Europa-Vorträge

Europa in (und aus) Bewegung. Migration, Reisen und Grenzüberschreitungen in Europa-Konstruktionen des Mittelalters (Prof. Dr. Klaus Oschema)

Mittwoch, 10. Januar 2024, 18 Uhr c.t.
Campus, Geb. B3 2, Hörsaal 0.03

Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde das Mittelalters gerne als jene Phase beschrieben, in der die kulturellen Grundlagen für die spätere Entwicklung Europas gelegt wurden. Dabei hob man Phänomene wie die Christianisierung oder das Städtewesen hervor, vernachlässigte aber den Blick auf den Einsatz des Wortes „Europa“ durch die Zeitgenossen. Die Untersuchung von dessen durchaus eigenständiger Entwicklung kann aber überraschende Perspektiven eröffnen: Angesichts der aktuellen Debatten um Migrationsphänomene fällt etwa auf, dass die
Entstehung der in Europa verorteten Völker zumeist mit Migrationsgeschichten erklärt wurde. Dabei spielte ab dem Hochmittelalter die Grenze zwischen Europa und Asien eine prominente
Rolle. Der Vortrag will zeigen, wie die Entwicklung der mittelalterlichen Europa-Vorstellung grundlegend mit Bildern von Migration und Reisen verbunden ist.

 

Europavortrag: Verlust oder Herausforderung? Die Transformation Europas seit 1990 (Prof. Dr. Andreas Wirsching, Institut für Zeitgeschichte München - Berlin)

Mittwoch, 14. Juni 2023, 18 Uhr c.t.
Campus, Geb. B3 2, Hörsaal 0.03

Die Position Europas in der Welt ist heute eine völlig andere als 1990. Damals schien der liberale Universalismus des Westens eine "neue Weltordnung" zu begründen und die Spaltungen des Kalten Krieges endgültig zu überwinden. Heute dominieren in Europa und weltweit neue Spaltungen. Unverkennbar und beunruhigend sind die Trends zur Entdemokratisierung und Entliberalisierung. Der Vortrag wird erstens die universalistische Idee der "neuen Weltordnung" im Hinblick auf Europa kritisch diskutieren und zweitens die national-partikularistischen Herausforderungen dieser Ordnung erkunden. Ein dritter Gedankengang gilt der "Zeitenwende" und der Frage, inwieweit die gegenwärtige Krise die europäischen Staaten zu verstärkten Anstrengungen der Daseinsvorsorge herausfordert.

 

Europavortrag: La démocratie comme forme de vie, un lointain héritage protagoréen? (Prof. Dr. Jean-Marc Narbonne Université de Laval, Quebec, Kanada)

Mittwoch, 08. Februar 2023
18 Uhr c.t.
Campus, Geb. B3 2, HS 0.03

Die Demokratie als Lebensform - eine Hinterlassenschaft des Protagoras?
Im Anschluss an Wittgenstein spricht man heute von einer "Lebensform", um eine bestimmte Art von kulturellem Leben zu beschreiben, der man sich spontan anschließt, und insbesondere von einer "demokratischen Lebensform", wenn es um die Art und Weise geht, wie sich die Menschen in einem politischen System dieser Art verhalten. Zu fragen ist aber, wie Protagoras - der von vielen als der erste Denker der Demokratie angesehen wird - in Platons "Protagoras", in dem er selbst zu Wort kommt, das "Zusammenleben in einer Stadt" als besondere Lebensform konzipiert hat? Und wenn Protagoras im "Theaitet" Platons die beobachtbaren Unterschiede von einer Stadt zur anderen als jeweils spezifische Lebensformen interpretiert, folgt dann daraus, dass die Brücken schwer zu schlagen und die Vergleiche höchst komplex sind?

La démocratie comme forme de vie, un lointain héritage protagoréen ?
Dans le sillage de la pensée notamment de Wittgenstein, il est courant de parler de forme de vie (Lebensform) pour rendre compte d’un certain type de vie culturelle auquel spontanément on adhère, et plus spécifiquement d’une forme de vie démocratique, s’agissant de la manière dont les gens se comportent dans un régime politique de ce type. On se demandera si Protagoras – considéré par plusieurs comme le premier penseur de la démocratie – n’aborde pas lui-même, dans le "Protagoras" de Platon où la parole lui est laissée, le « vivre-ensemble » en cité comme une forme de vie particulière, et si, dans le "Théétète", il n’interprète pas les différences observables d’une cité à l’autre comme autant de formes de vie spécifiques entre lesquelles, il faut le dire, les passerelles sont difficiles à jeter et les comparaisons des plus complexes à établir.

