19.04.2024

Informatiker der Saar-Universität entwickeln maßgeschneiderte Lernsoftware

Porträtfoto
© privatTomohiro Nagashima, Juniorprofessor für Digitale Bildung (Technology Enhanced Learning)

Digitalisierung an Schulen ist ein viel diskutiertes Thema. Der Tenor: Schülerinnen und Schüler mit Tablets und Laptops auszustatten reicht allein nicht, es braucht sinnvolle Anwendungen für die technischen Geräte. Daran arbeitet die Forschungsgruppe „Technology-Enhanced Learning“ von Informatik-Juniorprofessor Tomohiro Nagashima an der Universität des Saarlandes.

In enger Zusammenarbeit mit Lehrern und Schülern entwickelt die Gruppe maßgeschneiderte Anwendungen, die das Lernen effektiver machen und gleichzeitig neue Erkenntnisse für die Wissenschaft vom menschlichen Lernen liefern sollen.

Im Februar wurde die frei zugängliche Lernplattform „AlgeSPACE – Algebra Scaffolding with Pedagogical Agents and Concrete Examples“ veröffentlicht. Dabei handelt es sich um das Abschluss-Projekt der 27-jährigen Informatik-Masterstudentin Katharina Bonaventura, das von Juniorprofessor Tomohiro Nagashima betreut wurde. Der kostenlose Online-Dienst, der sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache verfügbar ist, hilft Schülerinnen und Schülern Mathematikstoff aus dem 8. Schuljahr zu verstehen. Es geht dabei um die grundlegenden Prinzipien der Methoden, die man benötigt, um lineare Gleichungssysteme mit zwei Unbekannten zu lösen, nämlich Gleichsetzung, Einsetzung und Addition. Besonders an dem Projekt ist, dass es sich um eine praxisorientierte Arbeit handelt, die in enger Zusammenarbeit mit einem saarländischen Lehrer entstanden ist.

"Das Ziel meiner Forschungsgruppe ist es, Wege zu finden, wie menschliches Lernen am besten durch den Einsatz fortschrittlicher Technologien unterstützt werden kann. Dazu arbeiten wir eng mit Lehrern und Schülern in Schulen zusammen, um ihre Bedürfnisse zu ermitteln und maßgeschneiderte innovative Lernmethoden und -strategien für sie zu entwickeln. Gleichzeitig wollen wir durch den Einsatz dieser Technologien neue Erkenntnisse darüber gewinnen, wie Menschen lernen", sagt Tomohiro Nagashima. So geschehen auch beim Projekt „AlgeSPACE“. Dafür nahm der Saarbrücker Informatiker Kontakt zu mehreren Schulen auf und fand eine Lehrkraft, die den Stoff in den klassischen Lehrbüchern als zu theoretisch vermittelt empfand.

Masterstudentin Katharina Bonaventura besuchte daraufhin den Unterricht an der Schule, analysierte den Ansatz des Lehrers und sprach auch mit den Schülern über ihre Lernbedürfnisse: „Der Lehrer unterrichtete die mathematischen Konzepte gerne anhand von Beispielen aus der realen Welt, wann immer dies möglich war. Wir haben diesen Ansatz übernommen und unsere Algebra-Übungen in Geschichten eingebettet, die die Schüler nachvollziehen konnten", sagt Katharina Bonaventura. In Kürze sollen Studien mit Schulklassen durchgeführt werden, um die Wirksamkeit des Programms auf das Lernen der Schüler zu bewerten.

Juniorprofessor Tomohiro Nagashima: "Im AlgeSPACE-Projekt wenden wir eine neue Bottom-up-Design-Forschungsmethode an, die wir "Parallel Design" nennen. Parallel Design ermöglicht es Forschern und Praktikern, zwei leicht unterschiedliche Ziele parallel zu verfolgen, ohne das eine für das andere zu opfern." Im Rahmen des AlgeSPACE-Projekts haben die Forscher und der Lehrer gemeinsam eine Software entwickelt, die im Unterrichtsalltag praktisch eingesetzt werden kann und gleichzeitig als Plattform für die Erprobung wissenschaftlicher Fragen zum menschlichen Lernen dient. Für die Zukunft plant der Professor, den Parallel Design-Ansatz in weiteren Projekten weiterzuentwickeln und zu verallgemeinern, so dass er in verschiedenen Gestaltungssituationen eingesetzt werden kann.

Die Gruppe hat mehrere andere laufende Projekte mit Fachleuten aus der Praxis. Ein kulturübergreifendes Projekt wird zum Beispiel von der Japan Science and Technology Agency (JST) mit rund 300.000 Euro gefördert. In diesem Projekt erforscht Tomohiro Nagashima, wie Lernsysteme auf Basis von künstlicher Intelligenz effektiv, ethisch und nachhaltig eingesetzt werden können. "Wir arbeiten eng mit Lehrern und Schülern in Deutschland und Japan zusammen, um ihre Ansichten und Vorlieben für den Einsatz von KI im Schulunterricht besser zu verstehen. Auf der Grundlage dieses Verständnisses wollen wir KI-basierte Systeme entwickeln, die die Autonomie von Schülern und Lehrern beim Lernen und Lehren mit KI-Werkzeugen berücksichtigen", sagt der Juniorprofessor. Das Projekt läuft bis März 2027 und die Gruppe sucht nach Lehrern, Schülern und Schulen in Deutschland, mit denen sie zusammenarbeiten kann.

Weitere Informationen:

https://algespace.sic.saarland/
https://tomonag.org/

Fragen beantwortet (auf Englisch):

Jun.-Prof. Dr. Tomohiro Nagashima
Tel. +49 681 302-64103
E-Mail: nagashima(at)cs.uni-saarland.de

Hintergrund Saarland Informatics Campus:
900 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (darunter 400 Promovierende) und rund 2500 Studierende aus mehr als 80 Nationen machen den Saarland Informatics Campus (SIC) zu einem der führenden Standorte für Informatik in Deutschland und Europa. Vier weltweit angesehene Forschungsinstitute, nämlich das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), das Max-Planck-Institut für Informatik, das Max-Planck-Institut für Softwaresysteme, das Zentrum für Bioinformatik, sowie die Universität des Saarlandes mit drei vernetzten Fachbereichen und 24 Studiengänge decken das gesamte Themenspektrum der Informatik ab. 

Redaktion:
Philipp Zapf-Schramm
Saarland Informatics Campus
Telefon: +49 681 302-70741
E-Mail: pzapf(at)cs.uni-saarland.de