Mächtig viele Knoten und Kanten. Zur Netzwerkforschung in der Musikwissenschaft.

Daniel Reupke (Universität Bayreuth, Forschungsinstitut für Musiktheater)

Wenige Forschungsfeld sind gleichzeitig so naheliegend und doch so unterbelichtet wie die Netzwerkforschung in der Musikwissenschaft. Dabei spielen Netzwerke in allen Teilen der Musik eine gewichtige Rolle, die leicht über den metaphorischen Gebrauch des Netzwerkbegriffes hinausgehen kann. In den vergangenen Jahren registriert man allerdings – forciert durch ein allgemein steigendes Interesse am technischen Netzwerk – auch eine Zunahme musik- und theaterwissenschaftlicher Studien, die sich mit Knoten und Kanten, Akteuren und Relationen in sozialen Netzwerken befassten.

So wurde in der Musiksoziologie die Genese von kulturellen Äußerungen fokussiert (Reupke u.a. 2021). Die Musikgeschichte wandte sich Fragen von Lehrer-Schüler-Beziehungen (Bolz 2016), Abhängigkeitsverhältnissen (Custodis/Geiger 2017, Reupke 2020) und seit neuestem Distributionsnetzwerken (Brandenburg 2020; Zedler u.a. 2023) zu. Naheliegend war auch die Bearbeitung von Fragen des Aufführungsnetzwerks (Ernst/Wagner 2007, Goll/Reupke 2020), während das Potential der netzwerktechnischen Analyse von Musikmaterial bislang unterforscht ist. Allen Untersuchungsfelder ist die nur zurückhaltende Anwendung informationstechnologischer Tools zur Analyse und Visualisierung von Netzwerken gemein.

Der geplante Beitrag möchte einen Forschungsüberblick geben und gleichzeitig Richtungen aufzeigen, wie die Netzwerkforschung noch nachhaltiger in das Methodenrepertoire der Musikwissenschaft eingeordnet werden kann. Dazu soll auch der Schwerpunkt der Tagung zu „Musik und Informatik“ aufgegriffen und auf der Basis von Daten aus dem Projekt "Hitler.Macht.Oper" des Beiträgers Beispiele für den Softwareeinsatz im Bereich Netzwerkforschung gegeben werden. So sollen Fragen beantwortet werden wie: In welchen Bereichen der Musikwissenschaft spielen Netzwerke eine Rolle? Wie wird die Netzwerkforschung auf musikwissenschaftliche Fragestellung angewandt? Welche technischen Hilfsmittel werden genutzt? Welche Perspektiven ergeben sich daraus?

 

Daniel Reupke ist Lehrbeauftragter des Forschungsinstituts für Musiktheater "fimt" der Universität Bayreuth und Sprecher der Arbeitsgruppe „Netzwerke und Kultur“ der Deutschen Gesellschaft für Netzwerkforschung "DGNet". Er ist Autor zahlreicher Beiträge zum Themenbereich Netzwerkforschung und Musikwissenschaft, darunter in Stegbauer/Häußling, Handbuch Netzwerkforschung, Mungen u.a., Hitler.Macht.Oper und Reupke u.a., Netzwerke-Performanz-Kultur.