Der Vortrag selbst findet auf französisch statt, die anschließende Diskussionsrunde ist mehrsprachig.

 

Europavortrag: Das okzidentale Europa als Lästerschule? Perspektiven einer Geschichte der Blasphemie (Prof. Dr. Gerd Schwerhoff, TU Dresden)

Mittwoch, 29. Juni 2022
18 Uhr c.t.
Campus, Geb. B3 2, HS 0.03
Aktuell: Der Vortrag findet präsent statt und wird zusätzlich online übertragen, Link zu MS-Teams

Kann die Geschichte der Gotteslästerung Antworten auf die Frage nach der Eigenheit Europas bereithalten? Blasphemie, verstanden als die Herabwürdigung Gottes und des Heiligen, gab es auch in vielen nichtchristlichen Gesellschaften jenseits von Europa. Aber aus dem Wahrheitsanspruch der monotheistischen Religion entsprangen doch gerade im Christentum heftige Schmähungen gegen das Heilige der „Anderen“, ebenso scharfe Strafandrohungen gegen die Lästerung des eigenen Glaubens. Allerdings wird der Vortrag auch zeigen, dass im Alltag des vormodernen Europa zugleich eine merkwürdige Toleranz gegen gotteslästerliche Äußerungen existierte. Mit der Aufklärung erhöhten sich dann – mit der wachsenden Meinungsfreiheit - die Spielräume blasphemischen Sprechens und Schreibens. Zugleich aber wurde in der damaligen Zeit der Grundstein gelegt für ein Verständnis von Gotteslästerung, das die Verletzung der religiösen Gefühle der „Anderen“ ins Zentrum rückt. Dieses Verständnis ist bis heute dominant und hat in jüngster Zeit zu heftigen globalen Konflikten geführt.

 

Europa-Vorträge

Rückblick in die Gegenwart – Reflexionen europäischer Geschichte im 19. Jahrhundert (Prof. Dr. Johannes Paulmann, Leibniz Institute of European History, Mainz)

Ort: Geb. B3 1, Hörsaal I
Zeit: 20.04.2022, 18 Uhr c.t.

Der Vortrag ist hybrid, d.h. mit der Möglichkeit der Präsenz- oder Onlineteilnahme. Online können Sie über diesen Link teilnehmen. Bitte achten Sie auf  mögliche, kurzfristige Änderungen.

Mehr als hundert Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieg scheint das 19. Jahrhundert endgültig in das kulturelle Gedächtnis übergegangen zu sein. Aber lebt es nicht doch in der Gegenwart fort? Wenn wir auf die Mobilisierung von natürlichen, ökonomischen und gesellschaftlichen Ressourcen, auf die gesellschaftlichen Ungleichheiten oder auf die Herrschaftsverhältnisse in der Welt schauen, scheinen wir uns tatsächlich noch im europäischen Zeitalter der Vergangenheit zu befinden. Der Vortrag reflektiert über die historischen Grundlagen unserer Gegenwart: Was ist geblieben vom Glauben an den Fortschritt, vom Anspruch Europas auf globale Vorherrschaft? Wie offen ist unsere Zukunft angesichts der Abhängigkeiten von Entwicklungen in der der Vergangenheit?

 

Kulturen der Wachsamkeit. Eine politische Geschichte der Aufmerksamkeit
(Prof. Dr. Arndt Brendecke, Ludwig-Maximilians Universität, München)

Ort: Gebäude B3 2, Hörsaal 003
Zeit: Mittwoch, 06. November 2019, 18 Uhr c.t.

Im Verlauf der Geschichte ist der Staat mächtig geworden so wie auch die Techniken z. B. der Überwachung effizienter wurden. Erstaunlicherweise wird aber auch in der modernen Terrorabwehr und Polizeiarbeit auf eine andere Quelle vertraut, nämlich auf die Aufmkerksamkeit einfacher Bürger. In diesem Vortrag wird die lange Geschichte der Einbeziehung privater Aufmerksamkeit in gesellschaftliche Aufgaben skizziert. Es wird danach gefragt, wie sich private Aufmerksamkeit überhaupt lenken lässt und veranschaulicht, welche zweischneidigen Effekte ihre Einbeziehung üblicherweise hat. Dabei wird auf Beispiele aus der Neuzeit eingegangen und auch diskutiert, wie man ein solch weitgreifendes Phänomen überhaupt erforschen kann.

