AF_GF_JL_at_2015
Fay, A.; Frey, G.; Lunze, J.: Abschied von Prof. Dr.-Ing. habil. Lothar Litz. at - Automatisierungs- technik, Vol. 63, No. 11, ISSN (Online) 2196-677X, ISSN (Print) 0178-2312, pp. 937-938, Nov. 2015.
Abschied von Prof. Dr.-Ing. habil. Lothar Litz
Am21.August2015verstarbplötzlichundvölligunerwartet Prof. Dr.-Ing.habil.LotharLitz,derlangjährige InhaberdesLehrstuhlsfürAutomatisierungstechnikderTechnischenUniversitätKaiserslautern,kurzvorseinem66.Geburtstag.DieFachgemeinschaftderAutomatisierungstechnikverliertmitihmeinenausgezeichnetenundvielseitigenWissenschaftler,einenherausragendenakademischenLehrerundeinenwunderbarenMenschen.
ProfessorLitz, geboren1949imSaarland,studierteanderUniversitätKarlsruheElektrotechnikundwardortvon1979bis1983amInstitutfürRegelungs-undSteuerungssystemebeiProf.Dr.Dr.E.h.O.Föllingertätig.SeineinnovativenundwegweisendenArbeitenindieserZeit,dieihnzurPromotionundHabilitationführten,wurdenvonseinemakademischenLehrerin[1]zusammengefasst.ErinnertwerdensollandieserStelleanseineArbeitenzurde-zentralen Regelung,zudererim Jahre1983aucheine MonographieimOldenbourg-VerlagveröffentlichteundüberdieinnerdeutscheGrenzehinwegeinenfachlichenAus-tauscheröffnete.
NachseinemWechselzurHoechst AGim Jahr 1983fandProf.LitzdortmitdengeradeimEntstehenbefindlichenProzessleitsystemen, den„DistributedControlSystems“,ein ideales Betätigungsfeldfür gleichermaßenwissenschaftlichneuealsauchpraktischinhohemMaßerelevanteFragenzurSpezifikation, Planung und RealisierungvonProzessleitsystemen,dieRegelungs-undSteuerungsaufgabeninsichvereinen.ZudieserThematikleiteteervon1988bis1992denArbeitskreis„Prozeßleitsysteme“derNAMUR.Den SteuerungssystemengaltdabeiseinbesonderesAugenmerk.SowohlzurTheoriealsauchzurDidaktikderereignisdiskretenSystemehatProf.LitzindenfolgendenJahrenmaßgeblicheBeiträgegeleistet.Anseiner„AlmaMater“hielterimJahr1990eineVorlesungzur„DigitalenSteuerungstechnik“,diemehrereheutigeProfessorenzudiesemFachgebiethinführte.
Nach erfolgreichen Jahren in verschiedenen Werken und Positionen bei der Hoechst AG wurde er 1992 zum Professor an die TU Kaiserslautern berufen - ein Glücksfall für die wissenschaftliche Gemeinschaft insgesamt und für diese Universität. Prof. Litz forcierte an seinem Lehrstuhl nicht nur die Forschung zu ereignisdiskreten Systemen, sondern war auch auf weiteren Forschungsgebieten sehr aktiv, z. B. in der Gebäudeautomatisierung, der Ambient Intelligence (Umgebungsintelligenz), der Fehlerdiagnose und der funktionalen Sicherheit mit Hilfe der Prozessleittechnik. Sein breites fachliches Wirken, welches methodisches Vorgehen mit praktischer Anwendbarkeit verband, wurde in [2] ausführlich dargestellt.
