Doktorandinnen und Doktoranden

Brian-Timmy Erbe, M. A.

zur Person:

Geboren 1991

2002-2010: Besuch des Max-Planck-Gymnasiums Saarlouis
01.03.–31.07. 2011: Praktikum bei der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Untere Saar mbH
2012-2016: Bachelorstudium der Geschichtswissenschaften an der Universität des Saarlandes; Thema der Bachelorarbeit: „Die Kreuzzugskonzeption in den Aufrufen Innozenz III. von 1198 und 1213“
07.09.–02.10.2015: Praktikum in der Regionalredaktion Mitte der Saarbrücker Zeitung mit anschließender Arbeit als freier journalistischer Mitarbeiter.
2016-2018: Masterstudium der Geschichtswissenschaften in europäischer Perspektive an der Universität des Saarlandes mit einer Schwerpunktsetzung in den Epochen des Mittelalters und der Frühen Neuzeit.
2017: Einreichung der Masterarbeit „Die Ausgestaltung es Zollgeleits und die Beilegung von Geleitrechtskonflikten durch die Grafen von Nassau-Saarbrücken im 15. Jahrhundert“
2018-2021: Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl des Mittelalters der Universität des Saarlandes. In diesem Rahmen Planung und Durchführung mehrerer Lehrveranstaltungen zur Epoche des Spätmittelalters.
Seit 2021: Projektmanager im Bereich „Media Monitoring“ bei der Unicepta

Wissenschaftliche Veröffentlichungen:
Die Vormundschaft während der Minderjährigkeit des Grafen Johann-Ludwig von Nassau-Saarbrücken. Vorbilder und Mündelschutz, in: Frankenreich – Testamente – Landesgeschichte. Festschrift für Brigitte Kasten zum 65. Geburtstag (Veröffentlichungen der Kommission für Saarländische Landesgeschichte 53), hg. v. Christian Vogel, Christina Abel u. Tobias Wagner, Saarbrücken 2020, S. 553-584.

Glossen in der Saarbrücker Zeitung:
26.10.2015: Die Mitte Europas?
04.11.2015: Vom Saarstatut zu Sexismus.
17.11.2015: Menschen am Limit.
10.12.2015: „Smombies“ sind mitten unter uns.
27.12.2015: Lauter die Kassen nie klingeln.
01.02.2016: Eine närrische Entscheidung?
17.03.2016: Bei Hempels in der Fußgängerzone.
17.05.2016: Wer hat Angst vor dem komischen Kauz?
22.05.2016: Der vergessene Pendler – Alltag.
19.06.2016: König Fußball – ein Tyrann.
18.07.2016: Gefahrenzone Pokemon?
14.09.2016: Schluss mit der Lethargie.
20.11.2016: Echte Polizeipräsenz wirkt wahre Wunder.
13.12.2016: Wenn im Bus der Nachbar schnieft.
25.01.2017: Entsetzen „made in America“?

Lehrveranstaltungen:
SoSe 2019: „Paläographie. Aufbereitung mittelalterlicher Quellen“ (SS 2019)
WS 2019/20: „Handel, Verkehr und Geleit im Westreich des 15. Jahrhunderts“
SoSe 2020: „Von der konstantinischen Schenkung zur Goldenen Bulle – Grundlagen mittelalterlicher Diplomatik anhand prägnanter Beispiele“
WiSe 2020/21: „Zwischen Niedergang und Erneuerung. Repetitorium zu wesentlichen Entwicklungen im Heiligen Römischen Reich des Spätmittelalters“
SoSe 2021: „Einführung in die Genealogie“

Vorträge:
28.06.2019 u. 04.07.2019: „Das Geleit im Südwesten. Motive, Arten und Konsequenzen der Kooperation von Geleitherren im Westrich“ im Landesgeschichtlichen Kolloquium der Universität Marburg und in einer gemeinsamen Sitzung des mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Kolloquiums der Universität des Saarlandes
06.07.2021: „Breaching Borders. Late Medieval Responses Regarding Threats to Territorial Sovereignty” auf dem International Medieval Congress der University of Leeds
11.01.2021: Die Zoll- und Geleitbeziehungen der Grafen von Nassau-Saarbrücken zu den Herzögen von Pfalz-Zweibrücken im Landesgeschichtlichen Kolloquium der Universität Heidelberg