 

Die Europäisierung der Bundesrepublik Deutschland 1950-1992 (Prof. Dr. Guido Thiemeyer, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf)

Ort: Gebäude B3 2, Hörsaal 003
Zeit: Mittwoch, 10. Juli 2019, 18 Uhr c.t.

Der Vortrag beschäftigt sich mit der Europäisierung des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. Seit den 1950er Jahren hat die Bundesregierung große Teile der nationalen Souveränität an die supranationale Europäische Gemeinschaft übertragen. Dies allerdings führte dazu, dass die Länder, deren Mitwirkung über den Bundesrat gesichert wird, in den betroffenen Politikfeldern keine Einflussmöglichkeit mehr hatten. Welche Instrumente nutzten die Landesregierungen, um den drohen Einflussverlust auszugleichen? Wie entstand das seit den 1980er Jahren von den Politikwissenschaften beschriebene "Europäische Mehrebenensystem"? Diesen Fragen wird der Vortrag nachgehen.

 

Asiatische Revolutionen im europäischen Diskurs. Europa und der Aufstieg und Fall asiatischer Imperien in der Frühen Neuzeit (PD Dr. Sven Trakulhun, Universität Konstanz)

Ort: Gebäude B3 2, Hörsaal 003
Zeit: Mittwoch, 28. November 2018, 18 Uhr c.t.

Die politische Landkarte Asiens befand sich im 17. und 18, Jahrhundert in unruhiger, krisenhafter Bewegung. Vom Bosporus über Iran, von Nordindien und Südostasien bis nach China durchschritten die asiatischen Monarchien Phasen der staatlichen Umgesaltung und des dynastischen Niedergangs. Europäische Beobachter haben diese Revolutionen sehr genau verfolgt und beschrieben. Im spiegel der Geschichte des "Orients" wollte Europa sich selbst besser erkennen, indem es die eigenen politischen Erfahrungen immer wieder neu mit denen der "Anderen" verglich. Der Vortrag diskutiert die universalhistorische Erfassung Asiens als einen geistigenAneignungsprozess, in dem europäische Revolutionsdiskurse und asiatische Geschichtsschreibung, geschichtsphilosophische Entwicklungsmodelle und Ideologien des Kolonialismus miteinander verwoben waren.

 

Geschichten des europäischen Nationalismus (und ihre Implikationen für die Gegenwart) (Prof. Dr. Andreas Fahrmeir, Goethe-Universität, Frankfurt am Main)

Ort: Gebäude B3 2, Hörsaal 003
Zeit: Mittwoch, 02. Mai 2018, 18 Uhr c.t.

Die Renaissance von Nationalismen prägt derzeit in vielen Teilen Europas politische Debatten, nicht zuletzt auch mit Blick auf Zukunftsszenarien für die Europäische Union. Das scheint vor dem Hintergrund historischer Thesen, die eine enge Verbindung zwischen Nationalismus und einer vor allem mit dem 19. und frühen 20. Jahrhundert assoziierten Moderne sahen, überraschend, und scheint eher Thesen zu bestätigen, die in Nationalismen dauerhaft wirksame Bestandteile der europäischen politischen Kulturen sehen. Ziel des Vortrags ist, den Stand der Debatte über die historische Entwicklung des Nationalismus zu reflektieren und zu diskutieren, welchen Beitrag eine historische Perspektive zu aktuellen Diskussionen leisten könnte.

 

Die Neuerfindung Europas nach den globalen Krisen der 1970er Jahre (Prof. Dr. Frank Bösch, Zentrum für zeithistorische Forschung, Potsdam)

Ort: Gebäude B3 2, Hörsaal 003
Zeit: Mittwoch, 24. Januar 2018, 18 Uhr c.t.

Die 1970er Jahre gelten als Krisenjahrzehnt. Das Wirtschaftswachstum stagnierte, die Ölpreise stiegen und die europäische Einigung und neue Ostpolitik verloren am Ende des Jahrzehnts an Schwung. Hinzu traten neue globale Herausforderungen, wie die iranische Revolution, der sowjetische Einmarsch in Afghanistan oder die Öffnung Chinas. Der Vortrag diskutiert die europäischen Reaktionen auf derartige globale Veränderungen. Vielfach sorgten sie für neue Ansätze, mit denen sich (West)Europa neu positionierte. So entstand eine neue Abgrenzung vom Islam, vertiefte wirtschaftliche Kooperationen oder auch eine veränderte  europäische Energieversorgung. Die Krisenreaktionen lassen sich entsprechend als Vorgeschichte unserer Gegenwart fassen, die eine neue europäische und globale Ordnung einleiteten.

