Kunst

„Großes“ und „Kleines Hallo“

Steigt man die Treppenanlage zum 2015 fertiggestellten Center for Integrative Physiology and Molecular Medicine (CIPMM), einem Vorzeigegebäude der modernen Homburger Medizinforschung, hinauf, so zieht ein den Vorplatz dominierendes Kunstwerk die Blicke auf sich: das „Große Hallo“ des saarländischen Künstlers Thomas Wojciechowicz. Es besteht aus zwei hoch aufragenden, im Durchmesser sechs Meter umfassenden Kreisgebilden aus rund 1,4 Tonnen witterungsbeständigem Cortenstahl, die im oberen Bereich wie spielerisch ineinander gelehnt sind, am Boden aber offen und bündig aufstehen. Die einander zugewandte Verschränkung der beiden Kreisformen auf dem großzügig angelegten, gepflasterten und teils bepflanzten Eingangsbereich vor dem Gebäude scheint ein wie zufällig wirkendes Aufeinandertreffen und Zusammenfinden anzudeuten.

Durch ihre rostrote Farbe, ihre Größe und ihre bewegten Kreisformen kontrastiert die Plastik deutlich mit der strikt gradlinig gegliederten, in Grautönen gehaltenen Fassade des CIPMM. Der Gebäudekomplex tritt dadurch in seiner Eigenart um so klarer hervor und wird durch das Kontrastelement gleichzeitig optisch aufgelockert. Das Kunstwerk wirkt aber auch unmittelbar auf die Ankommenden, die sich durch die Symbolik von Offenheit und Zusammenhalt angezogen fühlen; nicht umsonst dienen die Ringe vielfach als Treffpunkt und Hintergrund für Fotos. Sie sind zu einer Art Erkennungszeichen des CIPMM geworden.1

 

Beim Eintreten in das lichte, die verschiedenen Forschungseinheiten des Gebäudes verbindende Foyer wird der Blick von einem zweiten, korrespondierenden Kunstwerk gefangen und in die Höhe gelenkt, dem „Kleinen Hallo“. Auch diese Plastik besteht aus zwei großen, einander zugeordneten Ringen, diesmal weiß und orange koloriert, die am offenen Treppenaufgang entlang in versetzter Winkelstellung unter der Decke schwebend aufgehängt sind und, wie die Ringe auf dem Vorplatz, von allen Seiten betrachtet werden können.2

Die beiden Werke des 1953 in der Pfalz geborenen, seit Jahrzehnten in Saarbrücken wirkenden Malers und Bildhauers Thomas Wojciechowicz waren aus einem Wettbewerb eingeladener Künstlerinnen und Künstler hervorgegangen. Sie knüpfen inhaltlich an das Konzept des Gebäudes an, das als innovatives Forschungs-, Lehr- und Konferenzgebäude für unterschiedliche, miteinander kooperierende Abteilungen so angelegt wurde, dass Räume und Ressourcen ebenso alleinig wie gemeinsam genutzt werden können; den einzelnen Instituten sollte es möglichst leicht gemacht werden, miteinander zu interagieren und sich funktional und organisatorisch zu vernetzen.3

Die beiden Kunstwerke stellen nicht nur dekorative Orientierungs- und Begegnungspunkte dar, sie verbinden auch Vorplatz und Innenraum „in einem integralen Gesamtklang“. Die Plastiken werden zudem als Denkbild für die im CIPMM untersuchten biologischen Strukturen und deren Zusammenwirken als kommunizierende Systeme gedeutet. Etwas allgemeiner können die Arbeiten als ästhetische Kommentare zur Bedeutung von Zusammenkunft und Diskurs für das Gelingen von Forschung und Lehre gelten. Dem Künstler selbst war vor allem am Element der Inspiration und des Forschergeists gelegen: „Die Kreise verstehe ich als konkretisierte Leuchtfeuer – als Akkumulatoren zum Begrüßen, Schweben, Festhalten, Begleiten und Öffnen.“4

Ute E. Flieger / Thilo Offergeld

 

Anmerkungen

  1. Eintrag "Thomas Wojciechowicz" im Künstlerlexikon; Wojciechowicz, Großes Hallo, S. 20f.
  2. Wojciechowicz, Großes Hallo, S. 21.
  3. Ferber/Enzweiler, CIPMM, S. 4f.
  4. Ferber/Enzweiler, CIPMM, S. 22 (Zitat); Richter, Institut, S. 100; Wojciechowicz, Großes Hallo, S. 21 (Zitat).