Dissertationsprojekt:
„Das Geleit im Südwesten – Die Geleit- und Zollbeziehungen der Grafen von Nassau-Saarbrücken während des Spätmittelalters und der beginnenden Frühen Neuzeit“

Das Geleit ist ein in der historischen Forschung noch wenig beleuchtetes Themenfeld. Forschungsbeiträge erschöpfen sich häufig in der geografischen Verortung von Geleitstraßen und der Zuordnung der dazugehörigen Rechte zu den jeweiligen Landesherren. Die Frage nach dem Unterschied zwischen Zoll und finanziell nutzbarem Geleit wird vor allem in der rechtshistorischen Forschung zumeist pauschal durch die Annahme einer Gleichheit oder Ähnlichkeit beider Begriffe im Spätmittelalter beantwortet.

Die Geleitbeziehungen zwischen Landesherren, also sämtliche Interaktionen, die das Geleitmund damit verbundene Rechte zum Gegenstand haben, werden kaum betrachtet. Dies gilt insbesondere für die linksrheinischen Gebiete des römisch-deutschen Reiches, die bisher in keiner Monographie untersucht worden sind. An dieser Forschungslücke setzt das Dissertationsprojekt an und möchte durch die Untersuchung der Geleitbeziehungen der Grafen von Nassau-Saarbrücken vor allem Erkenntnisse zu den Interaktionen zwischen Geleitherren im sogenannten Westrich liefern. Komplementär soll eine Untersuchung der Zollbeziehungen die Frage nach der Unterscheidung bzw. Unterscheidbarkeit zwischen Zoll und Geleit im Spätmittelalter für den Untersuchungsraum beantworten.

Durch ihre Lage an den zwei Geleitstraßen Metz – Oppenheim und Straßburg – Brabant ist die Grafschaft Nassau-Saarbrücken als ein Verkehrsknotenpunkt der Region anzusehen und eignet sich daher hervorragend, um einen möglichst genauen Einblick in die Zoll- und Geleitbeziehungen der Landesherren im Westrich zu erlangen. Dies zeigen auch verschiedene Geleitsabkommen Westricher Landesherren, die im 14. und 15. Jahrhunderts geschlossen wurden und in denen die Grafen von Nassau-Saarbrücken stets eine prominente Rolle gespielt haben.

Die Bedeutung der nassau-saarbrückischen Zoll- und Geleitbeziehungen reichte jedoch auch über die Region des Westrichs hinaus und sowohl in die Kurpfalz, als auch in das Elsass hinein. Die regelmäßige Präsenz der Herzöge von Lothringen, der Herren von Lichtenberg, der Grafen von Zweibrücken-Bitsch und der Pfalzgrafen bei Rhein in den Geleitverträgen der Landesherren im Westrich lassen daran keinen Zweifel.

Ziel des Dissertationsprojektes ist die Analyse der Zoll- und Geleitbeziehungen der Grafen von Nassau-Saarbrücken von 1350 bis zum Ausbruch des Dreißigjährigen Kriegs. Leitfragen bilden dabei die Frage nach der Veränderung der Zoll- und Geleitbeziehungen zu Beginn der Frühen Neuzeit, nach der Rolle von Zoll und Geleit bei der Ausbildung frühneuzeitlicher Staatlichkeit und nach der Perzeption von Zoll und Geleit durch verschiedene Landesherren des Untersuchungsraums.

