Orte

„BauKunst“ Mensa

Die Mensa der Universität des Saarlandes ist ein international bekanntes, preisgekröntes Baudenkmal in einzigartigem Zusammenspiel von Architektur und Kunst und stellt als solches wohl das prominenteste Gebäude des Saarbrücker Campus dar. Charakteristisch ist die Fassade in Sichtbeton, dem kennzeichnenden Baumaterial für Bildungsbauten des sogenannten Brutalismus (béton brut) der 1960er Jahre. Während die karge Materialästhetik des Betons und die oft sperrige, kubische Formensprache dieser Gebäude bis heute polarisieren, wird die Mensa in einschlägigen Architekturführern als „eines der wenigen Beispiele für produktive Zusammenarbeit zwischen Künstler und Architekt in der Nachkriegszeit“ hervorgehoben.1

In enger Kooperation zwischen dem Saarbrücker Architekten Walter Schrempf (1921–1998) und dem international bekannten Künstler Otto Herbert Hajek (1927–2005) entstand 1965 bis 1970 eine unverkennbare Architektur-Skulptur, das seinerzeit sogenannte Studentenhaus, das seit 1997 unter Denkmalschutz steht. Das Bauwerk gilt als „architektonischer Höhepunkt von überregionaler Bedeutung“ und wurde erst kürzlich auch als seltener architektonischer „Schatz Europas im Saarland“ im Weltkulturerbe Völklinger Hütte vorgestellt. Seit über 50 Jahren ist die Mensa zentraler Begegnungs- und Versorgungsort der Campusbevölkerung und Verwaltungssitz des Studierendenwerks, sie hat den Alltag von Generationen von Studierenden sinnlich und ästhetisch nachhaltig geprägt.2

Den Wettbewerb für die durch das Wachstum der SaarUni notwendig gewordene Großküche für 6.000 Essen täglich hatte Walter Schrempf 1963 noch ohne Künstler mit seinem strengen Entwurf eines dreigeschossigen Kubus gewonnen. Kernraum ist der 36 mal 60 Meter große, rundum verglaste Speisesaal mit zwei aufgesetzten Lichttürmen, die im 5,5 Meter hohen Raum ein natürliches Licht- und Schattenspiel freigeben. Neben Leuchtkörpern aus Beton, Holz oder Acrylglas entwarf der Architekt auch die 120 Stahltische mit je zehn freischwingenden Holzstühlen im Speisesaal und richtete sie im Spannungsfeld zwischen quadratisch gerasterter Kassettendecke und Bodenplatten aus Naturstein aus, frei nach Mies van der Rohes Credo der „Reduktion aufs Allereinfachste“.3

 

Die Strenge des Baus künstlerisch zu gliedern und auszugestalten wurde ab 1965 die Aufgabe Otto Herbert Hajeks: „Die Geometrie des Saales soll durch Lichtführung und plastisch variierte Decken-, Blenden- und Schürzen-Konstruktionselemente zur ‚Sitzlandschaft‘ aufgelöst werden“, argumentierte der Architekt gegenüber der zunächst widerstrebenden Baukommission.4

Hajek entwickelte ausgehend von der modularen Grundstruktur des Gebäudes im Speisesaal eine „umgekehrte“ Galerie aus großen, von der Kassettendecke herabhängenden, geometrischen Raumskulpturen sowie über Pfeiler und Decke gezogene „Farbwege“ in den kräftigen Grundfarben rot, gelb und blau. In der Horizontale laufen Wandreliefs mit Spiegelungen oberhalb der raumteilenden Essenstheke entlang, während plastisch gestaltete Trennwände den Raum gliedern und zugleich durch die Fensterfront nach außen dringen, um Innen mit Außen zu verklammern. Hajek greift die Architektur auf und überformt sie gleichzeitig, spielerisch und raumgestaltend. Gemeinsame Absicht von Architekt und Bildhauer war, die Studierenden durch die Synthese von Architektur und Kunst anzuregen, ihnen aber auch Erholung von der strengen Disziplin des Studiums zu bieten.

Doch Farbe und Beton der Mensa bröckeln, so dass das Baudenkmal aktuell dringend einer Gesamtsanierung bedarf, wie selbst überregionale Nachrichtensendungen berichteten. Die Universität bemüht sich daher im Jubiläumsjahr um die öffentliche Vermittlung des baukulturellen Erbes Mensa mit dem multimedialen und dreisprachigen Ausstellungsprojekt „Denk_mal anders – 50 Jahre BauKunst Mensa“.5

Mona Schrempf

 

Anmerkungen

  1. Nerdinger/Tafel, Architekturführer, S. 368 (Zitat).
  2. Müller, Architektur, S. 10 (Zitat); Hartz, Schrempf, S. 314–317; Schrempf, LebensRaum.
  3. Bugs, Schrempf, S. 45.
  4. Schrempf, Niederschrift.
  5. SZ, 14.12.2022; https://www.mensa50.bauarchiv.org/ [10.11.2023.].