Wintersemester 2010/11

Gastdozentur Prof. Dr. Arno Gimber: "Erinnerungskultur in Deutschland und Spanien. Eine kulturwissenschaftliche Annäherung"

Hauptseminar (Blockveranstaltung)

Termine:03.12.-04.12.2010, 10.12.-11.12.2010, 17.12.2010, 7.01.-8.01. 2011

Nach der jeweiligen diktatorialen Vergangenheit (NS-Staat und Franco-Diktatur) verliefen die Erinnerungsprozesse in der deutschen und spanischen Gesellschaft natürlich sehr unterschiedlich. Aber trotz der verschiedenen historischen Ausgangssituationen und der Singularität des Holocaustes können in den Versuchen einer Auseinandersetzung mit der Vergangenheit (oder auch dem Schweigen darüber) in beiden Ländern ähnliche Strategien beobachtet werden, die von einem verspäteten Einsetzen der Aufarbeitung und polemischen Debatten nach Generationswechseln bzw. verzerrter Sieger- und Opferperspektiven bis hin zu jüngeren Trivialisierungsversuchen reichen.

Nach der Verabschiedung der Ley de Memoria histórica am 31. 10. 2007 und neuerdings durch das Suspensionsverfahren gegen den Richter Baltasar Garzón vor dem Obersten Gerichtshof hat sich in Spanien die Diskussion über die Wiederaneignung, Verarbeitung und Bewältigung der jüngsten Vergangenheit (Bürgerkrieg und Franco-Diktatur), wie sie schon seit Jahren im Gange ist, verschärft und ist aus kulturwissenschaftlicher Sicht neu zu bewerten. In der deutschen Gesellschaft hat Günter Grass‘ Geständnis im Jahre 2006 noch einmal gezeigt, wie leicht das scheinbar sichere Fundament der aufgearbeiteten NS-Vergangenheit noch ins Wanken geraten kann.

Ziel des Seminars wird es sein, die aktuellen Erinnerungskonflikte in der spanischen und deutschen Gesellschaft am Beispiel fünf unterschiedlicher Romane aus kulturwissenschaftlicher Perspektive und mithilfe der Kategorien von individuellem, kollektivem, kulturellem und kommunikativem Gedächtnis zu analysieren und neu zu überdenken.

Lektüren:
Beyer, Marcel: Flughunde. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1995.
Méndez, Alberto: Die blinden Sonnenblumen. München: Antje Kunstmann, 2005. [Los girasoles ciegos, 2004].
Ruiz Zafón, Carlos: Die Schatten des Windes. Frankfurt/Main: Insel 2003. [La sombra del viento, 2001].
Schlink, Bernhard: Der Vorleser. Hrsg. von Manfred Heigenmoser. Stuttgart: Reclam, 2005.
Sebald, W.G.: Austerlitz. München / Wien: Hanser , 2001.

Vorlesung Einführung in Literaturwissenschaft Spanisch I

Dienstag, 12:15 bis 13:45, Geb. B3 2, R. 0.03

Die Vorlesung bietet Studierenden aller Spanisch-Studiengänge einen Überblick über die spanische Literatur und Geschichte vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Im Laufe des Sommersemesters werden epochale Charakteristika und exemplarische Werke dieses Zeitraums vorgestellt und anhand von Textbeispielen veranschaulicht. Ausführungen zu literaturtheoretischen und methodischen Fragestellungen erweitern die literaturgeschichtliche Perspektive und vermitteln einen Einblick in aktuelle Ansätze literatur- und kulturwissenschaftlichen Arbeitens.

Einführende Literatur:
Hans-Jörg Neuschäfer (ed.) (2/2006): Spanische Literaturgeschichte. Metzler, Stuttgart.
Dorothee/ Renner, Rolf Günter/ Stiegler, Bernd (ed.) (2000): Texte zur Literaturtheorie der Gegenwart. Reclam, Stuttgart.

Kolloquium für Examenskandidaten

Mittwoch, 10:15 bis 11:45, Geb. C5 2, R. 3.13

Das Kolloquium unterstützt Studierende der letzten Semester in den Lehramts- und Magisterstudiengängen bei der gezielten Vorbereitung auf ihre Abschlussprüfungen. Themen u.a.: Strategien der Themenwahl für schriftliche und mündliche Prüfungen, Planung der Prüfungsvorbereitung, Entwicklung relevanter Fragestellungen für die wissenschaftliche Abschlussarbeit, Präsentation von Forschungsprojekten.

