Wiethasestraße 19 in Köln lebt. Man kann mehrere Vermutungen anstellen, wie es zu dieser starken Bindung gekommen ist:
Der erste Umstand ist der frühe Tod des Vaters, der seine Frau mit zwei Söhnen und mehreren Immobilien sowie den Farbwerken W.A. Hospelt GmbH zurückgelassen hat. Allein erbrechtlich war die Mutter dadurch finanziell an ihre beiden Söhne gebunden, um den Lebensstandard aufrecht erhalten zu können.
Der zweite Umstand ist der, dass der Bruder Wilhelm Anton Hospelt die Familie fluchtartig verließ, um in London eine heimliche Ehe einzugehen. Diese Affäre sorgt für viele familiäre Zerwürfnisse. Zwar kann die Ehe auf Drängen der Mutter und dank ihrer guten Kontakte nach Rom annulliert werden, ein Zwist zwischen den beiden Brüdern bleibt jedoch jahrelang bestehen. Die Mutter wird vermutlich alles daran gelegt haben, dass ihr jüngerer Sohn ‚Ati‘, wie sie Hospelt selbst nach dessen Majorität weiterhin nennt, enger an sie gebunden ist. Dass Hospelt freilich auch Versuche tätigt, unabhängiger zu werden, zeigen Ereignisse wie seine Flucht nach München, wo er unter anderem Rilke trifft, sowie das Einfordern seines Stammanteils – der seinem Bruder bereits ausgezahlt worden ist.
Der dritte Umstand bildet die schlechte gesundheitliche Verfassung Hospelts. Seine häufigeren Krankheitsphasen und Schwächeanfälle binden ihn bereits in der Jugendzeit enger an seine Mutter, mit der er Kuraufenthalte in Badeorten wahrnimmt.
Der vierte Umstand beläuft sich auf den Charakter der Mutter, die von Zeitgenossen als sehr aufgeschlossen, einflussreich aber auch als stets involviert wahrgenommen wird. Emmeline Hospelt (geb. de Ball) ist innerhalb der High Society Kölns gut vernetzt. Sie setzt sich karitativ ein und gilt als eine sehr gläubige und prinzipientreue Persönlichkeit. Die gelebten Tugenden möchte sie auch an ihre Söhne weitergeben und schaltet sich in deren Umgang mit anderen Menschen aktiv ein. Eingeladene Freunde nimmt sie zuhause in Empfang und Damen, die mit ihren Söhnen im engeren Kontakt stehen, werden von ihr sogleich in ihren Briefverkehr eingebunden. Eine unbekannte Person, die nach Hospelts Tod eine Kurzbiographie Hospelts verfasst, nennt ihre mächtige Stellung im Leben des Schriftstellers als Hauptgrund für dessen Ehelosigkeit. Frauen sei es angesichts ihrer Präsenz schwergefallen, mit Hospelt eine von ihr unabhängige Bindung einzugehen.