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Der Neubau der Philosophischen Fakultät

Nach dem Bücherturm der Universitätsbibliothek war das gegenüberliegende, für die damalige Philosophische Fakultät errichtete Gebäude (heute B3 1) der zweite repräsentative Neubau im Erweiterungskonzept für die junge Saar-Universität. Der Bau ist ein Werk des französischen Architekten André Remondet (1908 –1998), der gemeinsam mit Richard Döcker den Ausbau des Universitätscampus gestaltete.  Wie Döcker war auch Remondet international renommiert; er hatte bereits 1936 den Prix de Rome erhalten, residierte daher vor dem Krieg in der Villa Medici, war Absolvent der Pariser Ecole nationale supérieure des Beaux-Arts sowie der George Washington University.1

Mit den beiden Gebäuden, 1954 fertiggestellt, waren die Schmalseiten des neu entstehenden „Forum“-Platzes besetzt, und beide Bauten zeigten sich dezidiert in den klaren, aufs Wesentliche reduzierten Formen der architektonischen Moderne. Die dementsprechend strenge, gleichförmige Raster-Struktur von Remondets Gebäude wird dabei freilich bespielt und gewissermaßen relativiert durch geometrische Strukturen grau-blauer sowie zartgelber Keramikriegel, welche die Fenster in variierender Reihung umgeben. Dazwischen sind die Linien des Stahlbetonskeletts gut sichtbar; dieses wurde also nicht, wie es etwa noch am Flachbau des Bibliotheksgebäudes der Fall war, durchgehend verkleidet. Dominierend ist allerdings die optische Gestaltung der Fassade durch die farbigen Kacheln – die Zeit des kompromisslosen Sichtbetons, wie beim Fakultätsneubau der 60er Jahre (C5 2), war noch nicht gekommen.

 

Die Stirnseiten der Fassade sind durch ein Quadratrelief aus Waschbeton gegliedert, womit die ganz ähnliche Waschbeton-Gestaltung des Bibliotheksturms aufgenommen und so ein gestalterisches Wechselspiel zwischen beiden Gebäuden erzeugt wird. Gleichzeitig stellen die Sockelbereiche aus roten Sandsteinblöcken aber auch einen bemerkenswerten Bezug zu den ebenso aufgesockelten Kasernengebäuden des Campus her – neben der entschiedenen Moderne ein Zitat des Traditionellen.

Hervorzuheben sind die in das Gebäude integrierten Gestaltungselemente des saarländischen Künstlers Wolfram Huschens (1921–1989), besonders etwa die dreiteilige, rund dreißig Meter lange Wandgestaltung aus farbig glasierten Tonziegeln, welche die Trennwand des sowohl innen wie außen verlaufenden Wandelgangs an der Platzseite des Gebäudes auffällig sichtbar macht.

 

Reduzierte, geometrische Formensprache sowie die Verbindung von Gleichförmigkeit (der Ziegel) und Variation (der Farbgestaltung) sind, wie bei der Hauptfassade, auch hier die künstlerischen Mittel, mit denen eine beachtliche Wirkung im Widerspiel von Hell und Dunkel, Innen und Außen erzielt wird.2

Das Gebäude wurde in den Jahren 2002 – 2005 umgebaut und saniert, erfreulicherweise in denkmalgerechter Form. Seitdem befindet sich im Gebäudeteil B32 über alle Etagen verteilt die Bereichsbibliothek für die historisch orientierten Fächer, deren Institutsräume weiterhin im Hauptgebäude Remondets (B3 1) untergebracht sind. Über seinem Eingang ist, wie 1954, im Originalschriftzug die französische Bezeichnung der Institution zu lesen, für die es gebaut wurde: „Faculté des Lettres“.

Bernd Hagenau / Thilo Offergeld

 

Anmerkungen

  1. Zum Kapitel Thomas, Kaserne, bes. S. 220 – 225; Müller, Architektur, S. 39.
  2. Wehlen, Wandgestaltung.