Vita des Referenten
Prof. Dr. Frank Bösch ist Direktor des Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF) Potsdam und ord. Professor für europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts an der Universität Potsdam. Zuvor lehrte er als wiss. Mitarbeiter an der Universität Göttingen, als Juniorprofessor an der Universität Bochum und als ord. Professor an der Universität Gießen. Zu seinen Publikationen zählen Monographien zur Geschichte von Parteien und Vereinen („Die Adenauer-CDU“, 2001, "Das Konservative Milieu", 2002), zum Wandel von Normen („Öffentliche Geheimnisse“, 2009) und der gesellschaftlichen Bedeutung von Medien („Mass Media and Historical Change“, 2015). Im Herbst 2018 erscheint sein neues Buch über "1979. Globale Umbrüche in die deutsche Gegenwart", das die Verflechtungen zwischen grundlegenden globalen Wandlungsprozessen und der deutschen Zeitgeschichte seit den 1970er Jahren untersucht. 

 

 

Prof. Dr. Daniel König (Universität Heidelberg)
Der Islam und die Genese Europas. Zwischen Ideologie und Geschichtswissenschaft

Ort: Gebäude B3 2, Hörsaal 003
Zeit: Mittwoch, 03. Mai 2017, 18 Uhr c.t.

Welchen Einfluss der Islam auf Europa gehabt hat und in Zukunft haben wird, diskutiert man nicht erst seit der so genannten Flüchtlingskrise von 2015-2016, sondern schon seit dem Mittelalter. In einer Gesellschaftsatmosphäre, die auch von radikal-islamischen und rechtspopulistisch-islamophoben Stimmen geprägt wird, wirft der Vortrag die Frage auf, wie sich die Geschichtswissenschaft in dieser jahrhundertealten Debatte zu positionieren hat. In der genaueren Betrachtung von Expansionsprozessen, Wirtschaftskreisläufen, Übersetzungsleistungen und ‚Bildern des Anderen‘ verweist sie auf die Vielschichtigkeit historischer Phänomene und erörtert deren verschiedene Interpretationen. Indem sie vielen Perspektiven Raum gibt, sät sie aber auch Zweifel daran, ob es wirklich nur eine Möglichkeit gibt, den Einfluss des Islam auf Europa zu betrachten.

 

 

Prof. Dr. Jörn Leonhard
Gedächtnisse des Großen Krieges: Europäische Gesellschaften nach 1918

Ort: Gebäude B3 1, Hörsaal I
Zeit: Dienstag, 10. Januar 2017, 18 Uhr c.t.

Wie erinnerten Menschen den Großen Krieg? Wie gingen sie nach 1918 mit Trauma und Trauer um? Was verraten uns die Gedächtnisse des Großen Krieges über den Stellenwert des Krieges in den europäischen Gesellschaften? Und in welchem Verhältnis standen offizielles Gedenken und individuelle Erinnerung? Die Kluft zwischen den bald nach Kriegsende einsetzenden offiziellen Erinnerungskulturen europäischer Gesellschaften in den zahllosen Kriegsdenkmälern, Gedenktagen und den Darstellungen des Krieges in Schulbüchern auf der einen Seite und der Einmaligkeit jeder einzelnen Kriegserfahrung auf der anderen wurde ein wesentliches Kennzeichen der Zwischenkriegszeit. Offizielles Gedenken und individuelle Erinnerung mochten sich überschneiden, aber das eine ging im anderen niemals auf. Vor diesem Hintergrund fragt der Vortrag nach den Unterschieden zwischen nationalen Gedenkkulturen nach 1918 und den Rhythmen der europäischen Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg bis in unsere Gegenwart.

 

 

Prof. Dr. Bernd Roeck
Der Aufstieg des Westens. Die sieben Säulen der Moderne

Ort: Gebäude B3 1, Hörsaal I
Zeit: Dienstag, 14. Juni 2016, 18 Uhr c.t.

Der Vortrag versucht eine Annäherung an eine Frage, die einmal als die vielleicht bedeutendste in der Geschichte der Zivilisationen bezeichnet wurde: warum gewann der „Westen“ in der Neuzeit einen wissenschaftlichen, technologischen und wirtschaftlichen Vorsprung vor dem „Rest der Welt“, der bis vor kurzer Zeit uneinholbar schien? Welche Voraussetzungen hatte die lateineuropäische Moderne, die sich zum Beispiel in islamischen Kulturen oder in China nicht fanden?
Versucht wird ein Resümee verschiedener Erklärungsmodelle; es geht nicht um die Erzählung einer triumphalen Erfolgsstory, sondern um eine Analyse wesentlicher Faktoren, die in ihrer Gesamtheit nur in Europa fassbar sind.

