Empirische Prüfung der Additivitätshypothese der Cognitive Load Theory
Typ
Forschungsprojekt
Finanzierung
DFG-Projekt
Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter
- Prof. Dr. Roland Brünken
- Tobias Gall
- Prof. Dr. Babette Park
Kooperationspartner
Prof. Dr. Jan Plass, New York University
Kurzbeschreibung
In den letzten Jahren hat sich die Cognitive Load Theory (CLT) zu einem der einflussreichsten Modelle der empirischen Lehr- Lernforschung entwickelt. Die CLT geht dabei der Frage nach, wie Lehr- Lernsituationen unter Berücksichtigung der Eigenschaften des kognitiven Systems gestaltet werden müssen, um den Erwerb komplexen Wissens effizient zu fördern. Als zentrale Variable hat sich dabei das Ausmaß kognitiver Belastung (cognitive load) in der Lehr- Lernsituation erwiesen.
Die CLT geht davon aus, dass sich das Ausmaß der kognitiven Belastung additiv aus drei Elementen zusammensetzt: der Komplexität der Aufgabe (intrinsic load), der durch die Gestaltung des Lehrmaterials hervorgerufenen, lernhinderlichen Belastung (extraneous load) sowie der durch verstehensfördernde Lernaktivitäten hervorgerufenen Belastung (germane load). Wir bezeichnen diese Annahme als Additivitätshypothese der CLT.
Während in den letzten Jahren in einer Vielzahl empirischer Untersuchungen die Lernwirksamkeit unterschiedlicher instruktionaler Gestaltungsmaßnahmen auf der Basis der CLT untersucht wurde, blieb die Additivitätshypothese selbst bislang empirisch ungeprüft. Der Aufarbeitung dieses Forschungsdefizits widmet sich dieses Projekt. Dazu wird in drei 2*2-faktoriellen Lehr- Lernexperimenten der Frage nachgegangen, ob sich kummulative Effekte der Kombination je zweier instruktionaler Maßnahmen auf den Wissenserwerb und die kognitive Belastung nachweisen lassen, wie dies die Additivitätshypothese erwarten lässt. In Abhängigkeit von der jeweils gewählten Kombination kommt die Additivitätshypothese dabei in den jeweiligen Experiment zu gleichen Annahmen in Bezug auf den Wissenserwerb, aber zu unterschiedlichen Annahmen in Bezug auf die kognitive Belastung, den beiden zentralen abhängigen Variablengruppen der Experimente.
Zusammenfassung des Abschlussberichts zum DFG-Projekt Br 2082/6-1
Ziel des Projektes ist die empirische Prüfung der Additivitätshypothese der Cognitive Load Theory (CLT). Dazu werden in drei Experimenten in jeweils 2*2-faktoriellen Designs die Wirkungen von Kombinationen einzelner Cognitive Load Effekte auf den extraneous load (Hauptexperiment 1), den extraneous und germane load (Hauptexperiment 2) bzw. den germane load (Hauptexperiment 3) geprüft. Zur Realisierung des experimentellen Designs ist es notwendig, solche instruktionalen Maßnahmen zur Optimierung des cognitive load zu verwenden, die sich in der Einzelprüfung als empirisch stabil erwiesen haben, und die bei der Gestaltung des Lehrsystems sinnvoll miteinander kombinierbar sind. Insgesamt werden zwei extraneous load und zwei germane load assoziierte Maßnahmen benötigt. Die Arbeiten im Projekt haben sich zunächst auf die Sicherung dieser Einzeleffekte konzentriert.
Im Bereich der mit extraneous load assoziierten Maßnahmen können der Modalitätseffekt (Seufert, Schütze & Brünken, 2009) und der Seductive Details Effekt (Klein, Park, Seufert & Brünken, 2009; Koch, Seufert & Brünken, 2008b) zuverlässig evoziert werden. Zur Evozierung von germane load liegen Kohärenzbildungshilfen und Aufgaben zur Anregung von mentaler Animation vor, welche sich als zuverlässig erwiesen haben. Mit dem Nachweis aller Einzeleffekte konnten schließlich im Schuljahr 2008/2009 alle drei Hauptexperimente zur Überprüfung kumulativer Effekte an verschiedenen Gymnasien im Saarland realisiert werden.
Die Ergebnisse zeigen einige interessante Interaktionseffekte zwischen den kombinierten Faktoren, welche per se jedoch die Additivitätshypothese der Cognitive Load Theory nicht bestätigen. Darüber hinaus ist insgesamt bei allen durchgeführten Studien zur Evozierung einzelner Effekte auffallend, dass sich die von Paas (Paas & van Merrienboer, 1994) eingeführte und international vielfach verwendete Skala, die sowohl als Globalskala, als auch zur differenzierten Erfassung verschiedener kognitiver Belastungstypen in dem vorliegenden Projekt eingesetzt wurde, als nicht sensitiv erwies. Erst in den Hauptexperimenten mit Stichprobengrößen über n = 50 zeigen sich teilweise Effekte in der subjektiven Beurteilung der kognitiven Belastung. Dies ist ein Hinweis dafür, dass dringend mehr in die objektive und direkte Erfassung der kognitiven Belastung zum Beispiel mittels der Dual-Task Methode investiert werden muss. Wir haben daher zudem eine neue Methode zur kontinuierlichen Erfassung der kognitiven Belastung beim Lernen mittels Zweitaufgabe entwickelt und validiert.