Stimmen

Zeitzeugnis Ludwig Limburg (1923–2000)

Schwierige Studienbedingungen

Nach einer Bescheinigung war ich im Studienjahr 1947/48 ordentlicher Studierender in der bergbaulichen Fakultät der Universität des Saarlandes‘ und hörte ‚in den beiden Semestern des vorgenannten Studienjahres die Vorlesungen der M.P.C [Mathematik, Physik, Chemie].‘

Die technische Ausstattung der Universität Homburg bestand damals nur auf dem Papier. Abgesehen von geplättelten Räumen und Toiletten war in den Regalen der Bibliotheksräume kein einziges Buch, in den naturwissenschaftlichen Labors kein einziges Reagenzglas zu finden. Der Unterricht – ich war kurzzeitig auch als Moniteur in der Physik tätig – beinhaltete demnach keine Praxis, sondern reine Theorie. Eine Ausnahme bildete die Medizinische Fakultät, die auf die Einrichtungen des Landeskrankenhauses zurückgreifen konnte und an der teilweise ordentliche, d. h. habilitierte Professoren lehrten.

 
Die Rolle der Studierenden

Ohnehin wurde Homburg in seinen Anfängen besonders durch den Geist der Studenten geprägt, und in der Erinnerung betrachte ich den Studentenstreik im Mai 1948 als eigentliche Gründungsphase der Universität des Saarlandes. Die Studentenschaft hatte nämlich nach alter, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa geltender studentischer Tradition das Heft in die Hand genommen, um das ‚Siebenmonatskind Universität‘ aus der Taufe zu heben.

Nach meiner Einschätzung zeigt der historische Rückblick das französische Bestreben, wie in Elsaß-Lothringen über die französische Sprache französische Kultur in das Saarland zu importieren. Dazu hatte das Hohe Kommissariat in der Person des damaligen Kultusministers Emil Straus einen willfährigen Handlanger gefunden, der bereits in der Volksschule den Französisch-Unterricht einführte.

 
Der Studentenstreik – Entscheidende Gespräche

Eine Entscheidung war gefordert: Entweder: Wir bekamen eine richtige Universität, oder wir setzten unser Studium an deutschen Universitäten fort. … Alle Studierenden – rund 300 hatten sich eingefunden – billigten unsere Resolution. Demnach wollte die gesamte Studentenschaft nichts anderes, als an der Universität – in der Einheit von Forschung und Lehre – zu studieren. Am Nachmittag des gleichen Tages fuhr ein schwarzer Mercedes in Homburg vor, mit dem Auftrag, uns sofort nach Saarbrücken zum Hohen Kommissariat zu bringen. Mit sehr gemischten Gefühlen bestiegen wir den Wagen, um in Saarbrücken einen sehr aufgebrachten Gilbert Grandval anzutreffen. Da ich nicht sonderlich gut französisch sprach, bat ich um einen Dolmetscher, um so auch die für die Übersetzung erforderliche Zeit zu weiteren Überlegungen zu nutzen.

Zu Beginn der lange andauernden Diskussion versuchte der Hohe Kommissar wieder, mir zu unterstellen, im Auftrag dieser oder jener politischen Gruppierung zu handeln. Im Mittelpunkt der Unterredung, die ich heute in der Rückschau als Gründungstag der Universität des Saarlandes bezeichnen möchte, standen die Dialoge zwischen Grandval und mir als Vizepräsident des AES. Allmählich konnte ich Grandval von der Sachlichkeit unseres Anliegens und den Belangen der Studentenschaft überzeugen. Aus späteren Reaktionen des Hohen Kommissars geht eindeutig hervor, daß er von der Sachlichkeit unserer Argumente wirklich überzeugt schien.

Bei unserer Rückkehr aus Saarbrücken war bereits der Homburger Bürochef der Sûreté [der französischen Geheimpolizei] Simonon in meiner Studentenbude erschienen, um ebenfalls die vermeintlichen politischen Hintergründe des Streiks zu erfahren.

 

Anmerkungen

Die Textauszüge basieren auf einem 1992 geführten Zeitzeugengespräch.

Literatur: Limburg, Präsident.