 

 

In Zusammenarbeit mit dem Deutsch-Französischen Diskurs und dem Kolloquium zur Westeuropäischen Geschichte (Lehrstuhl für Neuere Geschichte und Landesgeschichte):

Prof. Dr. Jean-Claude Caron
Relectures de la Restauration: une Europe en mouvement

Ort: Gebäude B3 1, Raum 3.18
Zeit: Donnerstag, 28. Januar 2016, 16 Uhr c.t.

 

 

Prof. Dr. David Engels (Universität Brüssel)
Auf dem Weg zum Imperium. Die Krise der Europäischen Union und der Untergang der römischen Republik

Ort: Gebäude B3 1, HS I
Zeit: Mittwoch, 10. Juni 2015, 18 Uhr c.t.

 

Steht die Europäische Union vor einem ähnlich spektakulären Systemwechsel wie einst die späte römische Republik? Ja, sagt der belgische Historiker David Engels in seinem in Frankreich viel diskutierten Bestseller: Anhand von zwölf Indikatoren vergleicht er verschiedene Aspekte der Identitätskonstruktion der EU mit Krisensymptomen der ausgehenden römischen Republik – und zieht dabei beunruhigende Parallelen: Der Wandel von einer von Werteverlust, Dauerkrise, Reformstau und politischem Immobilismus gekennzeichneten Republik zu einem autoritären und konservativen Imperium zeichnet sich heute auch in der EU ab. Für den Historiker David Engels steht fest: Die europäische Demokratie steht unwiderruflich am Abgrund. Der Professor für römische Geschichte vergleicht die Lage der Europäischen Union mit der Situation der dem Untergang geweihten späten Römischen Republik, indem er Zitate antiker Philosophen und Schriftsteller den aktuellsten Statistiken zur Lage Europas gegenüberstellt. Und entdeckt dabei verblüffende Parallelen: Immigrationsproblematik und Bevölkerungsrückgang, Materialismus und Globalisierung, Werteverlust und Fundamentalismus, Technokratie und Politikverdrossenheit, der Verlust von Freiheit und Demokratie – all diese scheinbar so modernen Probleme brachten bereits vor 2000 Jahren die römische Republik ins Wanken und ermöglichten die Machtergreifung von Augustus.

 

 

Wichtiger Hinweis! Zeitänderung beim Europavortrag: Der Vortrag von Prof. Seidensticker (Der Islamismus und Europa) am 22.01. in HS I findet nicht um 16, sondern um 18 Uhr c.t. statt.

 

Prof. Dr. Tilman Seidensticker (Universität Jena)
Der Islamismus und Europa

Ort: Gebäude B3 1, HS I
Zeit: Donnerstag, 22. Januar 2015, 18 Uhr c.t.

 

Der Terminus „Islamismus“ wurde um 1980 in Europa geprägt, und das Interesse der westlichen Öffentlichkeit für den Gegenstand ist seit der Islamischen Revolution in Iran 1979 und der Ermordung des ägyptischen Präsidenten Sadat 1981 kontinuierlich gestiegen und hat im Gefolge von Erscheinungen wie „Hogesa“ und „Pegida“ und den Attentaten vom 7. Januar 2015 in Paris einen neuen Höhepunkt erreicht. Der Vortrag wird zunächst die Entwicklung des Islamismus seit der Gründung der Muslimbrüderschaft 1928 in Ägypten bis in unsere Zeit nachzeichnen. Auf diesem historischen Hintergrund sollen die Etablierung des Begriffs Islamismus und die mit ihm verbundenen Konnotationen und Erklärungen vorgestellt werden. Im Zentrum wird eine Frage stehen, die in der allerjüngsten Zeit mit besonderer Dringlichkeit gestellt worden ist, nämlich die nach dem Verhältnis zwischen Islam und Islamismus. Von unterschiedlichen Seiten und mit unterschiedlichen Motivationen wird bestritten, dass es sich dabei um verschiedene Dinge handelt, und somit habe der Begriff des Islamismus gar keinen Erkenntniswert. Für eine wissenschaftliche Beantwortung dieser Frage muss zwischen islamrechtlichen Normen und historischer Realität unterschieden werden, und in einem zweiten Schritt sind die Veränderungen auf beiden Ebenen, der„dogmatischen“ und der praktischen, zwischen dem ausgehenden 19. Jahrhundert und der Gegenwart zu berücksichtigen. Damit ist der Grund für eine sachliche Sicht auf die Verträglichkeit von Islam, Islamismus und Europa gelegt.

