Europäische Kooperation als Krisenstrategie?

Europäische Kooperation als Krisenstrategie?

Debatten um die Bildung der Großregion Saar-Lor-Lux und ihr Einfluss auf die Gestaltung der Beschäftigungs- und Wirtschaftsbedingungen im Saarland (1967-1990)

Projektleitung und -durchführung:
Prof. Dr. Margrit Grabas, Dr. Veit Damm, Historisches Institut, Wirtschafts- und Sozialgeschichte (einschließlich Technik- und Umweltgeschichte)

Ziele:
1. soll eine historische Rekonstruierung und wirtschaftsgeschichtliche Kontextualisierung der Motive und Rahmenbedingungen erfolgen, die zur Herausbildung der ökonomischen Kooperation in der Großregion Saar-Lor-Lux geführt haben.
2. solle eine Bestandsaufnahme der wichtigsten Kooperationen bzw. der wichtigsten Pläne zur Zusammenarbeit in den grenzübergreifenden Bereichen Straßenbau, Transport und Kommunikation im Untersuchungszeitraum erfolgen
3. sollen die zentralen Debatten und Konflikte, die im Zusammenhang mit der Entstehung und Verfestigung der ökonomischen Zusamenarbeit im SaarLorLux-Raum auftraten und gegebenenfalls die Beschäftigungs- und Wirtschaftsbedingungen beeinflussten - erfasst und untersucht werden.
Europäische Zusammenarbeit und Vernetzung gelten heute als Schlüsselfaktoren für den wirtschaftlichen Erfolg von Grenzregionen. Die europäische Kooperation ist dabei als ein Standortvorteil im interregionalen Wettbewerb um die Ansiedlung von Produktionsstätten, Vertriebszentralen und Forschungsinstituten anerkannt. Die Bildung und Institutionalisierung der europäischen Großregion Saar-Lor-Lux in dem problemgeschüttelten und von einer vergleichsweise hohen Arbeitslosigkeit gekennzeichneten Saar-Raum seit 1967 wurde in diesem Kontext mit enormen ökonomischen Entwicklungschancen verbunden, von denen auch der Arbeitsmarkt profitieren konnte. Das Projekt hat das Ziel, die Umsetzung dieser Strategie zu erforschen und zu bewerten.

Forschungsergebnisse:
Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Überwindung der Kohlekrise, der Konjunkturkrisen der langen 1970er Jahre sowie der Stahlkrisen im Zeitraum 1969-1971 und 1975-1983 eine zentrale Rolle spielte. Verschiedene positive Effekte wurden verzeichnet, wie die Ermöglichung von Innovationen und Rationalisierungen in Unternehmen, die Ankurbelung des Wirtschaftswachstums durch Investitionen jenseits der Grenze oder der vermehrte Austausch von Arbeitskräften auf einem grenzübergreifenden Arbeitsmarkt und somit die Entlastung des lothringischen Arbeitsmarkts.
Zudem führte die als Reaktion auf die Krise forcierte wirtschaftliche Integration anfänglich zu einer stärkeren wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit. Jedoch geriet die wirtschaftspolitische Integration nach den Anfangserfolgen mit anhaltendem Krisenzustand ins Stocken. Dabei sind zwei Phasen zu unterscheiden: Während von Mitte der 1960er bis Mitte der 1970er Jahre zahlreiche gemeinsame Projekte initiiert und Maßnahmen ergriffen wurden, die den wirtschaftspolitischen Austausch vorantrieben, verlagerte sich der Schwerpunkt der politischen grenzübergreifenden Zusammenarbeit seit Ende der 1970er Jahre weg von wirtschaftlichen Fragen besonders auf den Bereich Kultur.
Eine große Rolle spielte dabei, dass der gemeinsame Nutzen einer industriellen Zusammenarbeit mehr und mehr verloren ging. Die Ursache dafür lag in der unterschiedlichen Wirtschaftsentwicklung im Saarland, in Lothringen und in Luxemburg. Von 1967 an konzentrierten sich die Projekte für eine grenzüberschreitende Kooperation auf den Ausbau industrieller Anlagen, die die Verluste industrieller Kapazitäten in der Montanbranche kompensieren sollten. Die wachsende Bedeutung des Dienstleistungssektors in Lothringen und Luxemburg berücksichtigten die Pläne zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zuwenig.