 

Flora Hirt, M. A.

f.hirt(at)web.de

Zur Person

  • Geboren 1979
  • 1998-2005 Magisterstudium der Neueren Geschichte, der Alten Geschichte und der Neueren Deutschen Literaturwissenschaft an der Universität des Saarlandes
  • 2002-2006 Mitarbeit am DFG-Projekt „Ländliche und städtische Sozialgemeinschaften in Alemannien/Elsaß im Spiegel ihrer prekarischen Grundbesitzgeschäfte bis 1300. St. Gallen, Weißenburg, Basel, Straßburg“ des Lehrstuhls für Geschichte des Mittelalters
  • Juli 2006-März 2007 Förderung durch den Forschungsausschuss der Universität des Saarlandes
  • Januar 2008 - Mai 2011 Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Bearbeiterin des DFG-Teilprojektes „Prosopographische und topographische Vorarbeiten und Studien zur Erstellung eines digitalen Häuser- und Parzellenbuchs von Basel im 13. Jahrhundert anhand von Privaturkunden“

Dissertationsprojekt

„Sozialtopographische Studien zur Stadt Basel im 13. Jahrhundert“

Als bedeutende Bischofsstadt und Verkehrsknotenpunkt am Oberrhein war Basel im 13. Jh. von einem wirtschaftlichen Aufschwung und reger Bautätigkeit geprägt. Anhand von Privaturkunden und Handschrift im Historischen Grundbuch der Stadt Basel werden sozialtopographische Studien durchgeführt, die gleichzeitig Aufschlüsse über die genauere Zusammensetzung mittelalterlicher Städte ermöglichen sollen. Dabei wird zunächst eine kartographische Sozialtopographie der Stadt Basel im 13. Jh. erstellt, die zugleich als Vorarbeit für ein Häuserbuch dienen kann.
Im Fokus der darauf aufbauenden bevölkerungsgeschichtlichen Analyse stehen sowohl sozial- als auch wirtschaftsgeschichtliche Aspekte: Insbesondere die Urkunden erlauben Einblicke in die herrschaftlichen Hintergründe von Leiheverhältnissen an Grundstücken. Das Zusammenspiel verschiedener Personen mit einzelnen Grundstücken ermöglicht weiterhin die Klärung wichtiger Fragen der Baseler Stadtgeschichte, wie etwa die Rolle verschiedener Berufsgruppen. So zeichnet sich bislang ab, dass den Handwerkern gegenüber den Kaufleuten ein wesentlich stärkerer Einfluss zukam als bisher angenommen.
Das Dissertationsprojekt steht somit im Forschungskontext der modernen Städteforschung, die sich bislang aber vorwiegend auf Norddeutschland und die Zeit ab dem 15. Jh. konzentriert.

Publikationen

Aufsätze

1. „Maul nit, mach mit!“ – Saarbrücker Karneval von der Zwischenkriegszeit bis ins „Dritte Reich“, in: Saarbrücker Hefte 96 (2006), S. 104-111.

2. Zur Realisierung sozialtopographischer Studien für die Stadt Basel im 13. Jahrhundert. Ein Werkstattbericht, in: Jörg Oberste (Hg.), Kommunikation in mittelalterlichen Städten, Regensburg 2007, S. 21-27.

3. The place of craftsmen in the society: Social structures in 13th century Basel (im Druck).

4. Weiterentwicklungen prekarischer Grundbesitzgeschäfte vor dem Hintergrund spätmittelalterlicher Urbanität (in Vorbereitung).

Vorträge

1. "Sozialtopographische Studien zur Stadt Basel im 13. Jahrhundert"

Universität Regensburg (Forum Mittelalter), 11/2006, Tagung: "Kommunikation im städtischen Raum", veranstaltet von Prof. Dr. Jörg Oberste

2. "Häuser und Personen in der Stadt – Probleme und Möglichkeiten ihrer Identifizierung im Basel des 13. Jahrhunderts"

Universität Konstanz, 12/2007, Tagung: "Haus und Identität", veranstaltet von Prof. Dr. Gabriela Signori, Dr. Christof Rolker, Kathrin Barbara Stutz, M.A.