 

Prof. Dr. Martin Kintzinger (Wstfälische Wilhelms-Universität Münster)
Innen und außen in Europa: Diplomatiehistorische Perspektiven auf das späte Mittelalter

Ort: Gebäude B3 1, HS I
Zeit: Mittwoch, 25. Juni 2014, 18 Uhr c.t.

Europa war im Mittelalter keine politische Einheit. Es stand in der Fernperspektive für einen der drei bekannten Kontinente oder im Verständnis als christliches Abendland für eine Werteordnung. Vor allem aber war es in der Nahperspektive der Gestaltungsraum für soziale, wirtschaftliche und politische Vernetzung und Kommunikation. Der Adel war weiträumig miteinander verbunden, die Kirche verfügte über ein dichtes Netz an Standorten, Handelswege und Marktorte wiesen quer durch Europa und die politischen Herausforderungen der Zeit verlangten nach immer stärkerer internationaler Kooperation. Allerdings gab es noch keine politischen Nationen und keine institutionellen Staatsgebilde, entsprechend auch kein internationalen Instanzen und auch noch keine professionalisierte Diplomatie. Alles dies entstand erst in der Moderne. Aber die Kommunikation über Grenzen hinweg hat dennoch funktioniert, man war mobil und verständigte sich über gemeinsame Interessen mit anderen über große Entfernungen hinweg. Die Herrscher dachten von ihrem Land und ihrer Region aus, sie hatten vor allem ihr eigenes Reich und ihre Dynastie im Blick. Darin trafen sie sich mit den anderen Herrschern anderer Länder. Man arbeitete international zusammen und hatte internationale Konflikte auszufechten, um eigene Interessen zu wahren. Friedenspolitik war vor dem Hintergrund vielfacher Kriegserfahrung eine dringende Forderung geworden. Diplomatie war für alle diese Belange unerlässlich und sie entwickelte besondere Formen effektiver Gestaltung unter den Umständen ihrer Zeit. Rechtsgelehrte entwarfen erste Vorstellungen eines Natur- und Völkerrechts oder Konzepte internationaler Friedenskongresse. Sie formulierten eine theologisch begründete Herrschaftstheorie, die auf Vorrang eines Königs nach innen und Unabhängigkeit nach außen angelegt war. Auch wenn die Worte „Außenpolitik“, „Diplomatie“ und „Internationale Beziehungen“ noch unbekannt waren: Das damit Gemeinte war längst bekannt, wurde bewusst gestaltet und vieles, was dabei entwickelt und etabliert werden konnte,  kann durchaus bereits als „modern“ gelten. Heute aktuelle Probleme internationaler Diplomatie sind häufig sehr ähnlich gelagert wie es die Herausforderungen des europäischen 14. und 15. Jahrhunderts waren. Die eine oder andere Antwort, die damals gefunden wurde, könnte noch in unserer Gegenwart als Anregung wirken.

 

Prof. Dr. Lutz Raphael (Trier)
Freizeit-Politik: Kulturkämpfe und Politisierung der Massenkultur im Europa der Weltkriege

Ort: Gebäude B3 1, HS I
Zeit: Donnerstag, 19. Dezember, 16 Uhr c.t.

Charleston, Josephine Baker, Max Schmeling, die Autorennen am Nürburgring, schließlich „Kraft durch Freude“-Reisen: Die Zwischenkriegszeit bescherte den Europäern unbekannte Freizeit- und Unterhaltungs-Attraktionen. Diese neuen Freizeitmoden und –kulturen waren jedoch politisch hoch umstritten und lösten heftige Gegenreaktionen aus. Kontrolle und Organisation der „Massenkultur“ waren typische zeitgenössische Antworten auf die Dynamik kommerzieller Freizeitangebote. Der Vortrag beleuchtet diese Prozesse der Politisierung von Alltag und Freizeit und fragt nach übergreifenden europäischen Mustern im Umgang mit diesen neuen Alltagskulturen.