Der hispanoamerikanische Diktatorenroman

Hauptseminar (Donnerstag, 16:15 bis 17:45, Geb. C5 2, R. 218.2)

Die traumatische Erfahrung staatlicher Repression und diktatorischer Tyrannei, die viele lateinamerikanische Länder miteinander teilen, ist seit nahezu zwei Jahrhunderten auch ein Topos der hispanoamerikanischen Prosa. Das Seminar wird sich auf der Grundlage der theoretischen Modelle der Diskursanalyse und der Memoria-Theorie mit der Gattungsgeschichte des sog. "Diktatorenromans" befassen und den literarhistorischen Wandel seiner ästhetischen Modelle nachzeichnen. Diskutiert werden die folgenden, oftmals zunächst zensierten, inzwischen aber kanonischen Texte: Esteban Echeverría: El matadero (1838/1871); Miguel Angel Asturias: El señor presidente (1931/1946); Gabriel García Márquez: El otoño del patriarca (1975); Isabel Allende: La casa de los espíritus (1982); Mario Vargas Llosa: La fiesta del Chivo (2000).

Sekundärliteratur:
Juan Carlos García: El Dictador en la literatura hispanoamericana. Santiago de Chile 2000.Michel Foucault: Überwachen und Strafen: Die Geburt des Gefängnisses [1975]. Frankfurt a. M. Weitere Literatur und die Erläuterung von Studien- und Prüfungsanforderungen in der ersten Seminarsitzung!

¿Gustó al vulgo? Spanisches Theater in den siglos de oro

Hauptseminar (Dienstag, 16:15 bis 17:45, Geb. C5 3, R. E20)

Nicht ohne Ironie forderte Félix Lope de Vega 1609 in seiner programmatischen Schrift "el arte nuevo de hacer comedias en estos tiempos" die Schlichtheit des spanischen Barocktheaters, damit es dem gewöhnlichen – und zahlenden – Volk gefalle. Tatsächlich hatte sich Anfang des 17. Jahrhunderts das Theaterspiel angesichts der barocken "Theatralisierung des Alltags" (Gumbrecht) und der daraus resultierenden Nachfrage nach immer neuer Zerstreuung zu einem großen Wirtschaftsunternehmen entwickelt. Das Seminar wird sich mit der faszinierenden Theaterwelt der spanischen siglos de oro befassen und zunächst Lopes Dramenpoetik im Kontext europäischer Debatten betrachten. In Auseinandersetzung mit paradigmatischen Dramen der Zeit werden wir schließlich diskutieren, wie sich Lopes 'Vergnügungsgebot' zu weiteren barocken Paradigmen – etwa der religiösen und moralischen "Diskursrenovatio" (Küpper) – verhält. Das Seminar ist insbesondere Studierenden der letzten Semester zur Vorbereitung eines Prüfungsthemas empfohlen.

Primärliteratur:
(Sie finden die Texte, sofern nicht anders angegeben, auf Cervantesvirtual; ich empfehle jedoch die Anschaffung der Cátedra-Ausgaben – bitte bestellen Sie sie frühzeitig!)
Lope de Vega: La dama boba (1613);
Lope de Vega: Fuenteovejuna (1619);
Calderón de la Barca: La vida es sueño (1636);
Calderón de la Barca: El gran teatro del mundo (1655);
Ana Caro Mallén de Soto: Valor agravio y mujer (ca. 1628-1653);
Lope de Vega: El arte nuevo de hacer comedias en estos tiempos.

¿Sólo tres carreras? Spanische Weiblichkeitsentwürfe im 19. Jahrhundert

Hauptseminar (Donnerstag 10:15 bis 11:45, Geb. C5 2, R. 5.35)

Im klerikal-patriarchalischen Spanien des 19. Jahrhunderts wirken zahlreiche Diskurse z.B. juristischer, moralischer, religiöser und medizinischer Art, um Frauen aus dem öffentlichen Leben fernzuhalten. So stellen sich selbst am Ende des Jahrhunderts etwa für Benito Pérez Galdós Tristana nur die folgenden Berufe zur Disposition: Nonne, Schauspielerin oder gar das unaussprechlich dritte. Das Seminar wird sich im Rückgriff auf zentrale Theorien zur Entstehung geschlechtlicher Identität (u.a. Thomas Laqueur und Judith Butler) mit der spezifischen rechtlichen und sozialen Situation von Spanierinnen im 19. Jahrhundert auseinandersetzen. Weiterhin wird es darum gehen, Frauenbilder in der bildnerischen und literarischen Kunst von Männern hinsichtlich der in ihnen wirkenden Diskurse der Geschlechterdifferenz zu untersuchen. Abschließend befragen wir weibliche Kunstproduktionen dahingehend, ob sie vorliegende patriarchal strukturierte Identitätsmuster aufgreifen und bestätigen oder aber subvertierend überwinden und mit anderen Paradigmen konfrontieren.

Sekundärliteratur zur Einführung (bitte in den Semesterferien lesen!):
Thomas Laqueur (1992): Auf den Leib geschrieben. Die Inszenierung der Geschlechter von der Antike bis Freud, Frankfurt/Main u. New York, Campus.
Judith Butler (2003): Das Unbehagen der Geschlechter [1990]. Suhrkamp, Frankfurt am Main.
Eine ausführliche Bibliographie und die Erläuterung von Studien- und Prüfungsanforderungen erhalten Sie zu Seminarbeginn.