3. "The place of craftsmen in the society: Social structures in 13th century Basel"

Leeds, 07/2011, Tagung: International Medieval Congress, veranstaltet vom Institute for Medieval Studies

Tobias Wagner, M. A.

tobias.wagner(at)uni-saarland.de

Dissertationsprojekt

Konfliktregulierung im 15. Jahrhundert. Fehden, Vergleiche und Schiedsgerichte der Grafen von Nassau-Saarbrücken

Im 15. Jahrhundert war das Heilige Römische Reich stark zersplittert. Kaum ein Dorf hatte nicht gleich mehrere Herren. Dies brachte natürlich so manchen Konflikt mit sich. In einer Zeit, in der der König persönlich immer seltener in den Kerngebieten des Reiches verfügbar und das Gerichtswesen schwer zu überschauen und oft überlastet war, führte dies – insbesondere zwischen Adligen – zu privaten Regulierungsversuchen. Ein gängiges Mittel um rechtliche Forderungen geltend zu machen war, gerade im Spätmittelalter, die Ansage einer Fehde.

Es war aber nicht die Fehde selbst, die neue Rechtsverhältnisse schaffen und damit auch einen Konflikt lösen konnte, sondern die Verhandlungen danach. Bei der Sichtung einschlägiger Urkunden in dem Landesarchiv Saarbrücken und dem Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden zeichnete sich ab, dass es in der untersuchten Region dabei wohl einen fast standardisierten Ablauf gab: Wollte eine Partei die gegenseitigen Schädigungen beendet sehen, wurde – meist über einen Vermittler – ein Tag zwischen den Parteien vereinbart, auf welchem ein Waffenstillstand verabredet wurde. Dort legte man fest, wie man die streitigen Fragen ausräumen sollte – meist zunächst über einen Vergleichsversuch und danach in einem Schiedsgerichtsverfahren.

Mit diesen Verfahren, dem historischen Rahmen und den Fehdehandlungen soll sich das Vorhaben beschäftigen. Der Untersuchungsraum ist dabei vorrangig die Grafschaft Nassau-Saarbrücken in den Jahren 1381-1545; der Schwerpunkt liegt auf den Konflikten der Landesherren mit Fürsten und anderen Landesherren, Niederadligen und Untersassen. Im Fokus stehen dabei nicht nur die Abläufe, sondern auch das Personal. Wer traf sich zu den gütlichen Verhandlungen? Welche Personen traten als Schiedsrichter in Aktion und welche Rolle spielten die Vermittler? Durch die historische Verflechtung mit benachbarten Fürstentümern wie der Kurpfalz, dem Erzbistum Trier und dem Herzogtum Lothringen reicht der Untersuchungsraum über die Großregion Saar-Lor-Lux hinaus.

Patrick Woll, M. A.

Kontaktdaten:
Geb. B 3 1, Raum 2.22
Tel. 0681 302-2312
patrick.woll(at)uni-saarland.de

Zur Person:

•    Geboren 1995

•    2005 – 2013: Besuch des Ludwigsgymnasiums Saarbrücken (Abschluss: Allgemeine Hochschulreife/Abitur)

•    2014 – 2017: Bachelorstudium der Geschichtswissenschaften an der Universität des Saarlandes mit den Themenschwerpunkten mittelalterliche Geschichte, Geschichte der Frühen Neuzeit, europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts und deutsche Landesgeschichte (mit besonderem Fokus auf der Geschichte des Südwestens)

•    Thema der Bachelorarbeit: „Die Gründung der Deutschordenskommende Saarbrücken im 13. Jahrhundert“

•    2017 – 2020: Masterstudium der Geschichtswissenschaften in europäischer Perspektive an der Universität des Saarlandes mit Vertiefung der Themenschwerpunkte mittelalterliche Geschichte, Geschichte der Frühen Neuzeit, europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts und deutsche Landesgeschichte (mit besonderem Fokus auf der Geschichte des Südwestens)

•    Thema der Masterarbeit: „Die Burg Kirkel als Verwaltungsstützpunkt des Herzogtums Pfalz-Zweibrücken“

•    2016 – 2020: Wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Geschichte des Mittelalters

•    2020 – 2021: Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Geschichte des Mittelalters

•    Wintersemester 2020/21: Betreuung der Übung „Paläographie des Spätmittelalters“

