Bio- und Medizinethik
Ethik ist keine naturwissenschaftliche Disziplin, sie gehört zur (praktischen) Philosophie. Im Unterschied zur (jeweils vorherrschenden) ‚Moral‘ fragt die Ethik nach übergeordneten Kriterien, um moralisches Handeln beurteilen zu können. Der Verweis auf das, was schon immer so war oder eben üblich ist, genügt ihr nicht. Dabei geht es auch darum, universale Prinzipien für ein angemessenes Handeln (und die dahinterliegende Haltung) zu reflektieren - also unabhängig von einem bestimmten kulturellen, politischen oder rechtlichen Rahmen (an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit).
Eine bloß deskriptive Ethik befasst sich mit dem Vorfindlichen, beschreibt das Gegebene - ohne es zu bewerten. Die normative Ethik geht von der grundsätzlichen moralischen Bewertbarkeit des Handelns aus. Sie beschreibt nicht nur, was ist, sondern benennt Kriterien, inwiefern etwas als ‚gut‘ oder ‚böse‘ bezeichnet werden kann. Da jedoch aus nicht-normativen (empirischen) Sätzen bzw. naturwissenschaftlichen Erkenntnissen keine normativen Folgen abgeleitet werden können, müssen wertende Vorstellungen bereits vorausgesetzt werden, wodurch sich etwa die Frage nach dem Menschenbild in der Medizin oder des prinzipiellen Umgangs mit Tieren und der Natur stellt. Woher kommt die Vorstellung, das Leben sei zu schützen - bis hin zur Auffassung, der Mensch habe eine ‚Menschenwürde‘?
Wird die Position vertreten, im biologischen und medizinischen Kontext nicht bei der Beschreibung von Gegebenheiten und auch nicht bei reinen Kausalzusammenhängen stehenzubleiben und wird zudem vorausgesetzt, dass der Mensch zumindest teilweise frei ist und deswegen Verantwortung hat, so ist es die Aufgabe der Bio- und Medizinethik, die sich daraus ergebenden Fragen kritisch zu diskutieren - etwa zur Disposition des Lebens an seinem Anfang bzw. seinem Ende oder zur Gerechtigkeit im Gesundheitswesen - und Antworten zu geben.