Reims, 7. Juni 1654: Musik und Musiker bei der Krönung des Sonnenkönigs
Prof. Dr. Hanna Walsdorf (Universität Basel, Musikwissenschaftliches Seminar)
Mit der diesjährigen Krönung von Charles III. ist das jahrhundertealte Zeremoniell der Königsweihe wieder ins Rampenlicht gerückt. Dabei ist augenfällig geworden, wie ähnlich die Traditionen der englischen Monarchie denen der französischen geblieben sind – auch und gerade in musikalischer Hinsicht. Denn bei einer Krönung sind nach wie vor die Modi des Zusammenspiels von liturgischer und zeremonieller Musik von besonderem Interesse: Die Musik für die Liturgie war stets unveränderlich und hielt sich an die im jeweiligen liturgischen Buch vorgegebene Form, während die Musik für den höfischen Teil der Zeremonie eine unspezifische, variable Ergänzung darstellte. Wichtiger als die Frage, welche oder wessen Musik gespielt wurde, ist daher die Frage, welche Musiker vor, während und nach der Zeremonie auf welchen Instrumenten spielten. Am Beispiel der Weihe Ludwigs XIV. im Jahr 1654 soll gezeigt werden, wann, wie und von wem bei der Zeremonie in der Kathedrale von Reims musiziert wurde. Durch die Verknüpfung mit dem Konzept der drei Körper des Königs («natürlich», «heilig» und «politisch») wird außerdem demonstriert werden, dass die Auswahl und der Einsatz von Musik und Musikern bei der Krönungszeremonie einem klaren, aber bisher übersehenen Prinzip folgte.
Hanna Walsdorf studierte Musik- und Tanzwissenschaft, Politische Wissenschaft sowie Historische Hilfswissenschaften und Archivkunde an den Universitäten Salzburg, Bonn und Bern. Promotion an der Universität Salzburg (2009), Habilitation an der Hochschule für Musik und Theater «Felix Mendelssohn Bartholdy» Leipzig (2022). Von 2009 bis 2013 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im SFB 619 «Ritualdynamik» an der Universität Heidelberg (Teilprojekt B7: «Ritual und Inszenierung der musikalischen Aufführungspraxis im Zeitalter des Barock»). Ihre Forschungsarbeiten wurden 2011 mit dem Tanzwissenschaftspreis NRW 2011 prämiert. Von 2014 bis 2020 leitete sie die Emmy Noether-Nachwuchsgruppe «Ritualdesign für die Ballettbühne: Konstruktionen von Volkskultur im europäischen Theatertanz (1650–1760)» und wirkte als Dozentin an den Instituten für Musik- und Theaterwissenschaft der Universität Leipzig. Nach verschiedenen Dozenturen in Deutschland, Österreich und der Schweiz ist sie seit dem FS 2022 Assistenzprofessorin für Musikwissenschaft (Ältere Musikgeschichte) an der Universität Basel. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Musik- und Tanzgeschichte des 16.–18. Jahrhunderts.