Im Bestreben nach einer möglichst einheitlichen und gleichberechtigten Darstellung der Grundlagen von kontinuierlichen und diskreten Systemen engagierte er sich Ende der neunziger Jahre im DFG-Schwerpunktprogramm "Analyse und Synthese kontinuierlich-diskreter technischer Systeme (KONDISK)" und verfasste 2004 das Buch "Grundlagen der Automatisierungstechnik", welches bei seinem Erscheinen vor 10 Jahren wegweisend für eine ganzheitliche Betrachtung der beiden Säulen der Automatisierungstechnik, der Regelungstechnik und der Steuerungstechnik, war [3]. Ihm ist es wesentlich mit zu verdanken, dass die Automatisierung diskreter Systeme heute wissenschaftlich ebenbürtig neben der Autmatisierung kontinuierlicher Systeme steht.
Dabei warProf.LitzimmerauchWegbereiterund-begleiterfürandere,seiesals Fachkollegiat derDFG,alsMit-InitiatorderDFG-Schwerpunktprogramme„KONDISK“und„RegelungstheoriedigitalvernetzterdynamischerSysteme“,als MitgliedimBeirat derGMAundLeiterdesFachbereiches„EngineeringundBetrieb“,alsBeiratsmitgliedundHerausgebervonSchwerpunkt-heftenderZeitschrift„at“undvorallemalsakademischerLehrerundDoktorvater.Über30DoktorandenhaterinderPromotionsphasegefordertundgefördertundaufverantwortungsvolleAufgabeninForschungundPraxisvorbereitet. FünfheutigeProfessorenverdankenihmihreAusbildung.ImfachlichenDiskursanalysierteerscharfundformuliertebisweilenauchso–wiegut,wennmanihmdabeigegenüberstandunddasZwinkerninseinenAugensehenkonnte,daszeigte,wieeresmeinte.
Professor Litz liebte den Südwesten Deutschlands, die Landschaft, die Menschen und den Wein. Unvergessen, wie er auf dem Abschlusskolloquium des DFG-Schwerpunktprogramms "Regelungstheorie digital vernetzter dynamischer Systeme" im Klostergut Besselich hoch über dem Rhein bei Koblenz seine eigenen Methoden zur Verbesserung professionell vergorenen Weins zum Besten gab.
In den letzten acht Jahren seiner Berufstätigkeit engagierte sich Prof. Litz als Vizepräsident für Studium, Lehre und Internationales der TU Kaiserslautern in besonderem Maße für die Lehre, geleitet von der Idee, "Studierende als Partner" anzusehen. Herausragend war sein Einsatz für die Systemakkreditierung und im Exzellenzwettbewerb Lehre, bei dem er seine Universität zum Erfolg führte.
Nach seinem Eintritt in den Ruhestand hielt er noch einmal die Lehrveranstaltung "Grundlagen und Anwendungen der Wahrscheinlichkeitstheorie" und überarbeitete sein früheres gleichnamiges Lehrbuch. Er hat das Buch unter dem Titel "Wahrscheinlichkeitstheorie für Ingenieure" bei bookboon.com herausgegeben, damit es für Studenten frei erhältlich ist. Es ist nun seine letzte Veröffentlichung geworden.
Seine Kollegen und Schüler werden sein unermüdliches Wirken in Ehren halten, die Ergebnisse bewahren, weiter entwickeln und sich stets mit Dankbarkeit und Hochachtung an die gemeinsame Zeit erinnern.
Alexander Fay, Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg
Georg Frey, Universität des Saarlandes, Saarbrücken
Jan Lunze, Ruhr-Universität Bochum, Bochum
Literatur
- O. Föllinger: Lothar Litz Lehrstuhlinhaber an der Universität Kaiserslautern. at - Automatisierungstechnik 40 (1992) 7, S. 243-244.
- J. Lunze: Zum 60. Geburtstag von Lothar Litz. at - Automatisierungstechnik 57 (2009) 9, S. 486-487.
- A. Fay: Besprechung des Lehrbuchs "Grundlagen der Automatisierungstechnik - Regelungssysteme - Steuerungssysteme - Hybride Systeme", at - Automatisierungstechnik 53 (2005), S. 288-289.