•    April 2021: Beginn des Dissertationsvorhabens

•    April 2021 – März 2022: Stipendiat der Universität des Saarlandes zwecks Entwicklung des Dissertationsprojektes und Drittmitteleinwerbung

•    Oktober 2022 – März 2023: Wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Geschichte des Mittelalters

•    01. – 31. Juli 2023: Stipendiat der Monumenta Germaniae Historica zur Förderung der Dissertation. Hiermit wurde eine intensive Nutzung der Münchener Forschungsinfrastruktur ermöglicht, wodurch u. a. umfangreiche Recherchen im Bayerischen Hauptstaatsarchiv durchgeführt werden konnten.

Dissertationsprojekt:
„Die Finanzverwaltung und Wirtschaftsführung des Herzogtums Pfalz-Zweibrücken im transregionalen Kontext (1410-1506) – Ein Beitrag zur fürstlichen Herrschaftspraxis in den Regionen Saar-Lor-Lux, Baden-Württemberg und Elsass"

Wo liegen die Ursprünge des modernen europäischen Staatswesens?
Hier wird häufig das 19. Jahrhundert mit der Entstehung der Nationalstaaten genannt. Allerdings reichen die Wurzeln von Staat und Staatlichkeit deutlich weiter zurück, nämlich bis in die Phase des Spätmittelalters und in das Heilige Römische Reich. Dabei wirkt das Reich mit seinen unzähligen verstreuten Klein- und Kleinstterritorien bei oberflächlicher Betrachtung zunächst geradezu als Antithese des modernen Staates bzw. moderner Staatlichkeit. Doch gerade die geringere Ausdehnung dieser Territorien sorgte in Kombination mit ihren oft zersplitterten Besitzungen dafür, dass etliche Landesherren hier innovative Herrschaftspraktiken erprobten und anwandten, um eine effektive Herrschaft zu entwickeln und zu gewährleisten. Ohne diese neuen Herrschaftspraktiken wären aber die neuzeitlichen Territorial- und somit letztlich auch die heutigen Nationalstaaten undenkbar.

Allerdings ist diese Frühphase der Staatlichkeit – trotz ihrer immensen Bedeutung – noch immer unzureichend untersucht. Dies gilt auch für das für die Thematik besonders interessante Herzogtum Pfalz-Zweibrücken. Aus diesem Territorium haben sich außerordentlich dichte Quellenbestände zu zentralen Aspekten von spätmittelalterlicher Herrschaft und Herrschaftspraxis erhalten. Hierzu zählen v. a. umfangreiche Rechnungs- und Amtskorrespondenzbestände. Diese ergänzen das Urkundencorpus und erlauben es, zur Herrschaftspraxis der pfalz-zweibrückischen Herzöge umfangreiche neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Geographisch erstreckt sich der Untersuchungsraum aufgrund der weit verstreuten Besitzungen des Herzogtums über die Großregion Saar-Lor-Lux bis hinein in das heutige Bundesland Baden-Württemberg und das Elsass. Mit dem heutigen Baden-Württemberg war Pfalz-Zweibrücken auch deshalb besonders verbunden, weil man gemeinsam mit den Markgrafen von Baden über die Grafschaft Sponheim herrschte.
Der Untersuchungszeitraum der Arbeit erstreckt sich von der Gründung des Herzogtums im Jahre 1410 bis zum Jahr 1506, da ab 1507 die Rechenkammer als neue und bedeutsame Zentralbehörde nachweisbar ist. Deren Existenz war für die Verwaltung so einschneidend, dass das Jahr 1507 als administrative Zäsur gelten kann.

