Stim­men

Zeitzeugnis Wilfried Bergmann (geb. 1945)

Kampf um die reformierte Uni-Verfassung

Wie wohl nicht anders zu erwarten, brachte auch die Kommissionssitzung vom 31. Oktober nicht die erhoffte Einigung, obwohl die Ordinarien die Öffentlichkeit des ‚neuen Konzils‘ zugestanden. Die Fronten verhärteten sich täglich, zumal die Studenten der Argumentation des Rektors nicht folgen konnten, daß ‚es sich um einen ersten Schritt handele und man danach die anderen in Ruhe vollziehen könne‘ (Maihofer in der Podiumsdiskussion vom 12. November).

Für die Professoren war es kein Risiko, diesem Entwurf zuzustimmen, zumal man jetzt mit Ruhe in der Universität rechnete und zugleich vor dem Gesetzgeber gefeit war. Die Studenten sahen in dem Entwurf für sich kaum Vorteile, wohl aber das Schwinden des ‚revolutionären Potentials‘ (Kirchberger [damaliger AStA-Vorsitzender]), das zum Erzwingen weiterer Schritte unbedingt notwendig war. Mithin konnten sie an keinen weiteren Schritt glauben und mußten deshalb versuchen, den ersten zu verhindern.

Der Rektor sah aber die Zeit gekommen, da man die ‚Reform zu machen‘ hatte, notfalls gegen die anderen Gruppen der Universität. So war er nicht bereit, das Konzil nach dem 18. November einzuberufen. Die Sitzung sollte geheim sein, obwohl weder die Verfassung der Universität noch die Konzilsgeschäftsordnung derartiges vorschreiben. Die Studentenschaft verlangte öffentliche Sitzung und rief die Studenten dazu auf, vor den Türen des Konzilssitzungssaales mit den Ordinarien zu diskutieren, um den einen oder anderen noch zu überzeugen. Eine Studentengruppe machte auch keinen Hehl daraus, die Veranstaltung ‚platzen‘ zu lassen, was aber nach den Erfahrungen dieser Universität mehr als unwahrscheinlich war.

 

Anmerkungen

Der Text ist Teil eines tagesaktuellen Zeitungsbeitrags von Wilfried Bergmann in SZ, 23./24.11.1968.