 

Prof. Dr. Beat Kümin (Warwick)
Cheers! Perspektiven einer Kulturgeschichte des Trinkens in Europa

Ort: Gebäude B 3 1, Hörsaal I
Zeit: Mittwoch, 10. Juli, 18 Uhr c. t

 

Prof. Dr. Nikolaus Jaspert (Ruhr-Universität Bochum)
Die Grenze Europas? Der Mitteleerraum im Mittelalter

Ort: Gebäude B 3 1, Hörsaal I
Zeit: Mittwoch, 05. Dezember, 18 Uhr c. t

Prof. Jasert ist einanerkannter und internationa vernetzter Experte auf dem Gebiet der Mittelmeerforschung und Leiter des Zentrums für Mittelmeerstudien in Bochum. Sein persönlcher Forschungsschwerpunkt ist die Iberische Halbinsel sowie interkulturelle Beziehungen im mittelalterlichen Mediterraneum.
Der Mittelmeerraum kann als trennendes oder als verbindendes Element verstanden werden. Die Mittelmeeranrainer stehen in ständigem Kontakt und es ist kein Zu­fall, dass das letzte antike Weltreich das Mittelmeer als Zentrum hatte. Die verbin­­dende und einheitsstiftende Wirkung, welche vom Imperium Romanum ausging, ist noch bis in un­sere Gegenwart zu spüren und begründet das gemeinsame kul­turelle Erbe Euro­pas.

 

Prof. Dr. Egon Flaig (Rostock)
Sklaverei und Abolition. Zu einer weltgeschichtlichen Bsonderheit Europas.

Ort: Gebäude B 3 1, Hörsaal I
Zeit: Mittwoch, 23. Mai 2012, 18 Uhr c. t

Prof. Flaig, Inhaber des Lehrstuhls für Alte Geschichte an der 
Universität Rostock und ausgewiesener Kenner der Ideengeschichte der 
Antike, wird in seinem Vortrag zeigen, welche gesellschaftliche und 
politische Leistung darin liegt, dass die in Antike und Neuzeit über 
Jahrhunderte praktizierte und als naturgegeben gerechtfertigte 
Sklaverei schließlich abgeschafft wurde. Zugleich machen die vielen 
Formen unfreien Lebens in unserer Gegenwart deutlich, dass die 
Sklaverei immer noch eine Gefahr darstellt, auf die moderne 
Gesellschaften reagieren müssen, wenn sie ihre freiheitlichen 
Verfassungen erhalten wollen.

 

Prof. Dr. Rudolf Schlögl (Universität Konstanz)
Alter Glaube und moderne Welt. Die Umgestaltung des europäischen Christentums am Beginn der Moderne 1750-1850

Zeit: Mittwoch, 25. Januar 2012, 18 Uhr c.t.
Ort: Campus, Geb. B3 1, Hörsaal I

Die Religion der Gesellschaft war von dem sozialen und politischen Umbruch, der sich zwischen 1750 und 1850 in Europa ereignete, in fundamentaler Weise betroffen. Die Einrichtungen des Christentums mussten an das Recht moderner, marktgesteuerter Eigentümerordnungen angepasst und die Kulturen seiner Frömmigkeit auf eine Gesellschaft eigensinniger Individuen umgestellt werden. Die Folge war nicht einfach Säkularisierung, schon weil Politik und Gesellschaft das Christentum einer umfassenden konservativ-fundamentalistischen Versuchung aussetzten, um mit seiner Hilfe Heilmittel gegen die Zumutungen der Moderne zu finden. Diese Konstellation verlangte nach einem neuen Begriff von Religion. Er wurde gefunden, indem man die Frage nach ihren Anfängen und ihrer Funktion in der Menschheitsgeschichte stellte. Das führte allerdings auch Theologen zu dem Schluss, dass das Christentum ein historisches, mithin vergängliches Phänomen sein könnte. Der Vortrag diskutiert diese Zusammenhänge mit Bezug auf das Konzept der Säkularisierung.

 

Prof. em. Dr. Georges-Henri Soutou (Université Paris-Sorbonne)
Europa als Wille und Vorstellung

Zeit: Mittwoch, 29.07.2011, 18 Uhr c.t. 
Ort: Campus, Geb. B3 1, Hörsaal I

 

Prof. Dr. Christian Meier (München)
Griechen und Europa - Die große Herausforderung der Freiheit im 5. Jahrhundert vor Christu

Zeit: Mittwoch, 20.01.2010, 18 Uhr c.t. 
Ort: Campus, Geb. B3 , Hörsaal I

 

Dr. Alexander Koller (DHI Rom)
Die Ursprünge der modernen Diplomatie - Italien und die internationalen Beziehungen in der Frühen Neuzeit