Das Forschungsprojekt verfolgt drei Primärziele.
Hierbei handelt es sich zum Ersten um die Analyse der landesherrlichen Herrschaftspraxis im Herzogtum Pfalz-Zweibrücken. Diese Analyse soll anhand der Untersuchung zweier zentraler Aspekte – der Verwaltung und der Wirtschaftsführung – durchgeführt werden.
Zweitens soll bei diesen Betrachtungen in besonderem Maße eruiert werden, welche Rolle Frauen in der Verwaltung und der Wirtschaft Pfalz-Zweibrückens besaßen. Die ungewöhnlich dicht überlieferten pfalz-zweibrückischen Rechnungen ermöglichen hierzu einzigartige Erkenntnisse.
Drittens sollen die zur Herrschaftspraxis erarbeiteten Ergebnisse in den überregionalen Kontext eingebettet werden, um einen Beitrag zur weiteren Herrschaftsforschung zu leisten.

Bei der Analyse der Verwaltung sollen drei Aspekte näher betrachtet werden.
Erstens das Verwaltungspersonal, zweitens die Verwaltungsstrukturen und drittens das Verwaltungshandeln.

Das gesamte in den zu untersuchenden Quellen genannte Verwaltungspersonal soll untersucht werden, um u. a. Erkenntnisse zu folgenden Fragen zu erlangen: Welche Aufstiegschancen gab es in der pfalz-zweibrückischen Verwaltung? Wie wirkte sich das sukzessive an Bedeutung gewinnende Ämterwesen auf traditionelle Formen von Herrschaft aus?
Bei den Verwaltungsstrukturen soll u. a. eruiert werden, inwiefern die Zentralverwaltung den regionalen Ämtern Handlungsspielräume bei der Ausgestaltung der lokalen Herrschaft gewährte oder hier auf einer größeren Homogenität bestand.
Beim Verwaltungshandeln soll primär untersucht werden, ob regelmäßige Überschüsse aus den einzelnen Ämtern entweder vollständig oder teilweise an den zentralen Hof abgeführt werden mussten und welche Konsequenzen dies für die Ämter hatte.

Die landesherrliche Wirtschaftspraxis wird v. a. anhand der außergewöhnlich umfangreich erhaltenen Rechnungsbestände Pfalz-Zweibrückens untersucht werden. Mithilfe einer statistisch-diachronen Methodik sollen die verschiedenen landesherrlichen Einnahmen und Ausgaben in ihrer Bedeutung eruiert und deren Entwicklung über den Untersuchungszeitraum hinweg verfolgt werden. Hierdurch ist es möglich, das landesherrliche Verwaltungshandeln vor dem konkreten ökonomischen Hintergrund zu betrachten und somit besser zu verstehen. Auch soll untersucht werden, wie groß der Einfluss der im Spätmittelalter vordringenden Marktwirtschaft auf die Herrschaftspraxis von Territorialherren war.

Frauen spielen in den Pfalz-Zweibrücker Rechnungen eine prominente Rolle und die bisherige Quellenarbeit zeigt bereits auf, dass es im Herzogtum einzelne Frauen gab, die bedeutsame administrative Aufgaben für den Landesherrn ausführten und hierbei ein hohes Maß an Eigenständigkeit gegenüber ihren Ehemännern besaßen. Aber auch einfache Frauen waren für das Funktionieren der landesherrlichen Strukturen (etwa Burgen) unerlässlich. Daher ist es ein Ziel der Arbeit, diesen Aspekten weiter nachzugehen, um den Kenntnisstand zur Rolle von Frauen für die Entwicklung der Territorien in dieser Übergangsphase vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit zu erweitern.

Die durch das Projekt gewonnen Erkenntnisse sollen in den überregionalen Kontext eingeordnet werden, indem sie in einem dezidierten Kapitel mit den herrschaftshistorischen Ergebnissen verglichen werden, welche die Forschung zu ausgewählten anderen Territorien der angrenzenden Regionen erarbeitet hat. Aufgrund der Grenzlage des Herzogtums Pfalz-Zweibrücken und des Vergleichs mit diesen anderen grenznahen Territorien soll somit auch ein Beitrag zur Forschung bezüglich mittelalterlicher Grenzgesellschaften (Medieval Frontier Societies) geleistet werden.

 

 

 

Header-Bild: Universitätsbibliothek Heidelberg, Cod. Pal. germ. 848, Große Heidelberger Liederhandschrift (Codex Manesse), https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg848/0018