Zeit: Donnerstag, 25.06.2008, 18 Uhr s.t.
Ort: Campus, Geb. B3 1, Hörsaal I Campus, Geb. B3 1, Hörsaal I

 

Prof. Dr. Pierre Monnet (Deutsch-Französische Hochschule)
Das Projekt einer europäischen Föderation im späten Mittelalter

Zeit: Mittwoch, 19.11.2008, 16 Uhr c.t.
Ort: Campus, Geb. A3 3, Aula

 

Prof. Dr. Dean Bell
(Jewish History, Spertus Institute of Jewish Studies, Chicago) 
The Jews in Early Modern Germany: Traditional Themes and New Interpretations
Zeit: Dienstag, 27.05.2008, 18 Uhr c.t.
Ort: Campus, Geb. B3 1, Hörsaal I
The Jews in early modern Germany have frequently been portrayed as a small minority suffering persecution and political and religious marginalization. They have often been seen as isolated from their Christian neighbors and religiously stagnant. While recent scholarship has confirmed that the German Jewish settlements were often small and thinly dispersed throughout the early modern period, the Jewry that has emerged in the past two decades is remarkably more complex than traditionally presented. Early modern German Jewry was one of the largest bodies of Jews in Europe and its broad dispersion throughout urban and rural regions defies easy categorization. Early modern Jewish identity was rich and complex, and Jews produced important religious works and thought and experienced important cultural developments. What is more, the relations that early modern German Jews had with both non-Jews and non-German Jews were not one-way nor simply subordinate in nature. Join Dr. Dean Bell, Dean and Professor of Jewish History at the Spertus Institute of Jewish Studies in Chicago, who will discuss how traditional themes and new historical interpretations may help us to (re)fashion a history of Jews in early modern Germany.

 

Prof. Dr. Michael McCormick
(Harvard University)
Karl der Große und die Vulkane. Naturwissenschaften, Klimageschichte und Frühmittelalterforschung
Zeit: Mittwoch, 11.06.2008, 18 Uhr c.t.
Ort: Campus, Geb. B3 1, Hörsaal I

 

Prof. Dr. Olivier Faron
La culture des deux guerres (mit deutscher Zusammenfassung)   

Zeit: Mittwoch, 6.2.2008, 16.00-18.00 Uhr 
Ort: Geb. C7 4, Hörsaal 1.17 
In Kooperation des Lehrstuhls für Romanische Kulturwissenschaft und Interkulturelle Kommunikation mit dem Historischen Institut und dem Deutsch-Französischen Diskurs des Frankreichzentrums. Prof. Olivier Faron forscht und lehrt breit in der vergleichenden Stadt-, Kultur- und Religionsgeschichte Italiens, Frankreichs Deutschlands und Großbritanniens. In seinem Vortrag wird er eine vergleichende Kulturgeschichte der beiden Weltkriege mit einem Schwerpunkt in der Geschichte der Jugend entwerfen. 

 

Prof. Dr. Hélène Miard-Delacroix   
Deutschland und Frankreich in Europa. Erfahrungen beim Schreiben einer Deutsch-Französischen Geschichte (1963-2003) 

Zeit: Donnerstag, 7.2.2008, 16.00-18.00 Uhr 
Ort: Geb. B3 1, Hörsaal I 
In Kooperation des Historischen Instituts mit dem Lehrstuhl für Romanische Literaturwissenschaft und Interkulturelle Kommunikation und dem Deutsch-Französischen Diskurs des Frankreichzentrums. Frau Prof. Miard-Delacroix schreibt derzeit den letzten Band der Deutsch-Französischen Geschichte des Deutschen Historischen Instituts Paris und stellt diese Arbeit in ihren europäischen Zusammenhang. Sie ist Historikerin und Germanistin und verbindet die beiden methodischen Ansätze in ihren Publikationen. In den französisch-deutschen Wissenschaftsbeziehungen nimmt sie eine zentrale Position ein. 

 

Prof. Dr. Herwig Wolfram (Wien)  
Origo - oder wo und wie kommt die Herkunft her? 

Zeit: Mittwoch, 24.10.2007, 18.00-20.00 Uhr 
Ort: Geb. B3 1, Hörsaal I 

 

Prof. Dr. Dr. h.c. Hartmut Kaelble (Berlin)  
Die Geschichtsschreibung zu Europa im 20. Jahrhundert. Leistungen und Lücken 

Zeit: Dienstag, 26.06.2007, 16.00-18.00 Uhr 
Ort: Geb. B3 1, Hörsaal I 
 

Historisches Institut
der Universität des Saarlandes

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